Branchenübliche Klausel in Architektenverträgen ist unwirksam

PrintMailRate-it

BGH, Urteil vom 29. April 2021, Az.: I ZR 193/20

Eine Klausel, die es einem Architekten uneingeschränkt erlaubt auch nach Beendigung des Vertrags das Bauwerk zu betreten, um Aufnahmen zu fertigen, ist unwirksam.

 
Im Jahr 2013 schlossen die Parteien einen Architektenvertrag betreffend den Umbau eines Wohnhauses. In Ziffer 11.2 des Vertrages hieß es: „Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags – das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.” Nachdem der Bauherr im August 2018 dem Architekten die erbetene Erlaubnis zum Betreten des Hauses verweigerte, machte der Architekt sein Begehren vor dem Amtsgericht geltend. Dieses gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. In der Revision vor dem BGH erstrebte der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

  
Der BGH schloss sich allerdings der Meinung der Berufungsinstanz an. Nach seiner Ansicht ergibt sich ein Anspruch auf Duldung des Betretens und Fotografierens des Gebäudes des Beklagten weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Architektenvertrag noch aus § 25 Abs. 1 UrhG. Die in Ziffer 11.2 aufgenommene Klausel des Vertrags stelle eine vom Kläger vorformulierte Klausel und somit eine allgemeine Geschäftsbedingung dar und sei aufgrund § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den Vertragspartner unangemessen benachteilige. Aus dem Wortlaut der Klausel gehe nicht hervor, ob das zugesprochene Betretungsrecht des Klägers irgendwelchen Beschränkungen wie etwa einer zeitliche Frist oder einer zahlenmäßige Beschränkung unterliegt. Auch aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers ergebe sich keine einschränkende Auslegung. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass die Klausel ein beliebiges, geradezu uferlos häufiges Betreten zulässt. Eine solch weitreichende Auslegung stelle aber eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten dar und sei somit unwirksam. Zwar nehme die Klausel insoweit Rücksicht auf die Rechte des Beklagten, dass ein Betreten des Klägers nur in Abstimmung mit dem Beklagten erfolgen könne. Dies ermögliche dem Beklagten Einfluss auf den Zeitpunkt des Betretens zu nehmen und durch etwaige Maßnahmen den Eingriff in seine Rechte zu verringern. Es bliebe ihm aber letztendlich keine Möglichkeit das Betreten des Klägers insgesamt zu verhindern.

 
Auch aus § 25 Abs.1 UrhG ließe sich kein Anspruch des Klägers auf Duldung des Betretens des Gebäudes ableiten. Das Urhebergesetz schütze Werkschöpfungen, die eine Ausdrucksform gefunden haben, die durch die menschlichen Sinne unmittelbar oder mittelbar wahrgenommen werden kann. Die Berechnung der Statik, die Planung der technischen Gebäudeausrüstung und die Überwachung der Bauarbeiten fielen demzufolge nicht unter den geschützten Werkbegriff. Erforderlich hierfür sei vielmehr eine persönliche geistige Schöpfung hinsichtlich der Ästhetik des Inneren des Gebäudes, welche sich von der Masse des Gewöhnlichen abhebt. Vorliegend läge zwar eine großzügige Gestaltung der Innenräume vor, welche maßgebend auf die Planung des Klägers zurückzuführen sei. Es läge aber keine herausragende Schöpfung vor, die sich genügend von üblichen Gestaltungen unterscheide.

 

Fazit:

Da eine Klausel wie die Ausgeführte in so gut wie jedem Architektenvertrag vorzufinden ist, ist diese Entscheidung richtungsweisend. Es wird aber wohl noch einige Zeit dauern, bis die Unwirksamkeit solcher Klauseln allen Architekten bekannt ist. Bis dahin wird man – bei Verweigerung des Zutritts – damit rechnen müssen, dass der ein oder andere Architekt sein Begehren gerichtlich einklagt.

Kontakt

Contact Person Picture

Harald Reitze, LL.M.

Rechtsanwalt, Attorney at Law (New York)

Partner

+49 911 9193 1325

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Johannes Gruber

Rechtsanwalt

Associate Partner

+49 911 9193 1308

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Partner

+49 911 9193 3579

Anfrage senden

Profil

wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu