Kein Verbraucherbauvertrag bei einzelnen Gewerken eines Neubauvorhabens

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veröffentlicht am  23.05.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 16. März 2023, Az.: VII ZR 94/22

Ein Verbraucherbauvertrages liegt nicht vor, wenn sich der Unternehmer lediglich zur Erbringung eines einzelnen Gewerks am Neubau verpflichtet.


Die beklagten Eheleute ließen als private Bauherren einen Neubau errichten und vergaben die erforderlichen Gewerke nicht an einen Generalunternehmer, sondern an einzelne Bauunternehmer. Die Klägerin wurde von den Beklagten im August 2018 mit er Erbringung von Innen- und Außenputzarbeiten beauftragt, welche die Klägerin auf Einheitspreisbasis von November 2018 bis Januar 2019 erbrachte. Auf Abschlagsrechnungen in Höhe von EUR 29.574,80, leisteten die Beklagten lediglich Zahlung in Höhe von EUR 20.337,61. Nachdem die Klägerin zunächst unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung des noch offenen Rechnungsbetrages aufforderte, verlangte sie im Sinne von § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB anschließend eine Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 9.880,05 (sogenannte Bauhandwerkersicherung). Der Klage auf Sicherheitsleistung hat das Landgericht zunächst stattgegeben, wogegen sich die Beklagten jedoch mit der Berufung wandten. Nachdem die Beklagten den geforderten Betrag in Höhe von EUR 9.880,05 gezahlt hatten, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Dem widersprachen jedoch die Beklagten. Das Oberlandesgericht wies sodann die nunmehrige Klage auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache mit der Begründung ab, der Anspruch auf Sicherheitsleistung sei von Anfang an unbegründet gewesen, es liege auch bei der gewerkeweisen Vergabe von Bauleistungen ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1 Fall 1 BGB vor, sodass der Ausnahmetatbestand des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 BGB dem Anspruch auf Sicherheitsleistung entgegenstehe. Die Klägerin legte daraufhin Revision zum Bundesgerichtshof ein.


Der BGH hat nun entschieden, dass die Parteien im vorliegenden Fall keinen Verbraucherbauvertrag geschlossen haben. Er stellt damit klar, dass § 650i BGB dem Wortlaut nach den Bau eines neuen Gebäudes durch den beauftragten Werkunternehmer voraussetzt und es somit nicht ausreicht, wenn nur einzelne Gewerke übernommen werden. In diesem Punkt unterscheidet sich die Vorschrift über den Verbraucherbauvertrag insbesondere zum gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB, der ausdrücklich auch die Herstellung eines Bauwerks oder eines Teils davon erfasst. Der Gesetzgeber hat bei der Definition des Verbraucherbauvertrags gem. § 650i BGB bewusst eine klare und eigenständige Terminologie gewählt, nach der sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet haben muss und eben nicht nur zur Herstellung eines Teils davon. Hierfür spricht auch, dass sich der Unternehmer bei Abschluss eines Verbraucherbauvertrags verpflichtet, dem Verbraucher eine Baubeschreibung zur Verfügung zu stellen, die mindestens unter anderem Pläne mit Raum- und Flächenangaben sowie Ansichten, Grundrisse und Schnitte enthalten muss.


Der Gedanke, dass auch die gewerkeweise vergebenen Leistungen im Rahmen eines Neubaus denselben Vorschriften zu unterwerfen sind, wie die Verpflichtung zum Neubau an sich, hat im Gesetz schlicht keine Umsetzung gefunden. Im Rahmen der Rechtssicherheit muss auch der Unternehmer erkennen können, ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn im Vorfeld eines Vertrages aufgrund des Verbraucherschutzes treffen, so dass eine Erweiterung des Begriffs des Verbraucherbauvertrags hier, im Hinblick auf das Gebot der Rechtsklarheit, verboten ist.
 

Fazit:

Bei der Übernahme lediglich einzelner Gewerke verneint der BGH beim privaten Hausbau das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrags nach § 650i BGB und klärt damit eine bislang umstrittene Frage im Bereich des privaten Baurechts. Mangels planwidriger Gesetzeslücke findet der Ausnahmetatbestand des § 650f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 Fall 1 BGB demnach auch keine analoge Anwendung auf Verträge über einzelne Gewerke. Die Klägerin hatte somit einen Anspruch auf die geforderte Bauhandwerkersicherung.

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