Was bringt die Revision der Regionalisierungsmittel?

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Autor: Dr. Heiko Schuh

veröffentlicht am 1. Januar 2014

 

  

Dabei kommt ein Ist-Ansatz zur Anwendung, wonach der vertraglich vereinbarte Ausgleich in den Verkehrsverträgen erfasst und auf die folgenden Jahre fortgeschrieben wird. Die Ergebnisse werden voraussichtlich Mitte diesen Jahres vorliegen. Die Neufestsetzung der Regionalisierungsmittel und deren Verteilung auf die Bundesländer ist von zentraler Bedeutung für den SPNV.
 
Die bisherigen Regionalisierungsmittel wurden mit einer Dynamisierungsrate von 1,5 Prozent fortgeschrieben. Vor dem Hintergrund höherer Inflationsraten und stetig gestiegener Infrastrukturentgelte für Trassen und Stationen in den letzten Jahren führte dies zu einer „Entwertung” der Mittelausstattung für den SPNV. Erfreulicherweise sieht nun der Koalitionsvertrag vom 27. November 2013 sowohl eine „substanzielle” Erhöhung der Bundesmittel für die Verkehrsinfrastruktur vor, als auch eine „zügige Einigung mit den Ländern” über die Regionalisierungsmittel. Diese sollen für den „Zeitraum ab 2019 in der Bund- Länder-Finanzkommission auf eine neue Grundlage” gestellt werden. Insoweit kommt dem Gutachten ein wichtiger Beitrag zur Bemessung und Verteilung der Regionalisierungsmittel zu.
 

Was ist die Revision?

Die Aufgaben- und Finanzverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ging in der zweiten Strukturreform ab dem Jahr 1996 vom Bund auf die Länder über (sog. Regionalisierung des SPNV). Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Länder die politische und verkehrliche Verantwortung für den SPNV. Hierzu konnten sie aber nur auf Basis einer vernünftigen Finanzausstattung bereit sein. In Art. 106a GG wurde daher festgelegt, dass den Ländern ab 1996 für den ÖPNV ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zusteht. Die Einzelheiten wurden im Regionalisierungsgesetz von 1993 geregelt, das in den Folgejahren mehrfach geändert wurde. In § 5 Abs. 5 RegG der aktuellen Fassung ist festgelegt, dass für das Jahr 2015 die Neufestsetzung der Höhe der den Ländern zustehenden Regionalisierungsmittel erfolgen soll.
  

Unser Gutachtenauftrag

Die Verkehrsministerkonferenz hat im Oktober 2010 eine gutachterliche Bewertung zur fachlichen Unterstützung der Einschätzung des Bedarfs an Regionalisierungsmitteln ab dem Jahr 2015 beschlossen. Grundlegendes Ziel des Gutachtens zur Revision der Regionalisierungsmittel ist es, eine überzeugende und fachlich belastbare Argumentation der Länder gegenüber dem Bund zur Begründung einer zukunftsgerechten Ausstattung mit Regionalisierungsmitteln zu erarbeiten.
   
In dem vom Arbeitskreis Bahnpolitik (AK Bahnpolitik) an das Beraterkonsortium vergebenen Gutachten ist der Finanzmittelbedarf bei den Regionalisierungsmitteln ab dem Jahr 2015 unter Einbezug der Bestellerentgelte, des finanziellen Bedarfs für die Infrastrukturförderung und der sonstigen Ausgaben zu ermitteln. Von der Regulierungsbehörde akzeptierte Trassen- und Stationsentgeltsysteme einschließlich einer eventuellen Anreizregulierung sind ebenfalls zu berücksichtigen.
 

Inhalte des Gutachtens

Ausgangspunkt des Gutachtens ist eine Ist-Kosten-Analyse der Verkehrsverträge zwischen den Aufgabenträgern bzw. Bestellerorganisationen für den SPNV und den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Im Kern der Erhebung steht die Frage der Datenerfassung. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Daten und den Gutachtern unerlässlich. Die Erfassung erfolgt auf der Grundlage einer Datenbank, über die gleichzeitig die Daten aufbereitet und ausgewertet werden. Dies geschieht über das dafür entwickelte Analyse- und Auswertungstool (Akronym: AnATol).
  
Hinsichtlich der Arbeitsteilung zwischen Auftraggeber und Gutachter werden zwei Ebenen unterschieden:
  • Bei den bestehenden und künftig geplanten SPNV-Leistungen wurde für sinnvoll gehalten, dass die Länder, vertreten durch die Aufgabenträger- bzw. Bestellerorganisationen, die Daten aus den Verkehrsverträgen eigenständig eingeben konnten. Voraussetzung dafür war, die Eingabe mithilfe einer geeigneten Datenstruktur sowie einer möglichst selbsterklärenden Maske vorzustrukturieren und zu standardisieren.
  • Für alle weiteren Verwendungszwecke der Regionalisierungsmittel, wie ÖSPV, Tarifausgleich, Infrastrukturinvestitionen und Sonstiges, erscheint es hilfreich, die Dateneingabe auf den Gutachter zu übertragen.

   

Bevor in der Datenbank mit umfangreichen Analysen begonnen werden kann, ist es notwendig, die Daten anhand von Stichproben oder anderer geeigneter Verfahren durch die Gutachter zu plausibilisieren (Kern der materiellen Prüfung). Die Verträge werden auf ihre typische Logik beziehungsweise auf mögliche Widersprüche hin untersucht. Ergänzende stichprobenartige Analysen beziehen sich auf Detailprüfungen.
  
Regelungen zu Dynamisierungsklauseln werden schon bei der Erfassung der verkehrsvertraglichen Regelungsinhalte im Analysetool angelegt und bei der Ermittlung des Zuschussbedarfs je Verkehrsvertrag einbezogen.
 
Für die Empfehlungen zur zukünftigen Entwicklung werden Modelle entwickelt, die mit ihren vorgeschlagenen Bezugsgrößen, Regelungen und Werten verschiedene „typische” (Erhaltung und dauerhafte Finanzierung des Status quo) Parameter unterscheiden. In die Modellbildung fließen hierzu die konkreten Erkenntnisse insbesondere hinsichtlich der in der Praxis gelebten Dynamisierungsprinzipien aus der Aufbereitung der Verkehrsverträge der Aufgabenträger mit ein, da diese zumindest ein Indiz darstellen, wie bestimmte Preisstandrisiken im Verkehrsmarkt gehandhabt werden können.

   

Ausblick

Besonders relevant erscheint aus derzeitiger Perspektive, die unterschiedlichen Charakteristika der wesentlichen Kostentreiber für die künftig zu erwartenden finanziellen Herausforderungen der Länder bei den Dynamisierungsmodellen mit einzubeziehen. Hier treten die Infrastrukturbenutzungsentgelte besonders hervor. Bislang werden die den Ländern zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel „entwertet”, indem sie zu immer höherem Anteil für Nutzungsentgelte der DB-Infrastrukturunternehmen aufgewendet werden müssen. Dabei liegt die Überlegung nahe, aus Sicht der Länder bei der künftigen Dynamisierungsregelung den Bund mehr in die Pflicht zu nehmen. Insoweit wäre ein Anreiz zu setzen, dass sich der Bund stärker für mehr Effizienz der Infrastrukturbewirtschaftung „seines” Unternehmens engagieren würde und damit im eigenen Interesse dämpfend auf den wichtigsten Kostentreiber des SPNV der vergangenen Jahre einwirken könnte. Die vollständige Abführung des Gewinns der Eisenbahninfrastrukturunternhemen der DB AG an den Bund, den dieser sodann in einen zu schaffenden Infrastrukturfonds zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur einbringt, wäre eine denkbare Option für eine dauerhafte und verlässliche Neugestaltung der öffentlichen Verkehrs(-infrastruktur)-finanzierung.

 

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Jörg Niemann

Diplom-Jurist

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