Vorzeitige Kündigung eines Mietverhältnisses durch Studenten

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AG Kehl, Urteil vom 4. Januar 2022, Az.: 4 C 158/21

Ein auf Zeit geschlossener Mietvertrag in einem Studentenwohnheim kann auch dann nicht vorzeitig ordentlich gekündigt werden, wenn das Studium beendet wird.


Vorliegend hat der Beklagte, der Student einer Hochschule war, einen zeitlich befristeten Mietvertrag mit der Klägerin abgeschlossen. Der Beklagte erklärte aber bereits vor Zeitablauf die Kündigung, da er sein Studium krankheitsbedingt aufgegeben hat und somit keinen Nutzungsgrund für die Wohnung hatte. Streitig hierbei war, ob das Mietobjekt Teil eines Studentenwohnheimes war und dadurch gem. § 549 Abs. 3 BGB Zeitraumwohnmietverträge ohne eine besondere Begründung geschlossen werden können und ob die Erkrankung des Mieters zu einer Kündigungsmöglichkeit aus wichtigen Grund führt. Das Mietobjekt war ein bereits möbliertes Zimmer zu welchem zusätzlich zur gemeinsamen Benutzung Flur, Küche und Bad bereitgestellt werden. Das Gebäude an sich wird und wurde in der Vergangenheit nur an Studenten vermietet und auch als sog. Studenten WG beworben. Zudem wurden die Mieter nach dem Prinzip „wer zuerst kommt, gewinnt” ausgewählt, solange diese eine Immatrikulationsbescheinigung vorlegen konnten.


Das AG verurteilte den Beklagten zur Zahlung der bis zum Ablauf des Mietvertrages fällig werdenden Mietkosten und stufte das vermietete Gebäude somit als Studentenwohnheim ein. Es folgt dabei den vom BGH aufgestellten Grundsätzen, unter welchen Voraussetzungen ein Wohngebäude als Studentenwohnheim zu qualifizieren ist (BGH, Urt. v. 13. Juni 2012, Az.: VIII ZR 92/11). Danach muss, damit der vom Gesetzgeber gewollte zügige Bewohnerwechsel erreicht wird, ein solches Belegungskonzept praktiziert werden, welches an studentischen Belangen ausgerichtet ist und eine Rotation der Wohnheimplätze nach abstrakt generellen Prinzipien vorsieht. Um das zu gewährleisten muss die Dauer des Mietverhältnisses im Regelfall zeitlich begrenzt werden und darf nicht den Zufälligkeiten der studentischen Lebensplanung oder dem eigenen freien Belieben des Vermieters überlassen bleiben. Ein solches Rotationskonzept des Vermieters muss sich dabei aus Rechtsnormen, entsprechender Selbstbindung oder jedenfalls einer konstanten tatsächlichen Übung ergeben. Folglich kommt es für die Klassifizierung als Wohnheim nicht darauf an, ob das Gebäude baulich dafür bestimmt ist, Studenten o.ä. unterzubringen, sondern nur auf eine Zweckbindung des Gebäudes als Wohnheim. Konkretisiert bedeutet das, dass einerseits der Vermieter die Mieter nicht nach subjektiven Kriterien, persönlichen Eigenschaften oder wirtschaftlicher Verhältnisse auswählen darf und andererseits an die objektiv-generellen Kriterien durch eine hinreichende Selbstbindung gebunden ist, wobei letzteres sich allein aus der Dokumentation eines Belegungskonzepts ergibt. Laut dem Amtsgericht ist ein „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst Prinzip” ausreichend für die Annahme eines abstrakt-generelles System, da es den regelmäßigen Bewohnerwechsel sichert und den Interessen der Studenten dient. Man kann von einer konstanten Übung auch ohne interne Satzung ausgehen, wenn dies über einen hinreichenden Zeitraum tatsächlich in der Form ausgeführt wurde, was in diesem Fall bei einer Dauer von 23 Jahren unproblematisch der Fall war.


Des Weiteren berechtigt die Beendigung des Studiums den Mieter – selbst bei einer Studentenwohnung – nicht zur Kündigung aus wichtigen Grund, da das Nutzungsrisiko nur durch den Mieter getragen wird. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die Corona-Regelungen, die keine weitergehenden Kündigungsmöglichkeiten geschaffen haben.

 

Fazit:

Gerade bei der Vermietung von Wohnraum für Studenten, auf welche nicht alle gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die der Begründung des Zeitmietvertrages, gelten sollen, muss ein Rotationssystem festgelegt werden, welches am besten in einer Satzung verankert wird. 

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