§ 566 BGB bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer?

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veröffentlicht am  26.04.2022 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

BGH, Urteil vom 27. Oktober 2021, Az.: XII ZR 84/20

§ 566 BGB ist nicht analog anwendbar, wenn der Abschluss des Mietvertrages nicht im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers lag.

 
Die Klägerin nimmt den beklagten Mieter auf Herausgabe eines Grundstücks in Anspruch. Der Beklagte schloss am 18. Januar 2008 mit der S-GmbH (Vermieterin) über dieses Grundstück einen Mietvertrag. Nach § 3 des Vertrages endete das Mietverhältnis am 31. Dezember 2016, wobei es sich um zehn Jahre verlängert, wenn nicht unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres schriftlich gekündigt wird. Eigentümerin des Grundstücks war ursprünglich die H-GmbH. Mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Juli 1995 erwarb eine Projekt-GmbH (spätere Veräußerin) das Grundstück. Am 20. Juni 2008 erwarb die Klägerin von der Projekt-GmbH das streitgegenständliche Grundstück. Die Klägerin wies den Beklagten auf den Erwerb hin und darauf, dass künftige Mietzahlungen an sie erfolgen sollen, was ab 2009 so geschehen ist. Anfang 2017 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2017 und verlangte die Herausgabe des Mietobjekts. Das AG gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies sie mit der Begründung ab, die Klägerin sei gem. § 566 BGB analog in das Mietverhältnis eingetreten. Aus diesem Grund hätte die Klägerin kein ordentliches Kündigungsrecht, da der Vertrag eine Festlaufzeit vorsah. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

 
Nach dem BGH ist die Klägerin nicht in das Mietverhältnis eingetreten. Das zwischen ihr und dem Mieter jedoch konkludent vereinbarte Mietverhältnis konnte sie ordentlich kündigen, da mangels Schriftform der Mietvertrag gem. § 550 BGB auf unbestimmte Zeit geschlossen galt. § 566 BGB ist nicht direkt anwendbar, da dieser nach dem Wortlaut Personenidentität zwischen Veräußerer und Vermieter voraussetzt. Hier war Vermieterin die S-GmbH und veräußert hat die Projekt-Gesellschaft. § 566 BGB ist im vorliegenden Fall auch nicht analog anwendbar, da eine vergleichbare Interessenlage nicht vorliegt. Orientiert am Sinn und Zweck des § 566 BGB ist eine vergleichbare Interessenlage anzunehmen, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung des Eigentümers und in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und der Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat. Nur dann kann der Eigentümer bei wirtschaftlicher Betrachtung als Vermieter angesehen werden, womit es gerechtfertigt ist, dass er den von einem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag gegen sich gelten lassen muss und er sein Eigentum nur mit einem Mietvertrag belastet veräußern kann, an dessen Abschluss er nicht selbst beteiligt war. Im vorliegenden Fall lag die Vermietung jedoch nicht im alleinigen wirtschaftlichen Interesse der Projekt-Gesellschaft als veräußernde Eigentümerin. Sie hatte die S-GmbH weder mit der Vermietung der Flächen beauftragt, noch hat sie überhaupt in die Vermietung an den Beklagten eingewilligt. Ihr flossen während der gesamten Mietzeit keine Mietzahlungen zu.

 

Fazit:

Die Folge der Nichtanwendbarkeit des § 566 BGB wird an dieser Entscheidung deutlich: Der konkludent geschlossene Mietvertrag gilt nach § 550 BGB auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist ordentlich kündbar. Aufgrund dieser insbesondere wirtschaftlich bedeutsamen Folge, muss § 566 BGB bei jeder Transaktion im Blick behalten und notfalls mit einer vertraglichen Vertragsübernahme gearbeitet werden.

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