Mit Fachwissen und Fingerspitzengefühl

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Die Auswahl und Besetzung des Ermittlungsteams ist von größter Wichtigkeit, denn die internen Ermittler brauchen ebenso viel Fachwissen wie Fingerspitzengefühl. Nicht nur die Gesetze
müssen beachtet werden, es gilt auch, interne Interessenkonflikte zu lösen.

Entweder kann das Unternehmen die Sachverhaltsaufklärung in die Hände der eigenen Compliance-Abteilung geben oder es kann externe Berater hinzuziehen. Letztere haben den Vorteil, dass sie das Verfahren mit größerer Unabhängigkeit betreiben können als die Mitarbeiter. Entscheidend ist es, so die Erfahrung von Rechtsanwalt Dr. José Campos Nave, Partner und Leiter der Corporate Compliance von Rödl & Partner, das Investigationsteam passend zum jeweiligen Thema zusammenzustellen. Geht es um Datendiebstahl, müssen IT-Fachleute dabei sein, um die Big Data zu durchforsten, geht es um die Manipulation von Zinssätzen, Finanzspezialisten. Darüber hinaus sind Betriebswirte, Steuerfachleute und Juristen nötig. „Eine einzelne Person vereinigt niemals alle Eigenschaften in sich, die für die Aufklärung von strafrechtlichen Vorwürfen nötig sind”, sagt José Campos Nave.
 

Die Grenze für die Ermittlungen sind die Gesetze und Persönlichkeitsrechte der Betroffenen

Den Juristen im Ermittlungsteam kommt eine besondere Rolle zu. Denn genau wie in einem rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren müssen auch bei einer unternehmensinternen Ermittlung die Rechte der Beschuldigten gewahrt werden. Das bedeutet: Ermittlungsmaßnahmen wie Durchsuchung der E-Mail-Konten, Videoüberwachung und Abhören des Telefons sind nur in engen Grenzen zulässig.
 

Strafbarkeit des Unternehmens verhindern

Die wichtigste Aufgabe der Anwälte ist es, dafür zu sorgen, dass bei den Ermittlungen der rechtlich zulässige Korridor nicht verlassen wird, der im Eifer der Ermittlungen leicht überschritten wird. „Unsere Priorität bei internen Ermittlungen ist es, Rechtsverstöße oder gar Straftaten des Unternehmens bei den internen Ermittlungen zu verhindern”, sagt Campos-Nave.
 
Hinzu kommt: Im Strafprozess darf das Unternehmen den Nachweis der jeweiligen Straftat nicht auf rechtswidrig erlangte Beweise stützen. Das Ermittlungsteam muss also mit größter Sorgfalt vorgehen.
  • Das fängt schon bei der Durchsuchung von E-Mail-Konten an. Gerade bei Korruptionsdelikten verbirgt sich die entscheidende Spur zur Bestechung häufig in E-Mail-Konten oder Excel-Tabellen. Ist jedoch die private Nutzung des dienstlichen E-Mail-Kontos erlaubt, sind auch die geschäftlichen Mails für die Ermittler tabu. Durchschnüffelt das Unternehmen unerlaubt private Emails, begeht es eine strafbare Datenausspähung.
  • Auch eine verdeckte Videoüberwachung ist in der Regel unzulässig und stellt einen unter Umständen strafbaren Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen dar. Zulässig ist dagegen eine offene Videoüberwachung, vorausgesetzt, die Mitarbeiter werden darüber informiert und der Eingriff ist erforderlich, geeignet und angemessen, um ein strafbares Verhalten aufzudecken.
 

Rechtswidrig erlangte Beweise dürfen nicht verwertet werden

Eine weitere Folge rechtswidriger Ermittlungen sind, neben der Strafbarkeit des Unternehmens, Beweisverwertungsverbote. In den USA dürfen Erkenntnisse, die auf Rechtsverstößen basieren, nicht verwertet werden. Der unzulässig erlangte Beweis gilt als vergiftete Frucht („fruit of the poisonous tree”), die alle hieraus erlangten Erkenntnisse unverwertbar macht. So streng sind die Rechtsfolgen in Deutschland nicht. Stellt sich heraus, dass Email-Beweise nicht gerichtsfest sind, weil das betreffende E-Mail-Konto privat genutzt und daher nicht durchsucht werden durfte, können sich die Ermittler andere Beweise suchen, mit denen sie ihren Tatverdacht vor Gericht beweisen können.
 

„Auf den ersten Blick scheint sich Korruption zu lohnen”

Fingerspitzengefühl ist auch aus einem anderen Grund gefragt: Interne Ermittlungen laufen vordergründig zunächst unternehmenseigenen Interessen entgegen, zudem werden viele der Rechtsverstöße auf höchster Managementebene begangen oder zumindest toleriert. Hier ist das Ermittlungsteam gefordert, Vertrauen in die Sinnhaftigkeit der Aufklärungsarbeit herzustellen. „Nur auf den ersten Blick profitiert das Unternehmen von Rechtsverstößen wie Bestechung oder Kartellbildungen, weil sie ihm Aufträge bringen”, sagt José Campos Nave. Hier gelte es, dem Unternehmen klar zu machen, dass dem aktuellen Gewinn hohe Verluste gegenüberstehen. Und zwar nicht nur wegen der drohenden Strafen und Bußgelder, sondern auch wegen des mit Sicherheit eintretenden Reputationsverlusts, sobald die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden angelaufen und bekannt geworden sind.
 
zuletzt aktualisiert am 08.08.2013

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Dr. José A. Campos Nave

EMBA (Accounting & Controlling), Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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