Zum Schriftformerfordernis bei kurzfristigen Mietvertragsänderungen

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BGH, Beschluss vom 15. September 2021, Az.: XII ZR 60/20

Eine Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen bedarf nur der Schriftform, wenn sie länger als ein Jahr gelten soll.

 
Die Parteien stritten um eine Kündigung aufgrund eines vermeintlichen Formmangels aufgrund von nicht schriftlich gefassten Vertragsänderungen in einem Gewerbemietvertrag. Die Vermieterin nutzte den vermeintlichen Mangel um der Mieterin zu kündigen. Der Räumungsrechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.

 
Im Rahmen der Klärung der Kostenfrage entschied der BGH mit vorliegendem Beschluss zur eigentlichen Problematik, dass die die Räumungsklage betreibende Vermieterin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, da ihre Räumungsklage nicht erfolgreich gewesen wäre. Die Schriftform sei durch die Vertragsänderungen nicht zerstört worden. Der Gesetzgeber verfolge mit dem Schriftformerfordernis das Ziel, einem Erwerber von Grundstücken die Prüfung von längerfristigen Bindungen, welche aus dem Grundstückskauf erwachsen durch eine prüfbare Dokumentation zu ermöglichen, sowie auch die Vertragsparteien davor zu schützen, unbedacht langfristige Bindungen einzugehen. Dabei kann für die Langfristigkeit auf die in § 550 BGB angegebene Zeitspanne von einem Jahr abgestellt werden. Hält sich eine Vertragsänderung nun innerhalb dieser Ein-Jahres-Zeitspanne, so besteht für einen potentiellen Erwerber sowie für die Vertragsparteien keine Gefahr der Verletzung vorgenannter Schutzzwecke. Eine Bindung über die im Gesetz als „langfristig” festgelegte Zeitspanne von einem Jahr kann gerade nicht eintreten.

 
Problematisch könnte man noch mehrere aufeinanderfolgende Abreden sehen, welche den gleichen oder einen ähnlichen Gegenstand haben und jeweils für sich gesehen eine geringere Geltungsdauer als ein Jahr haben, kumulativ jedoch über ein Jahr lang gelten. Dies war auch im vorliegenden Fall gegeben, da hier zwei Mietminderungen – jeweils kürzer als ein Jahr – insgesamt einen Zeitraum von 15 Monaten abdeckten. Der BGH entschied, dass auch in diesem Fall keine Unwirksamkeit wegen Schriftformmangels in Frage komme. Dies begründete er damit, dass eine langfristige Bindung eines potentiellen Erwerbers sowie der Vertragsparteien nur auf jeweils geltende Abreden im Einzelfall bezogen eintreten kann.

 

Fazit:

Die grundsätzlich sehr strenge Auslegung des Schriftformerfordernisses durch den BGH und die damit einhergehenden Kündigungen aufgrund von Schriftformmängeln bei nachträglichen Vertragsvereinbarungen wird durch die diesem Beschluss zugrundeliegende Rechtsauffassung leicht eingedämmt. Praktisch relevant dürfte dies insbesondere bei zahlreichen kurzfristigen Mietminderungsvereinbarungen in Zeiten der Covid-19 Pandemie werden. Es ist zu erwarten, dass einige Vermieter entsprechende, nicht schriftlich geschlossene Vereinbarungen zum Anlass nehmen könnten, um eine Kündigung ihrer Mieter vorzunehmen. Dies dürfte nun nicht mehr zum Erfolg führen und derartige Kündigungen einschränken.

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