Wohnungseigentümer haftet trotz Anspruch auf Gestattung

PrintMailRate-it
​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 1.7.2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 21. März 2025, Az.: V ZR 1/24

Ohne vorherigen Gestattungsbeschluss der Eigentümergemeinschaft haften Wohnungseigentümer für bauliche Maßnahmen ihrer Pächter am gemeinschaftlichen Eigentum – unabhängig davon, ob ein etwaiger Gestattungsanspruch besteht.

Im streitgegenständlichen Fall verpachtete eine Wohnungseigentümerin eine​ Gewerbeeinheit. In der Absicht, die vormals als Restaurant genutzten Räume in eine Shisha-Bar umzuwandeln, ließen die Pächter zur Installation einer Lüftungsanlage insbesondere die Deckenplatte sowie die Fassade mehrfach durchbohren. Aufforderungen der Hausverwaltung, jegliche Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum zu unterlassen, blieben ohne Erfolg. Da die Wohnungseigentumsgemeinschaft diese Maßnahmen zuvor nicht gestattet hatte, beschloss sie im Oktober 2021 erstmals formell, von der Eigentümerin als Vermieterin der Einheit die Beseitigung der baulichen Änderungen zu verlangen. Die Eigentümerin blieb ebenso untätig, wie ihre Pächter, woraufhin die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klage erhob und in allen drei Instanzen obsiegte.

Der BGH stellte eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung fest und bejahte einen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB. Laut BGH ist die Eigentümerin dabei als mittelbare Handlungsstörerin verantwortlich, da sie Kenntnis von den baulichen Veränderungen hatte und es ihr möglich und zumutbar gewesen wäre, diese zu unterbinden. Dass die Eigentümerin gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft möglicherweise einen Anspruch auf Gestattung gemäß § 20 Abs. 3 WEG gehabt hätte, hielt der BGH für unerheblich. Grund hierfür – so der BGH –​ ist der Sinn und Zweck von § 20 Abs. 3 WEG, der zwingend einen vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt und eine eigenmächtige Umsetzung baulicher Maßnahmen durch die Wohnungseigentümer ausschließt. Anderenfalls würde die in § 20 Abs. 3 WEG gesetzlich vorgesehene Verfahrensabfolge konterkariert und der gesetzlich geforderte Beschlusszwang unterlaufen.

Zwar gewährt das Gesetz dem einzelnen Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Gestattung gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, jedoch stellt dieser keine die Durchsetzbarkeit des Beseitigungsanspruchs hindernde Einrede gemäß § 242 BGB dar. Wird der Gestattungsbeschluss verweigert, ist der Anspruch im Wege einer Beschlussersetzungsklage gerichtlich durchzusetzen. Im konkreten Fall hätte die Eigentümerin eine solche Klage bereits in erster Instanz im Wege der Widerklage erheben müssen. Die im Berufungsverfahren sodann nachgeholte Klage war verspätet.

Fazit

Das Urteil bestätigt die zwingende Beschlussfassungspflicht bei baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Auch bei potenziell gestattungsfähigen Maßnahmen dürfen Wohnungseigentümer nicht eigenmächtig handeln. Eine Gestattung kann nur auf dem vorgesehenen Weg – durch Beschluss oder dessen gerichtliche Ersetzung – erlangt werden. Als Wohnungseigentümer empfiehlt es sich, Eingriffe ihrer Mieter oder Pächter in das Gemeinschaftseigentum sorgfältig zu überwachen. Unterlassen sie zumutbare Abwehrmaßnahmen, haften sie selbst als mittelbare Handlungsstörer.

aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Harald Reitze, LL.M.

Rechtsanwalt, Attorney at Law (New York)

Partner

+49 911 9193 1325

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Johannes Gruber

Rechtsanwalt

Associate Partner

+49 911 9193 1308

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Andreas Griebel

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Partner

+49 911 9193 3579

Anfrage senden

Profil

wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu