Verstoß gegen das Gebot des realen Kapitalerhalts

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​​veröffentlicht am 10. Dezember 2019

 

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Stiftungen haben ihr Grundstockvermögen zu erhalten. Dies war im letzten Jahrtausend durch relativ risikoarme Anlageformen mit einem überschaubaren Aufwand möglich. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase ergeben sich jedoch Schwierigkeiten, eine auskömmliche Verzinsung zu erzielen. So müssen ggf. nicht nur genügend Mittel für den Stiftungszweck, sondern auch für den Erhalt des Grundstockvermögens erwirtschaftet werden. Um eine bessere Verzinsung zu erzielen, kann die Anlage in risikoreichere Produkte angezeigt sein, was jedoch zur Schmälerung des Grundstockvermögens führen kann und damit potenziell den Kapitalerhalt gefährdet. Die Fortführung der Stiftung ist in diesem Fall durch ein Kapitalerhaltungskonzept nachzuweisen.

 

Stiftungen sind regelmäßig sparsam und wirtschaftlich zu verwalten, sodass eine dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet ist (vgl. § 14 Abs. 1 StiftBTG). Hierzu ist das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Eine Ausnahme stellt lediglich die sogenannte Verbrauchsstiftung dar, bei der eine dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks als gegeben gilt, wenn die Stiftung für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum von mindestens 10 Jahren errichtet wird (vgl. § 14 Abs. 2, § 80 Abs. 2 S. 2 BGB).


Auf die Form der Erhaltung des Stiftungsvermögens wird in den Stiftungsgesetzen der Länder (Ausnahme: SächsStiftG, s. u.) nicht näher eingegangen. Grundsätzlich kommen eine gegenständliche oder eine wertmäßige Erhaltung infrage. Eine enge Anlehnung an den Gesetzeswortlaut legt eine gegenständliche Erhaltung nahe. Demnach wäre die Substanz des Stiftungsvermögens in Form von einzelnen Vermögensgegenständen bzw. deren Gesamtheit im Zeitablauf zu erhalten.


Eine wertmäßige Erhaltung des Stiftungsvermögens kann regelmäßig in Form der Kapitalerhaltung erfolgen. Hierbei lässt sich zwischen nominaler und realer Kapitalerhaltung unterscheiden. Sowohl die Finanzverwaltung als auch die überwiegende Zahl der Stiftungsaufsichten der Länder vertreten in der Praxis in der Regel die Auffassung, dass das Kapital in seinem nominalen Wert zu erhalten ist. Die nominale Kapitalerhaltung stellt zugleich die Mindestanforderung an die Erfüllung des Grundsatzes der Kapitalerhaltung dar. Vor dem Hintergrund, dass die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks eine zumindest gleichbleibende Ertragskraft der Stiftung voraussetzt, sollte das Stiftungskapital unter Berücksichtigung von Preissteigerungen – also real – erhalten werden. Im sächsischen Stiftungsgesetz ist das Gebot der realen Kapitalerhaltung explizit kodifiziert (§ 4 Abs. 3 S. 1 SächsStiftG). Ebenso vertreten die bayerischen Stiftungsbehörden die Auffassung der realen Kapitalerhaltung. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) empfiehlt ebenfalls einen realen Kapitalerhalt (vgl. IDW RS HFA 5 Tz. 10). Grundsätzlich richtet sich die Form der Kapitalerhaltung nach dem Stifterwillen bzw. dessen Verankerung in der Stiftungssatzung.


Der Nachweis der Kapitalerhaltung obliegt dem Stiftungsvorstand (vgl. IDW RS HFA 5, Tz. 10). Für den Nachweis ist das zu erhaltende Kapital dem dauerhaft zur Verfügung stehenden Eigenkapital gegenüberzustellen. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung ist erfüllt, wenn das dauerhaft zur Verfügung stehende Kapital das Stiftungskapital nicht unterschreitet (vgl. IDW RS HFA 5, Tz. 58).


