Fehlender Kantinenbetrieb rechtfertigt fristlose Kündigung

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29.7.2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

OLG München, Urteil vom 13. Januar 2025, Az.: 32 U 3042/24​

Der fehlende Kantinenbetrieb kann bei vertraglicher Vereinbarung eine fristlose Kündigung des Gewerberaummietvertrags rechtfertigen.

Ein Unternehmen in München mietete ca. 9.242 qm Büro- und Nebenflächen an. Besonders wichtig war der Mieterin dabei, dass es einen Kantinenbetrieb für die Mitarbeiter gibt. Die Bedeutung der Kantine wurde bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses in den Vertragsverhandlungen ausdrücklich betont. Außerhalb der von der Mieterin angemieteten Bürofläche – jedoch im selben Gebäude – befand sich auch eine im Eigentum der Vermieterin stehende Kantinenfläche, die infolge der Corona-Pandemie nicht betrieben wurde. Nach langen Verhandlungen wurde zwischen den Parteien schließlich vertraglich vereinbart, dass die Vermieterin des Gewerberaums insbesondere für die Dauer des Mietverhältnisses den Kantinenbetrieb im Gebäude aufrechterhält und der Mieterin eine Nutzungsmöglichkeit der Kantine zur täglichen und abwechslungsreichen gastronomischen Versorgung der Mitarbeiter der Mieterin zusichert. Trotz vertraglicher Vereinbarung wurde die Kantine durch die Vermieterin jedoch nicht betrieben. Stattdessen wurden Food-Trucks aufgestellt. Da dies der Mieterin als Ersatz nicht ausreichte, kündigte sie den Mietvertrag fristlos.

Das Oberlandesgericht stellte nun die Wirksamkeit der Kündigung fest. Es liege ein typengemischter Vertrag vor: In Bezug auf die Büroflächen handele es sich um einen Gewerberaummietvertrag, in Bezug auf die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht der Kantine liege ein Dienstvertrag vor. Die Vermieterin berief sich im Prozess auf die Unwirksamkeit der Kündigung. Begründet wurde dies damit, dass die Mieterin die Kündigung auf den dienstvertraglichen Teil des Gesamtvertrags stütze, sodass die mietrechtliche Norm des § 543 BGB keine Anwendung finde. Das Oberlandesgericht sah dies anders und stützte sich auf die Schwerpunkttheorie. Nach dieser richtet sich das Kündigungsrecht nach den Normen, die den Schwerpunkt des Gesamtvertrags bilden. Im vorliegenden Fall sei der Schwerpunkt des Vertrags in der Gewerberaummiete zu sehen, da die Betriebspflicht der Kantine nur einen Teil des Gesamtvertrags ausmache, weswegen die mietrechtlichen Normen auf den gesamten Vertrag anzuwenden seien.

Die fristlose Kündigung der Mieterin nach § 543 BGB ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts auch wirksam, da der Kantinenbetrieb für die Mieterin erkennbar wichtig war, sodass der Vertragsbruch schwerwiegend und eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar war. Das Aufstellen von Food-Trucks ändere hieran nichts. Der Mietvertrag regle zwar, dass die Betriebspflicht der Kantine eingeschränkt oder vorübergehend ausgesetzt ist, wenn der Betrieb aus nicht von der Vermieterin zu vertretenden Gründen nicht möglich, nicht zumutbar bzw. nicht zulässig (z. B. aufgrund von Corona-Maßnahmen) ist. Nach Auffassung des Gerichts waren die vertraglich vorgesehenen Ausnahmetatbestände – insbesondere Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit – jedoch nicht erfüllt. Wirtschaftliche Gründe oder fehlende Rentabilität seien keine hinreichenden Rechtfertigungen, um die vertraglich übernommene Pflicht zur Kantinenbetreibung dauerhaft auszusetzen. Zudem sei die erhebliche Bedeutung der Kantinenversorgung bereits bei Vertragsschluss offenkundig und für die Vermieterin erkennbar gewesen, etwa durch ausdrückliche Verhandlungen und entsprechende Regelung im Mietvertragstext. Auch stellten Food-Trucks nach Ansicht des Oberlandesgerichts aufgrund ihres begrenzten Speisenangebots, der fehlenden Möglichkeit zur Einnahme der Speisen vor Ort während der kühlen Jahreszeit sowie der fehlenden Vergleichbarkeit mit einer Kantine als Aufenthalts- und Sozialraum keine angemessene und gleichwertige Ersatzversorgung dar.

Fazit

Das Urteil des Oberlandesgerichts München verdeutlicht, dass die Nichterfüllung vertraglich zugesagter Zusatzleistungen eine fristlose Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen kann – selbst, wenn diese nicht den mietrechtlichen Teil betreffen. Voraussetzung ist eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine Fortsetzung des Vertrags unzumutbar macht. Vermieter sollten solche Leistungen ernst nehmen, insbesondere wenn ihre besondere Bedeutung bei Vertragsschluss erkennbar war. Ob eine Kündigung berechtigt ist, hängt stets vom Einzelfall ab.

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