Alternative Tarifmodelle in der Wasserversorgung als Antwort auf den demografischen Wandel

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​Von Alexander Faulhaber.

 

Die deutsche Bevölkerung ist von einem dramatischen Wandel betroffen – sie schrumpft und wird dabei immer älter. Immer häufiger ist von einer zunehmenden ‚Verwaisung‘ oder ‚Vergreisung‘ ganzer Landstriche die Rede. Hauptursächlich für die demografische Entwicklung ist der seit Jahren zu verzeichnende Geburtenrückgang. Daneben sorgt der medizinische Fortschritt dafür, dass die durchschnittliche Lebenserwartung stetig steigt. Sowohl die rückläufigen Geburtenraten als auch die zunehmende Alterung der Gesellschaft sind in den letzten Jahren deutschlandweit verstärkt in den Fokus der öffentlichen Diskussion geraten. Zu Recht – schließlich betreffen sie nicht zuletzt durch ihre Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme die gesamte Gesellschaft in einem Ausmaß, das Vielen wohl erst nach und nach deutlich wird.
 
Die Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland als Gesamtraum mögen zwar im Vergleich zu anderen Industrieländern noch eine moderate Entwicklung zeigen. Im Verhältnis zum Jahr 2008 wird bis zum Jahr 2030 deutschlandweit ein durchschnittlicher Bevölkerungsrückgang zwischen 3,6 Prozent und 5,7 Prozent erwartet. Verlässt man jedoch diese nationale Betrachtungsebene und regionalisiert die sich abzeichnende Entwicklung, dann gewinnt der demografische Wandel sehr schnell an Brisanz. Über Deutschland hinweg zeigt sich ein ‚bunter‘ Flickenteppich an Wachstums- und Schrumpfungsräumen. Während der Stadtstaat Hamburg nach den aktuellen Prognosen bis 2030 einen Bevölkerungszuwachs i.H.v. 4,6 Prozent verzeichnen wird, wird für Sachse -Anhalt ein Bevölkerungsrückgang i.H.v. 21,2 Prozent vorausgesagt. Lokal ist demzufolge mit einer erheblich rückläufigen Bevölkerungsanzahl zu rechnen. Als genereller Trend ist insoweit sicher eine zunehmende Konzentration der Bevölkerung auf Ballungszentren zu verzeichnen. Als Hauptgrund werden oftmals Zu- und Wegzüge der erwerbstätigen Bevölkerung genannt. Allerdings ist mit den geschilderten rückläufigen Geburtenraten auch ein weiterer Aspekt mitverantwortlich für die prognostizierte Entwicklung. Dies führt neben einer Reduzierung der Bevölkerungszahl auch zu einer Verschiebung der Altersstruktur. Während 2009 auf 100 Personen im Erwerbsalter (20 bis unter 65 Jahre) 34 Personen im Rentenalter (ab 65 Jahre) kamen, dürften es 2030 mehr als 50 Personen sein.
  
Neben den Folgen für die sozialen Sicherungssysteme werden die Auswirkungen des demografischen Wandels auch zunehmend im Hinblick auf die Daseinsvorsorge diskutiert. Die Wasserwirtschaft als zentraler Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge muss sich deshalb intensiv mit den Folgen der demografischen Entwicklung für die Branche befassen.
 
Für die Zukunftsfähigkeit eines Wasserversorgungsunternehmens ist die Entwicklung der Wasserabgabemenge im jeweiligen Versorgungsgebiet von Relevanz. Diese wird u.a. von der Bevölkerungsentwicklung beeinflusst, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anzahl der versorgten Einwohner und deren durchschnittlichem Wasserverbrauch steht. Der Wasserverbrauch pro Kopf folgt in Deutschland insgesamt einem rückläufigen Trend. Neben der zahlenmäßigen Bevölkerungsentwicklung wird sich der Wasserverbrauch in einigen Versorgungsgebieten durch die Verschiebung der Altersstruktur noch weiter reduzieren. Verschiedene Analysen kommen zu dem Ergebnis, dass der Wasserverbrauch mit zunehmendem Lebensalter sinkt. Diverse Regionen Ostdeutschlands sind besonders stark von diesen Entwicklungen betroffen.
  
