Die Zukunft spricht Glas – Herausforderungen auf dem Weg zum flächendeckenden FTTB-Netz

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​veröffentlicht am 3. April 2017

 

Bezüglich ihrer Internet-versorgung stehen viele Kommu-nen vor den gleichen Heraus-forderungen, denn häufig stellt sich die Versorgungslandschaft für hochbitratige Breitbandnetze sehr heterogen dar. So werden Bürger verschiedener Ortsteile über unterschiedliche Übertragungs-technologien und Netzbetreiber in schwankender Qualität mit schnellem Internet versorgt. Das Ergebnis sind „Flickenteppiche" aus unterschiedlichen Netztopologien, die perspektivisch auf den Stand eines flächendeckenden Glasfaser-netzes gebracht werden müssen.

 

​In den meisten Kommunen und Landkreisen sind die Kernstädte aus heutiger Sicht akzeptabel mit manchmal sogar zwei leistungsfähigen Breitbandnetzen (bspw. durch die Telekom sowie einen Kabelnetz-anbieter) versorgt. Dementsprechend sind vielfach Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s oder sogar bis zu 400 Mbit/s verfügbar. Ein FTTB/H-Netz in den Ortskernen ist allerdings eine Rarität.

 

Randbereiche werden aufgrund ungünstiger Strukturen regelmäßig nur auf Basis nahezu reiner Kupfernetze oder mittels Funktechnologien versorgt, sind jedoch im Rahmen von Förderprojekten in einigen Fällen sogar mit FTTB/H versorgt. Perspektivisch stößt dies auf Unverständnis bei den Bürgern, wenn Außenbereiche regelmäßig besser versorgt sind als Kernstädte und insbesondere kleine und mittelgroße Gewerbe-treibende nicht mehr adäquat an das Telekommunikationsnetz angeschlossen sind.

 

Bei den heutigen Bandbreitenanforderungen scheinen insbesondere im Innenbereich die meisten Gebiete gut versorgt zu sein. Allerdings steigt der Bandbreitenbedarf entsprechend der allgemeinen Erwartungen sowohl im Arbeits- als auch im Privatumfeld massiv an. Insofern werden auch die aus heutiger Sicht ausreichend leistungsfähigen Innenstadt-netze mittelfristig an ihre Leistungsgrenzen kommen.

 

Je nach vorhandener Technologie geraten dann einzelne Ortsteile und Gebiete früher oder später, in der Regel aber zu unterschiedlichen Zeiten, in eine Unterversorgung. Perspektivisch kann da nur ein flächen-deckendes FTTB/H-Netz auf Glasfaserbasis die Nachfrage bedienen.

 

Bandbreitenziele von Bundesregierung und EU-Kommission

Im Rahmen der „Digitalen Strategie 2025” hat das Bundeswirtschafts-ministerium im März 2016 neue Ziele für den Breitbandausbau in Deutschland definiert. Da sich das Datenvolumen im Festnetz etwa alle 40 Monate verdoppelt, sieht das BMWi Deutschland mittelfristig als unterversorgt an. Auch das Ministerium hält Glasfaseranschlüsse für erforderlich, deren Geschwindigkeiten im Bereich von mehreren Gigabit pro Sekunde sowohl im Downstream als auch im Upstream liegen.

 

Auch auf europäischer Ebene ist ein Richtungswechsel zu beobachten. War es im Jahr 2013 noch üblich, Übertragungsraten von 30 Mbit/s als ausreichend hochleistungsfähiges Netz zu klassifizieren, veröffentlichte die EU-Kommission am 4. September 2016 ein Arbeitspapier, das bis 2025 die Anbindung aller europäischen Haushalte (ländlich und urban) an ein Netz mit mindestens 100 Mbit/s im Download und Option zum Upgrade fordert. Damit kann nach heutigem Stand aufgrund der De-finition von 100 mMbit/s als Mindestanforderung nur ein FTTB/H-Netz gemeint sein.

 

Leider werden jedoch in beiden Strategiepapieren kaum konkrete Maß-nahmen genannt, mit denen ein entsprechender Netzausbau in der Fläche erreicht werden könnte.

 

Individuelle Problembereiche – die Folgen des „Flickenteppichs”

Insofern werden sich zukünftig ganz neue individuelle Problembereiche ergeben, wenn die Aufrüstung des „Flickenteppichs” auf FTTB/H („Netzupgrade”) umgesetzt werden soll.

 

Es ist zu erwarten, dass die Kernstädte, also die hochrentablen Ortsteile, langfristig eigenwirtschaftlich durch die privaten Tele-kommunikationsunternehmen mit FTTB/H erschlossen werden. Dabei müssen die privaten Netzbetreiber naturgemäß möglichst lange auf bereits verlegte Technologien setzen und erst dann ein Upgrade vornehmen, wenn der Druck aus dem Markt und auch die Zahlungs-bereitschaft am höchsten sind. Damit wird jeweils die Wirtschaftlichkeit optimiert. Die Außenbereiche werden dann, wie schon heute zu beo-bachten, erst sehr viel später oder gar nicht erschlossen.

