Sind Sie bereit für die XRechnung? – Es bleiben nur noch wenige Wochen ...

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​veröffentlicht am 7. Oktober 2019

 

Durch die EU-Richtlinie 2014/55/EU werden alle öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichtet, elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können. In Deutschland beschloss der IT-Planungsrat am 22.6.2017, dass öffentliche Auftraggeber zukünftig den Standard XRechnung empfangen und verarbeiten können müssen.

 

Diese gesetzliche Verpflichtung gilt grundsätzlich ab November 2019. Lediglich wenn die öffentlichen Auftraggeber dem Landesrecht unterliegen, haben sie etwas mehr Zeit und müssen die XRechnung erst ab April 2020 verarbeiten können. Für die obersten Bundesbehörden traten die entsprechenden Vorschriften bereits ab dem 27. November 2018 in Kraft.

 

WER IST ÖFFENTLICHER AUFTRAGGEBER?

Nach § 2 Abs. 6 E-Rech-VO sind „subzentrale öffentliche Auftraggeber” alle (sonstigen) öffentlichen Auftraggeber, die keine obersten Bundesbehörden oder Verfassungsorgane
des Bundes sind. Wer der öffentliche Auftraggeber ist, wird dabei im § 99 Nr. 1-4 GWB geregelt. Danach sind öffentliche Auftraggeber:

 

  1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen; hierzu zählen vor allem Länder, Landkreise, Gemeinden und deren Sondervermögen (Beispiele: Kommunen, kommunale Eigenbetriebe oder nicht-rechtsfähige Stiftungen).
  2. Andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
    – sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
    – ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
    – mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind.
  3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen; hierunter fallen z. B. rechtsfähige Verbände, aber auch Kooperationen in Form von Arbeits- oder Einkaufsgemeinschaften.
  4. Natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
  5. Dabei umfasst der Begriff der Errichtung auch Rekonstruktionen, Modernisierungen, Sanierungen, Erweiterungen sowie alle sonstigen baulichen Änderungen.

 

WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT DAS?

Als elektronische Rechnung zählen hier ausdrücklich nicht die weit verbreiteten PDF-Rechnungen, die als Anhang in E-Mails versendet werden. Reine PDF-Dateien, TIF ohne eingebettete strukturierte Daten oder reine bildhafte Darstellungen sind in Zukunft keine elektronischen Rechnungen und erfüllen nicht die Anforderungen, die durch die Europäische Kommission festgelegt worden sind.


Elektronische Rechnungen sind Belege, die in einer strukturierten Form verschickt werden. Als Standard ist das Format XRechnung vorgesehen.


Für die Mitarbeiter ist der größte Unterschied, dass sie Rechnungen nicht mehr mit dem Auge prüfen können, denn es gibt keine bildliche Darstellung mehr. Dafür entfällt auf der anderen Seite der Aufwand für die Verarbeitung der Rechnungen, denn sie müssen nicht erst digitalisiert werden (bereits elektronisch vorhanden) und der Schritt der Validierung kann auch entfallen, denn die Bedeutung jedes einzelnen Feldes in der Rechnung ist eindeutig definiert.


Um elektronische Rechnungen verarbeiten und gleichzeitig die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sicherstellen zu können, wird ein elektronisches Archivsystem sowie ein Workflowsystem zur Prüfung und Freigabe der Rechnungen benötigt. Das Archivsystem muss revisionssicher ausgestaltet sein und die Belege gegen Änderungen und Verlust während der gesamten gesetzlichen Aufbewahrungspflicht schützen.


Auch wenn im November 2019 voraussichtlich noch kaum XRechnungen verschickt werden, besteht dennoch die Pflicht zur Umsetzung. Spätestens ein Jahr darauf sind auch die Lieferanten verpflichtet, ihre Rechnungen an öffentliche Auftraggeber als elektronische Rechnung zu übermitteln.

