Fit für die Betriebsprüfung? – GoBD in der Kommunalverwaltung

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​veröffentlicht am 4. Oktober 2022


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Grundsätze der ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – jetzt handeln, bevor die Betriebsprüfung kommt!


Einführung

Die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Buchführung haben bereits eine lange Historie. Erstmals wurden die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme mit BMF-Schreiben vom 7.11.1995 festgelegt. Ein Fragen- und Antwortkatalog, der die Anwendung erleichtern sollte, erschien mit BMF-Schreiben vom 22.1.2009. 

Die mit Schreiben vom 29.11.2019 angepasste GoBD wurde mit BMF-Schreiben vom 14.11.2014 eingeführt.

Das nun schon knapp 3 Jahre alte BMF-Schreiben vom 28.11.2019 erfasst die wichtigsten Regelungen für die Praxis der Buchführung und Belegaufbewahrung, die für die Finanzverwaltung erfüllt werden müssen. 

In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen wurden die steuerlichen Regelungen bereits als verpflichtend für die Anwendung in kommunalen Gebietskörperschaften erklärt (§ 28 Abs. 5 KomHVO NRW, in Kraft getreten am 1.1.2019).

Dennoch können auch heute (wohlbemerkt bisher 30 Jahre Umsetzungsfrist seit dem ersten BMF-Schreiben zur GoBS vom 7.11.1995) die allermeisten Kommunen keine GoBD-konforme Buchführung aufweisen. Unserer Erfahrung nach hat dies verschiedene Ursachen. 

Einige Kommunen wissen gar nicht, dass die GoBD für sie verpflichtend umzusetzen sind (siehe jeweilige KomHVO, GemHVO, LHO). Andere haben eine Umsetzung der GoBD im jeweiligen Hauptbuchungssystem z. B. SAP vorgenommen – dabei aber leider nicht bedacht, dass die GoBD-Konformität allumfassend gegeben sein muss und daher auch die Nebenbuchhaltungssysteme wie Systeme zur Erfassung der Lohnzahlungen sowie Zulieferungssysteme wie z. B. Kassensysteme umfasst. Aus der Sicht der Betriebsprüfung ist es daher sehr einfach und auch völlig legitim, hier ohne eine tiefergehende Prüfung einen Schätzungsaufschlag i. H. v. min. 10 bis 15 Prozent festzusetzen. 

Auch der Unmut des Gesetzgebers über die nicht vorhandene GoBD-Konformität wird immer deutlicher. Die Einführungsfristen neuer Gesetze, die u. a. die kommunale Welt empfindlich treffen, werden immer kürzer. Die Übergangsfrist zur verpflichtenden Umsetzung des § 2b UStG endet zum 31.12.2022. Auch die Abgabefrist für Grundsteuererklärungen, die für Kommunen ein sehr umfangreiches Unterfangen darstellen, beträgt lediglich 4 Monate und endet zum 31.10.2022. Der Gesetzgeber sieht grundsätzlich keine Veranlassung mehr, größere Umsetzungsfristen zu gewähren, da bei einer GoBD-konformen Buchführung die Evaluation der jeweils relevanten Daten nicht sehr zeitintensiv sein dürfte (rein theoretisch).

GoBD-Ordnungsmäßigkeitskriterien: was heißt das?

Das BMF-Schreiben vom 28.11.2019 (S. 9 ff.) trifft die Ordnungsmäßigkeitskriterien, die bei einer Konformität zur GoBD erfüllt werden müssen.

Diese sind folgende:

  1. Vollständigkeit
  2. Einzelaufzeichnungspflicht
  3. Richtigkeit
  4. zeitgerecht
  5. Ordnung
  6. Unveränderbarkeit

Unveränderbarkeit (§ 146 Absatz 4 AO, § 239 Absatz 3 HGB):

Das Kriterium der Unveränderbarkeit ist u. E. eins der Hauptprobleme in der Verwaltung. Oft werden elektronische Workflows eingerichtet, die aber nicht automatisch die Unveränderbarkeit implementieren. Darüber hinaus stellen die elektronischen Workflows die Ver-waltung vor Probleme was die Aufbewahrung und die Möglichkeit, die Aufzeichnungen lesbar zu machen angeht. 

Unveränderbarkeit bedeutet, dass eine Buchung oder eine Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden darf, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellt werden kann. Veränderungen und Löschungen von Buchungen oder Aufzeichnungen müssen protokolliert werden (BMF-Schreiben vom 28.11.2019, S. 15).

Vollständigkeit und Aufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 AO & § 239 Abs. 2 HGB):

Die Kriterien der Vollständigkeit und Aufzeichnungspflicht betreffen die einzelnen Geschäftsvorfälle. Damit ist jeder Geschäftsvorfall, ob Eingangs- oder Ausgangsleistung vollständig und lückenlos aufzuzeichnen. Die Geschäftsvorfälle sollen anhand des Umfangs inhaltlich überprüfbar sein. Zur Vollständigkeit und Aufzeichnungspflicht gehört auch, dass die Umsätze den verschiedenen Bereichen der jPdöR (insgesamt Unternehmerin) zugeordnet werden können. 

Somit ist grundsätzlich nicht nur die Geldleistung als solche zu erfassen, sondern auch der Inhalt des Geschäfts und der Vertragspartner aufzuzeichnen. Dabei ist eine vollständige und lückenlose Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle sicherzustellen.

Richtigkeit (§ 146 Absatz 1 AO, § 239 Absatz 2 HGB):

Die Richtigkeit ist unter Gesichtspunkten des Ordnungsmäßigkeitskriteriums erfüllt, sobald sämtliche Belege, Bücher und Aufzeichnungen die tatsächlich getätigten (bzw. nicht getätigten) Geschäftsfälle widerspiegeln und nach den gesetzlichen Anforderungen inhaltlich zutreffend wiedergegeben werden.1  

Zeitgerecht (§ 146 Absatz 1 AO, § 239 Absatz 2 HGB):

Zeitgerecht ist eine Buchführung, die laufend geführt wird. Geschäftsvorfälle sind möglichst zeitnah zu erfassen und damit kurz nach ihrer Entstehung in Grundaufzeichnungen oder Grundbücher einzutragen.2
Bei unbaren Geschäftsvorfällen gilt eine Erfassung innerhalb von zehn Tagen als unbedenklich. Bei Kasseneinnahmen und Kassenausgaben normiert § 146 Abs. 1 S. 2 AO die tägliche Auswertung und Eintragung.

Ordnung (§ 146 Absatz 1 AO, § 239 Absatz 2 HGB)

Eine systematische, übersichtliche und eindeutige Erfassung sowie übersichtliche, eindeutige und nachvollziehbare Buchung der Geschäftsvorfälle setzt der Grundsatz der Ordnung voraus.

Belege sind demzufolge nach bestimmten und eindeutigen Ordnungsprinzipien abzulegen. Buchungen müssen einzeln und geordnet nach Konten dargestellt sein und jederzeit lesbar gemacht werden können.

Unter Gesichtspunkten des § 2b UStG ist besonders darauf hinzuweisen, dass in der Regel durch eine nicht getrennte Verbuchung von nicht steuerbaren, steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen ohne ausreichende Kennzeichnung gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit verstößt. 

Folgen bei Verstößen

Verstöße gegen die GoBD können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, wenn diese beispielsweise bei einer Betriebsprüfung zutage kommen.

Verstöße können beispielsweise vorliegen, wenn Rechnungen im Nachhinein verändert werden können, ohne dass eine Dokumentation darüber zu führen ist, oder die Buchführung so beschaffen ist, dass ein fachkundiger Dritter diese nicht in einer angemessenen Zeit sichten kann (Eindeutigkeit von Buchungstexten etc.). Die Verstöße können vielfältig sein.

Die Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer legen jedoch nach unserer Erfahrung seit Jahren großen Wert auf die GoBD-Konformität und setzen daher auch die Prüfung dementsprechend an. Eine Betriebsprüfung, bei der Belege aus verstaubten Ordnern geprüft werden, gehört der Vergangenheit an.

Bei Verstößen kann, wenn die materielle Richtigkeit der Buchführung durch die Betriebsprüferin oder den Betriebsprüfer angezweifelt wird, grundsätzlich eine Hinzuschätzung der Umsätze erfolgen. 

In schwerwiegenden Fällen kann sogar eine Steuerstraftat im Raum stehen.

Zu ergreifende Maßnahmen

Um die Einhaltung der Ordnungskriterien zu gewährleisten, sind Kontrollen einzurichten, auszuüben und zu protokollieren.3 In diesem Kontext ist die Einrichtung eines Internen Kontrollsystems (IKS) unabdingbar.

In dem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2019 werden technische und organisatorische Kontrollen genannt, die die Grundlagen des IKS darstellen.