 

Vor diesem Hintergrund sind viele individuelle Maßnahmen erforderlich, um das gesamte Stadt-/Gemeindegebiet auf das maximale Niveau eines FTTB/H-Netzes zu heben. Die Umsetzung rein eigenwirtschaftlicher Gesamtkonzepte durch einen Anbieter für die gesamte Fläche einer Gebietskörperschaft sind in den meisten Fällen kaum zu erwarten.

 

Strategie zum „Netzupgrade”

Gerade deswegen sind in der Regel Kommunen gefordert, die Auf-rüstung eines Netzes auf den FTTB/H-Standard im Rahmen des Netz-upgrades zu forcieren.

 

Eine flächendeckende Erschließung wird dabei nicht innerhalb von einigen Jahren zu bewerkstelligen sein. Um perspektivisch jedem Bürger und Unternehmen einen symmetrischen Gigabit-Anschluss bieten zu können, braucht es eine langfristige Strategie, die Schritt für Schritt, aber konsequent umgesetzt wird. Wesentlich ist dabei vor allem:

 

  • eine permanente Weiterentwicklung des Netzes, um die Erschließung

   zeitlich nicht zu verschleppen und den Anschluss an andere Kommu-   nen nicht zu verlieren

  • die kontinuierliche Nutzung aller Synergien (Mitverlegung) zur Senkung der Kosten
  • die Wahrung des kommunalen Einflusses auf die spätere Weiter-entwicklung des Netzes
  • die rechtssichere Gestaltung aller Maßnahmen, um langwierige Ver-fahren und damit Zeitverzögerungen zu vermeiden
  • die gezielte Einbindung von Fördermitteln an den Stellen, an denen sie sinnvoll im Rahmen der Gesamtstrategie nutzbar sind

 

Welche Maßnahmen sich in der jeweiligen Situation für ein Netzupgrade eignen, hängt neben anderen Faktoren insbesondere davon ab, welches Eigenengagement die Kommune bisher erbringt bzw. welches sie bereit und fähig ist zu erbringen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Ab-hängigkeiten, die grob nach folgendem Muster strukturiert werden könnten:

  

 

Auswirkungen unterschiedlicher Intensitäten

Abbildung: Auswirkungen unterschiedlicher Intensitäten des eigenen Engagements

 

Beispiele für Maßnahmen könnten sich, in Abhängigkeit von

der Ausgangslage, wie folgt darstellen:

 

Sofern bisher kein eigenes Engagement vorliegt oder eine Deckungs-lückenförderung für den Ausbau durch Dritte umgesetzt wurde, könnten beispielsweise folgende Aspekte Teil der Strategie sein:

 

  • Kommunale Mitverlegung bei Baumaßnahmen mit anschließender

   Verpachtung

  • Kommunale Finanzierung des Ausbaus einer Glasfaser-TAL und Anbindung an FTTC-Netz
  • Einbindung von kommunalen Unternehmen und Entwicklung eines langfristigen Geschäftsmodells
  • Gründung interkommunaler Infrastrukturgesellschaften oder Zweck-verbände

 

Sofern bereits eine kommunale Infrastrukturgesellschaft oder ein Stadt- oder Gemeindewerk mit teilweise eigener Infrastruktur vorhanden ist, könnten folgende Maßnahmen im Rahmen einer Gesamtstrategie zielführend sein:

 

  • Weiterentwicklung des Geschäftsmodells als unternehmerisches

   Projekt

  • Stabilisierung der Wirtschaftlichkeit zur Finanzierung weiterer Maß-nahmen
  • Ausdehnung des Netzgebietes auf Gebiete, die derzeit nicht als unter-versorgt gelten (also FTTC- oder CTAV-Gebiete) sofern eine Konkurrenzsituation wirtschaftlich haltbar ist.

 

Dabei handelt es sich jedoch lediglich um einzelne Optionen und keines-wegs um abschließende Maßnahmenpakete, die im Rahmen einer Gesamtstrategie auszurichten und zu konkretisieren sind.

 

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Thema Breitbandausbau auch langfristig von hoher Bedeutung bleiben wird. Da Ortsnetze derzeit häufig aus unterschiedlichsten Technologien zusammengesetzt sind, deren Entwicklungspotenziale stark voneinander abweichen, und lang-fristig das Upgrade aller Netzteile auf ein FTTB/H-Netz unumgänglich ist, müssen Kommunen auch weiterhin, zumindest steuernd, in den Ausbau-prozess eingreifen.

 

Da das Gesamtupgrade nur schrittweise und langfristig erfolgen kann, ist eine frühzeitig möglichst klar festgelegte Strategie unerlässlich zur Koordinierung und Umsetzung verschiedener Einzelmaßnahmen. Nur so kann das Ziel eines flächendeckenden Glasfasernetzes glaubwürdig an-gestrebt werden.

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Peer Welling

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