 

Sofern Sie als öffentlicher Auftraggeber noch kein elektronisches Archiv haben, sollten Sie das Einführungsprojekt zeitnah starten. Ansonsten haben Sie keine Chance, die Einführung bis zum Stichtag rechtzeitig zu beenden. Ein solches Einführungsprojekt sollte nicht unterschätzt werden, da hier viele Faktoren mit einspielen und nicht einfach nur eine Software installiert werden muss. Dies sind z. B.:

  • Definition von Soll-Prozessen
  • Ausschreibung bzw. Auswahl eines Anbieters
  • Aufbau eines Testsystems
  • Entwicklung von Freigabestrategien
  • GoLive
  • Prüfung und Zertifizierung der Revisionssicherheit

Dabei ist jedoch dringend davon abzuraten, den ursprünglichen manuellen Prozess unbesehen und 1:1 in einen digitalen Prozess zu übertragen. Vielmehr sollte die Möglichkeit, bei dem ohnehin unvermeidbaren Wechsel zumindest Zusatznutzen zu erzielen, unbedingt genutzt werden. So bietet beispielswiese ein elektronischer Freigabeprozess in einem Workflow-System deutliche Vorteile gegenüber der klassischen Freigabe:

  • Umfassende Transparenz über den Prozess
  • Beschleunigung der Prozesse durch Wegfall der Transportwege
  • Bessere Möglichkeit Skonti zu ziehen
  • Höhere Sicherheit durch hinterlegtes Berechtigungskonzept statt schwer erkennbarer Freigabezeichen
  • Sicherstellung eines Vier-Augen-Prinzips

Die Digitalisierung sollte daher als Chance genutzt werden, die alten Prozesse zu überdenken und zu überarbeiten. Es ist sinnvoll auf Basis der Ist-Prozesse eine Prozessoptimierung durchzuführen und die Soll-Prozesse an den Möglichkeiten der elektronischen Systeme zu orientieren.


Wie jedes Projekt hat die Einführung elektronischer Archivsysteme seine Herausforderungen und Besonderheiten. Ein angemessenes Projektmanagement und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Fachbereich und IT sind für den Projekterfolg somit unabdingbar. Aufgrund der Fallstricke und der Notwendigkeit der Einhaltung regulatorischer Anforderungen kann das Hinzuziehen von Experten sinnvoll sein. Sofern die Vernichtung von Papierbelegen geplant ist, sollte zwingend eine kritische Prüfung des internen Kontrollsystems und der technischen Umsetzung erfolgen. Eine Prüfung stellt die Rechtskonformität sicher und vermeidet böse Überraschungen im Nachgang. Eine Zertifizierung der Revisionssicherheit kann dabei Haftungsrisiken bei Belegvernichtung reduzieren.

 

WELCHE GESETZLICHEN ANFORDERUNGEN SIND BEI DER UMSETZUNG ZU BEACHTEN?

Die gesetzlichen Anforderungen ergeben sich insbesondere aus den folgenden Grundlagen:

  • §§ 238 – 239 und 257 HGB
  • §§ 145, 146, 147 AO
  • Ggf. KommHV-Doppik (je nach Auftraggeber)
  • Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), BMF-Schreiben vom 11.7.2019 - IV A 4 - S 0316/19/10003
  • Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Einsatz von Informationstechnologie
    (IDW RS FAIT 1) sowie
  • Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Einsatz elektronischer Archivierungsverfahren (IDW RS FAIT 3)

 

Klassischerweise hapert es bei der Umsetzung der Aufbewahrungsfristen. Während die technischen Systeme die Aufbewahrung über den gewünschten Zeitraum problemlos umsetzen könnten, sind die Parameter häufig so eingestellt, dass Dokumente 10 Jahre nach Einspielen in das Archivsystem den Schutzstatus verlieren und somit geändert und gelöscht werden können. Die Aufbewahrung entsprechender Dokumente gilt jedoch für 10 Jahre ab dem 31.12. des jeweiligen Geschäftsjahres, sodass sich bis zu 11 Jahre Aufbewahrungszeit ergeben könnten. Auch gibt es möglicherweise Sonderbelege, beispielsweise vom Zoll, die eine längere Aufbewahrung benötigen. In diesen Fällen kann ggf. auch eine Aufbewahrung der Dokumente im Original sinnvoll sein.


Gern stehen wir Ihnen als Projektmanager zur Seite und helfen Ihnen einen pragmatischen Weg zu finden, um die gesetzlichen Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen.

Kontakt

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Tino Schwabe

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Associate Partner

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Jürgen Schwestka

Diplom-Kaufmann, CISA, Zertifizierter IT-Sicherheitsbeauftragter, Zertifizierter IT-Security-Auditor, IT-Auditor IDW

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