Dauerthema Goodwill-Impairment Test – Änderungen in Sicht!?

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​Von Theresa Menzer, Rödl & Partner Nürnberg

Die Folgebilanzierung des Goodwill führt im Rahmen der Prüfung von IFRS-Konzernabschlüssen nicht selten zu kontroversen Diskussionen zwischen Erstellern und Prüfern. Meist sind diese auf die hohe Komplexität und die ausle­gungs­bedürf­tigen - weil ungenauen - Vorgaben des IAS 36 zurückzuführen. Die Goodwill-Bilanzierung stellt auch eine der in der Vergangenheit mit am häufigsten von der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) identifizierten Fehlerquellen in IFRS-Abschlüssen dar und bildet somit regelmäßig einen Prüfungs­schwerpunkt von DPR und ESMA. Wertminderungen sind in der Realität nur in geringem Maße anzutreffen. Teile der Literatur und Praxis unterstellen daher mittlerweile sogar die Existenz einer „Goodwill-Blase”. Diese spiegelt sich in den kontinuierlich ansteigenden Relationen zwischen Goodwill und Bilanzsumme wider.

Angestoßen durch den im Juni 2015 abgeschlossenen Post-Implementation Review (PIR) zu IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse, könnte die Goodwill-Bilanzierung in Zukunft einige Änderungen erfahren. Der IASB hat mehrere Themenbereiche identifiziert, die in der Praxis regelmäßig zu Problemen bzw. erhöhten Kosten führen und daher auf einen etwaigen Überarbeitungsbedarf hin überprüft werden sollen. Neben der Definition eines Geschäftsbetriebs wurde insbesondere die Folgebewertung des Goodwills als überarbeitungswürdig eingestuft. Der Standardsetzer initiierte aus diesem Grund das Forschungsprojekt Goodwill und Wertminderung, welches die im PIR vorgebrachten Kritikpunkte durch gezielte Anpassungen beheben soll.

I. Grundlagen der gegenwärtigen Goodwill-Bilanzierung

Der derivative Goodwill unterliegt als immaterieller Vermögenswert mit unbestimmter Nutzungsdauer keiner planmäßigen Abschreibung. Stattdessen ist er entsprechend der in IAS 36 kodifizierten Vorgehensweise mindestens einmal jährlich und zusätzlich unterjährig bei Eintritt bestimmter Indikatoren im Rahmen eines Impairment Tests auf Wertminderung zu überprüfen. Nur sofern im Rahmen dieses Tests ein Wert­minderungsbedarf ermittelt wird, kommt es zu einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den Goodwill (sog. Impairment Only Approach):
Goodwill-Impairment.png
Zur Ermittlung eines potenziellen Wertminderungsbedarfs ist der Buchwert der zahlungsmittel­generierenden Einheit (ZGE), auf welche der Goodwill im Erwerbszeitpunkt allokiert wurde, ihrem erzielbaren Betrag gegenüberzustellen. Sofern der Buchwert diesen erzielbaren Betrag übersteigt, ist in Höhe der Differenz eine Wertminderung auf den Goodwill zu erfassen. Der erzielbare Betrag ermittelt sich wiederum als höherer Betrag zweier Wertkonstrukte, dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten und dem Nutzungswert der ZGE. Ersterer ist dabei ein objektivierter Marktpreis, der entweder direkt an einem aktiven Markt beobachtet werden kann oder unter Anwendung anerkannter Bewertungsmethoden bestimmt wird. Letzterer bildet demgegenüber einen unternehmensindividuellen und damit subjektiven Wert, der mittels eines Discounted Cashflow-Verfahrens basierend auf den künftigen Cashflows der ZGE abgeleitet wird. Die Berechnung des Nutzungswerts, der in der Praxis in der Regel dem Impairment Test zugrunde gelegt wird, unterliegt mehreren Restriktionen. Beispielsweise dürfen weder steuerliche oder finanzierungsbedingte Effekte, noch Erweiterungs- oder Restrukturierungsinvestitionen in die Cashflows eingehen. Zur Diskontierung der Cashflows ist außerdem ein risikoadäquater Vorsteuerzins heranzuziehen.

II. Erkenntnisse aus dem PIR

Die Stellungnahmen im Rahmen des PIR zu IFRS 3 verdeutlichten erneut die gemischten Ansichten zur Goodwill-Bilanzierung. Befürworter der gegenwärtigen Bilanzierungsweise verwiesen insbesondere auf die:
  • erhöhte Wertrelevanz der Informationen im Vergleich zur planmäßigen Abschreibung;
  • verbesserte Möglichkeit zur Beurteilung der Managementleistung des vergangenen Geschäftsjahres;
  • Unmöglichkeit der Schätzung einer Nutzungsdauer des Goodwills und der daraus resultierenden Willkürlichkeit der planmäßigen Abschreibung.

Die Kritikpunkte der Gegner des Impairment Only betreffen vor allem die:
  • oftmals mit Verzögerung erfassten Wertminderungen aufgrund umfangreicher Ermessensspielräume bei Goodwill-Allokation und Ermittlung des erzielbaren Betrags;
  • mit dem Impairment Only Approach implizit verbundene Möglichkeit einer Aktivierung des nicht bilanzierungsfähigen originären Goodwill;
  • hohen Kosten, die mit der jährlichen Durchführung des Impairment Tests einhergehen.


Neben Weiterentwicklungen und Verbesserungen der aktuellen Regelungen des IAS 36 wurde von einer Reihe von Teilnehmern am PIR sogar eine grundsätzliche Abkehr vom Impairment Only Approach und die Wiedereinführung der planmäßigen Goodwill-Abschreibung gefordert.