Liegt das Grundstockvermögen in einfach bewertbaren Vermögensgegenständen (z. B. Geldmittel, Aktien oder Fondsanteilen) vor, ist die Frage des Kapitalerhalts einfach zu beantworten. Der Bestand lässt sich anhand des Marktwerts der handelbaren Anteile einfach und relativ genau zum Stichtag nachweisen. Liegt das Grundstockvermögen hingegen in Immobilien vor, sollte die Bewertung mehrere Aspekte umfassen. So lässt sich der Wert der Immobilie nicht anhand des Buchwerts ablesen. Hierbei wird es regelmäßig vorkommen, dass in der Bilanz stille Reserven gelegt werden. Wesentliche, über die normale Abschreibung hinausgehende Wertminderungen werden in der Bilanz abgebildet, wenn sie dauerhaft den Wert mindern. Anzeichen für einen Werterhalt können dagegen regelmäßige Instandhaltungen oder Sanierungen sein, die nicht zwangsläufig zu aktivierungsfähigen Ausgaben führen. Weiterhin kann die Immobilie insbesondere durch Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt an Wert gewinnen und somit zum Erhalt des Grundstockvermögens beitragen. Dies gilt insbesondere für Grundstücke in guten Lagen. Für die folgende Betrachtung werden wir uns auf Stiftungskapital in Form von Finanzinvestments konzentrieren.

 

Grundsätzlich gilt, dass das dauerhaft zur Verfügung stehende Kapital sich aus dem Stiftungskapital i. e. S. oder Grundstockvermögen, der Kapitalrücklage, der Kapitalerhaltungsrücklage, Rücklagen ohne Zweckbindung sowie gegebenenfalls bestehenden Umschichtungsergebnissen zuzüglich/abzüglich wesentlicher stiller Reserven/Lasten zusammensetzt (vgl. IDW RS HFA 5, Tz. 58). Das zu erhaltende Kapital entspricht im Falle der nominalen Kapitalerhaltung dem Stiftungskapital. Im Falle der realen Kapitalerhaltung ist das Stiftungskapital auf den entsprechenden Stichtag zu indexieren (vgl. IDW RS HFA 5, Tz. 58). Hierbei empfiehlt das IDW die Verwendung des harmonisierten Verbraucherpreisindex, sofern im Einzelfall die Verwendung eines Branchenindex nicht sachgerechter erscheint (vgl. IDW RS HFA 5, Fn. 24).

 

Wie bereits beschrieben, müsste der Vorstand anhand der dem Grundstockvermögen zugeordneten Vermögensgegenstände nachweisen, dass das Grundstockvermögen nominal oder real im Wert erhalten worden ist. Hierbei sollte man sich auf konkrete Vermögenswerte beziehen und ggf. in einer Schattenrechnung zur Bilanz die stillen Reserven und Lasten einbeziehen. Entscheidet sich der Vorstand aufgrund der Niedrigzinsphase zu risikoreicheren Anlageklassen (z. B. Aktien, Fonds, ETFs oder Private Equity), so kann es zu Verringerungen der dem Grundstockvermögen zugeordneten Vermögenswerte kommen. Handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, so könnte weiterhin die Gemeinnützigkeit gefährdet sein, wenn nicht im Rahmen einer Anlagenrichtlinie investiert wird.  Sollte jedoch eine Vermögensminderung über den reellen oder gar nominalen Kapitalerhalt hinaus erfolgen, so hat der Vorstand anhand eines hinreichend präzisen, mehrjährigen Kapitalerhaltungskonzepts darzulegen, wie der Kapitalerhalt in der Zukunft sichergestellt werden kann (vgl. IDW RS HFA 5, Tz. 10). Inhalt eines solchen Konzepts könnte z. B. die momentane Struktur der verschiedenen Anlagenklassen unterteilt nach Risiko- und Renditegesichtspunkten sein. Weiterhin wäre ggf. eine Zielstruktur inkl. der zu erwarteten Transaktionskosten denkbar. Die momentane Struktur muss daher auf die einzelnen Investments heruntergebrochen sein und beruht auf der Entwicklung.

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