  • Zugangs- und Zugriffsberechtigungskontrollen auf Basis entsprechender Zugangs- und Zugriffsberechtigungskonzepte (z. B. spezifische Zugangs- und Zugriffsberechtigungen) 
  • Funktionstrennungen 
  • Erfassungskontrollen (Fehlerhinweise, Plausibilitätsprüfungen)
  • Abstimmungskontrollen bei der Dateneingabe 
  • Verarbeitungskontrollen
  • Schutzmaßnahmen gegen die beabsichtigte und unbeabsichtigte Verfälschung von Programmen, Daten und Dokumenten

Zugangs- und Zugriffsberechtigungskontrollen sind Maßnahmen, die den unbefugten Personen Zugang zu Räumlichkeiten und Daten unterbinden, aber auf der anderen Seite Zugriffsberechtigungen für Personen ermöglicht, die anhand ihrer Funktion den Zugriff auf die Anwendungen benötigen. Der physische Zugriff auf Daten, aber auch die Berechtigung für die innerhalb des Verfahrens eingesetzten Anwendungen, stehen im Vordergrund.

Funktionstrennungen bezeichnen Kontrollaktivitäten zur Gewährleistung der Aufgabentrennung zwischen Personen, die Geschäftsprozesse oder Teile davon genehmigen, ausführen, verwalten oder abrechnen. Es soll verhindert werden, dass eine einzelne Person sämtliche Teilschritte eines Verfahrens ausüben kann, ohne dass die Interaktion mit einer zweiten Person erforderlich ist.

Erfassungskontrollen helfen automatisch zu überprüfen, ob alle für die Abwicklung eines Geschäftsvorfalls erforderlichen Informationen vorhanden und plausibel sind. Sie dienen dazu, um zu überprüfen, ob die Integrität der in einer DV-Anwendung eingegebenen bzw. erfassten Information gegeben ist und Eingaben innerhalb der erwarteten Rahmenbedingungen erfolgt sind (z. B. Eingabe von numerischen Werten in ein Betragsfeld)

Abstimmungskontrollen bei der Dateneingabe dienen dazu, durch das Vergleichen von Informationen Abweichungen oder unplausible Daten zu erkennen.

Verarbeitungskontrollen stellen die vollständige und korrekte Verarbeitung von Informationen in dem Verfahren sicher.

Die Finanzverwaltung fordert außerdem die Schaffung einer angemessenen Datensicherheit, um die Sicherung des DV-Systems gegen Verlust sowie den Schutz vor unberechtigten Eingaben und Veränderungen zu garantieren.

Fazit

Die zu schaffenden Kontrollmechanismen zeigen, dass es sich nicht nur um nachgelagerte Kontrollen der Buchführung handelt, sondern ein System zu schaffen ist, das von der Eingangsrechnung bis zur Ausgangsrechnung und schlussendlich der Zahlung und ggf. auch Rückzahlung angewendet wird.

Ein strukturiertes und planmäßiges Handeln steht im Mittelpunkt, um die Risiken durch geeignete Etablierung von Maßnahmen zu minimieren.

Ein internes Kontrollsystem ist also zeitnah einzuführen, um die GoBD-Konformität in der Zukunft zu gewährleisten. Zudem kann das IKS Teil eines Tax-Compliance-Management-Systems sein, das bei richtiger Implementierung und Anwendung einen umfassenden Schutz vor Steuerstrafverfolgung darstellt und außerdem die persönliche Haftung, Reputationsschäden, Bußgelder und politische Risiken durch mangelhafte Steuerehrlichkeit abwendet.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass Gebietskörperschaften zwar nicht in allen Bundesländern verpflichtet sind ein Steuer-IKS einzuführen, aber faktisch dazu angehalten werden aufgrund der steuerlichen Änderungen, die sich u. a. durch die Einführung des § 2b UStG und die verpflichtende Berücksichtigung der GoBD ergeben.4

Die dadurch erforderlichen organisatorischen Änderungen bieten den Gebietskörperschaften eine „optimale Gelegenheit”, zeitgleich ein Steuer-IKS und TCMS einzurichten.

Sollten Sie sich für die Implementierung eines TCMS und damit verbundenem IKS zur GoBD interessieren, können Sie sich gerne bei uns melden. 

Wir stehen Ihnen diesbezüglich gerne zur Seite!

__________________________________________________________
1 Vgl. Teutemacher, 2020, S. 31.
2 Vgl. BFH-Seite 13 Urteil vom 10.6.1954, BStBl III S. 298.
3 BMF-Schreiben vom 28.11.2019, S. 25.
4 Liekenbrock, 2018, S. 8.




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