III. Im Forschungsprojekt diskutierte Änderungen

Der IASB untersucht im Rahmen seines Forschungsprojekts aktuell drei verschiedene Folgebewertungsmodelle für die Goodwill-Bilanzierung:
  1. Kombiniertes Modell aus planmäßiger Abschreibung und Impairment Test;
  2. Unmittelbare erfolgswirksame bzw. -neutrale Erfassung eines Goodwill im Erwerbszeitpunkt;
  3. Beibehaltung und Weiterentwicklung sowie Vereinfachung des Impairment Only Approach.

Derzeit scheint der IASB die letztgenannte Variante zu präferieren. Diese Tendenz lässt sich damit begründen, dass nach den aus dem PIR gewonnenen Erkenntnissen der Impairment Only Approach überwiegend aus Kostengründen - nicht jedoch wegen konzeptioneller Mängel - abgelehnt wird. Neue Aspekte und Argumente in der fortwährenden Diskussion über die Goodwill-Bilanzierung konnte der IASB nicht ausmachen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden deshalb verschiedene Anpassungen der gegenwärtigen Bilanzierungs­vorschriften vorgeschlagen. Diese sollen die im PIR identifizierten Mängel beheben, aber gleichzeitig die Vorteile des Impairment Only Approachs, insbesondere dessen Wertrelevanz, erhalten.
 

Zur Vereinfachung und damit zur Senkung der mit dem jährlichen Impairment Test verbundenen Kosten, wurden bisher folgende Optionen erarbeitet, die auch kumulativ umgesetzt werden könnten:
  • Ermittlung des erzielbaren Betrags nur noch durch Berechnung des beizulegenden Zeitwerts abzüglich Veräußerungskosten oder des Nutzungswerts, nicht aber beider Werte;
  • Durchführung des Impairment Tests ausschließlich bei Existenz eines Wertminderungsindikators erforderlich;
  • Erleichterung bei der Ermittlung von Nutzungswert und Zinssatz;
  • Bereitstellen erweiterter Leitlinien zur Unterstützung der Anwender bei der sachgemäßen Goodwill-Allokation.

 

Ferner wird mit dem sog. „Pre-acquisition headroom approach” ein Modell diskutiert, das die Problematik einer verzögerten Erfassung von Wertminderungen aufgrund eines bereits im Erwerbszeitpunkt vorhandenen „Saldierungskissens” („Pre-acquisition headroom”) reduzieren bzw. beseitigen soll. Dieses resultiert aus der Allokation des Goodwills auf ertragsstarke ZGEs, deren erzielbarer Betrag wegen ihres hohen, nicht aktivierungsfähigen originären Goodwills den Buchwert zumeist deutlich übersteigt. Somit können negative Entwicklungen, die den derivativen Goodwill betreffen, innerhalb einer solchen ZGE durch gegenläufige positive Effekte, die dem originären Goodwill zuzuordnen sind, kompensiert werden. Anwender sollen deshalb zukünftig im Erwerbszeitpunkt das Saldierungskissen einer ZGE ermitteln und bei der Durchführung des Impairment-Tests berücksichtigen. Auf diese Weise könnte nach Ansicht des IASB ein Puffereffekt vermieden und der Problematik einer nur mit Verzögerung erfolgenden Wertminderung in den ersten Jahren nach dem Unternehmenszusammenschluss begegnet werden. In diesem Zusammenhang sind derzeit noch mehrere offene Fragen zu klären, die insbesondere die Behandlung des „Pre-acquisition headroom” in Folgeperioden betreffen.

IV. Zusammenfassung und Ausblick

Als Folge des PIR zu IFRS 3 und des sich anschließenden Forschungsprojekts zur Goodwill-Bilanzierung werden gegenwärtig Änderungen bezüglich der Goodwill-Folgebewertung diskutiert. Zwar prüft der IASB grundsätzlich auch eine generelle Abkehr vom derzeitigen Impairment Only Approach sowie die Wiedereinführung eines kombinierten Modells aus planmäßiger Abschreibung und Impairment Test. Jedoch liegt der Fokus des IASB mittlerweile auf einer partiellen Weiterentwicklung und Verbesserung der bestehenden Regelungen. Die diesbezüglich vorgebrachten Optionen zielen insbesondere auf eine Kosten- und Komplexitätsreduktion für Anwender ab, da sich diese im PIR als wesentliche Kritikpunkte des Impairment Only Approach heraus­kristallisierten. Insbesondere die avisierten Vereinfachungen bei der Ermittlung des erzielbaren Betrags und des Zinssatzes wären aus Sicht der Anwender zu begrüßen. Neben einer Reduktion von Komplexität und Kosten ginge hiermit ebenso eine verminderte Fehleranfälligkeit der Goodwill-Bilanzierung einher. Allerdings wären durch die Vereinfachungen unter Umständen sogar erweiterte Ermessensspielräume, z.B. im Hinblick auf die Effekte von Erweiterungsinvestitionen, verbunden. Die Bedenken hinsichtlich überhöhter Goodwill-Buchwerte dürften deshalb wohl weiterhin bestehen bleiben. Ob und zu welchem Zeitpunkt die diskutierten Änderungen realisiert werden, ist derzeit unklar. Aktuell führt der IASB weitergehende Analysen im Rahmen des Forschungsprojekts durch. Mit ersten Entscheidungen zum weiteren Projektverlauf kann erst in ungefähr einem halben Jahr gerechnet werden. Wir halten Sie hierüber selbstverständlich auf dem Laufenden.

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