Die demografiebedingten Effekte haben in zahlreichen Versorgungsgebieten bereits heute zu einem deutlichen Einbruch der Wasserabgabemenge geführt. Ein Ende dieser Entwicklung ist dabei zumeist nicht ersichtlich. Gelingt es in diesem Fall nicht, die Kosten oder die Erlöse an die rückläufige Mengenentwicklung anzupassen, drohen massive Ergebniseinbrüche oder sogar Verluste. Sinkende Erlöse verringern ihrerseits wiederum den Spielraum für Investitionen in den Erhalt des Netzes. In letzter Konsequenz birgt die demografische Entwicklung somit die Gefahr, das Lebensmittel Nummer 1 nicht weiterhin dauerhaft in der gewohnten Qualität und zu vertretbaren Kosten zur Verfügung stellen zu können.
 
Der kurzfristige Spielraum der Kostenbeeinflussung ist jedoch oftmals gering. Die Kosten eines Wasserversorgers sind maßgeblich durch allenfalls langfristig beeinflussbare fixe Kosten geprägt. Deren Anteil an den Gesamtkosten liegt nicht selten über 80 Prozent. Eine rückläufige Abgabemenge aufgrund der vielerorts vorherrschenden demografischen Entwicklung hat allerdings allenfalls Einfluss auf die variablen Kosten. Die Fixkosten bleiben davon nicht nur unberührt, ihr Anteil an den Gesamtkosten erhöht sich unter ansonsten gleichbleibenden Bedingungen sogar noch.
   
Geht man davon aus, dass der Versorger bereits sämtliche Maßnahmen zur Optimierung der eigenen Kosten ausgeschöpft hat, liegt die erfolgversprechendste Lösung des geschilderten Spannungsfeldes damit in einer Stabilisierung der Erlöse.
  
Die Lösung wird oftmals in einer Erhöhung der Entgelte gesucht. Bei kaum beeinflussbarer Kostensituation stellt dies zwar die einzig mögliche Lösung zur Ergebnisverbesserung dar, allerdings ist auch hier, wie so oft, der „Weg das Ziel”.
 
Ein Großteil der deutschen Wasserversorger erhebt bis heute überwiegend oder sogar ausschließlich mengenabhängige Entgelte. Ist dies der Fall, tragen kurzfristige Entgelterhöhungen als Konsequenz rückläufiger Wasserabgabemengen zwar schnell zu einer vorübergehenden Entspannung der Situation bei, langfristig können sie ohne eine Veränderung der Entgeltstruktur die bestehende Problematik jedoch sogar noch verschärfen.
   
So führt eine bloße Preiserhöhung ohne eine Veränderung der fixen und variablen Erlösbestandteile oftmals zu einem gesteigerten Sparverhalten mit der Konsequenz weiter rückläufiger Abgabemengen. Nicht selten mündet diese Entwicklung in einer – unter der Maxime Kostendeckung – nachvollziehbaren erneuten Preiserhöhung. Ein Kreislauf aus Preiserhöhungen und rückläufigen Abgabemengen ist die Folge.
  
Eine tatsächliche Verbesserung käme dann zustande, wenn mit der vorherrschenden Veränderung der Rahmenbedingungen auch eine Veränderung der bestehenden Erlösstruktur einherginge. Dazu sollte das bestehende Tarifmodell zwei grundsätzlichen Anforderungen gerecht und dementsprechend konzipiert werden:
  

   

  • Das Tarifmodell sollte weitestgehend der Kostenstruktur
    des Wasserversorgers entsprechen.
  • Das Tarifmodell sollte nach Möglichkeit so ausgerichtet sein,
    dass es den individuellen Bedingungen vor Ort bestmöglich
    gerecht wird. 
     
Mithilfe eines solchen kostenstrukturadäquaten, individualisierten Tarifmodells (KIT) haben auch solche Versorger, die wohl besonders stark von der voraussichtlichen demografischen Entwicklung der nächsten Jahrzehnte betroffen sind, bereits heute die Möglichkeit, die eigene Erlösstruktur den Bedingungen von morgen anzupassen. Insbesondere im Falle der überwiegenden Finanzierung über mengenabhängige Erlöse ist dies essenziell, um die hohen Anforderungen an die Trinkwasserversorgung nachhaltig zu gewährleisten. 

  

Werden Sie deshalb aktiv und ergreifen Sie die entsprechenden Maßnahmen!

Wir unterstützen Sie dabei und entwickeln für Sie ein Tarifmodell, das Ihren individuellen Anforderungen am ehesten gerecht wird. Damit sind auch Sie bereits heute ideal für die Herausforderungen von morgen vorbereitet!

 

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Florian Moritz

Diplom-Kaufmann

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