Der richtige Ansatz im Haushaltskonsolidierungsprozess – managen oder führen?

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Von Heiko Pech
 
Managementinstrumente, so die Hoffnung, sollen einen Beitrag dazu leisten, Kostenanstiege zu reduzieren. Allerdings können diese Instrumente, und das sei vorweggenommen, kaum Wirkung entfalten, wenn sie nicht Bestandteil eines schlüssigen Managementansatzes sind. Die Umsetzung eines Managementansatzes ist ein möglicher Weg, zu dem es aber auch eine Option gibt, die da lautet: Mehr Führung weniger Management.
 

Management der Erziehungshilfen

Zur kontinuierlichen Steuerung von Hilfen zur Erziehung stehen verschiedene Optionen zur Wahl. Ein insbesondere in der betriebswirtschaftlichen Literatur empfohlener Ansatz ist die Implementierung eines Managementmodells. Führungskräften werden dabei verschiedene Verfahrensweisen und Instrumente vorgeschlagen, deren Wirkung sich allerdings nur entfaltet, wenn sie insgesamt in allen Bestandteilen umgesetzt werden. Die Elemente eines Managementmodells zeigt folgende Grafik:
 
 
Verkürzt ausgedrückt funktionieren Managementmodelle wie folgt: Als Führungskraft überlege ich fortlaufend, wo meine Organisation heute steht und wo sie in drei bis fünf Jahren stehen soll. Um diesen Veränderungsprozess in der Organisation bewirken zu können, werden Ziele und Budgets fixiert. Die Zielerreichung und Budgeteinhaltung wird mit verschiedenen Instrumenten gesteuert. Dieser Grundansatz wird auch in der öffentlichen Betriebswirtschaftslehre so geteilt. Spätestens seit dem New Public Management und dem darauf aufbauenden Neuen Steuerungsmodell wird versucht, öffentliche Verwaltungen nach diesem Prinzip zu modernisieren.
 
Wie ließe sich ein Managementmodell nun auf den Bereich der Erziehungshilfen anwenden? 
 

Strategieentwicklung

Eine wesentliche Aufgabe von Führungskräften in den örtlichen Jugendämtern ist es tatsächlich, fortlaufend die Leistungsfähigkeit von Organisationen zu hinterfragen und Entwicklungsprozesse zu initiieren. Dafür stehen verschiedene Instrumente wie eine Stärken-Schwächen-Analyse, interkommunale Vergleiche etc. zur Verfügung, die für die einzelnen Produkte eines Jugendamts angewendet werden. 
 
Im Ergebnis können diese Instrumente produktbezogen Handlungsbedarf in den Bereichen Kosten, Qualität und Wirkung signalisieren. In einem solchen Prozess könnte bspw. aufgefallen sein, dass die durchschnittlichen Fallkosten sowohl im Zeitreihenvergleich gestiegen und im Vergleich zu anderen Jugendämtern auffällig hoch sind. 
 
Im Analyseprozess wurden ebenfalls die Ursachen ermittelt und das Führungsteam hielt es für realistisch, die durchschnittlichen Fallkosten in den nächsten drei bis fünf Jahren von 17 TEUR pro Fall auf preisbereinigt 13 TEUR zu senken. Dieses Globalziel wird in der Jugendhilfeplanung aufgegriffen und ein Weg beschrieben, wie es erreicht werden kann. Dabei werden Ziele jährlich konkretisiert (z. B. Senkung im Jahr 2013 auf 16,5 TEUR pro Fall) und Maßnahmen zur Zielerreichung formuliert.
  

Planung / Budgets

Die formulierten Ziele werden zur Grundlage der jährlichen Planung. Die Haushaltsplanung und die formulierten Ziele sind immer konsistent.
 

Beispiel:

Die Strategie sieht vor, die durchschnittlichen Fallkosten von 17 TEUR pro Jahr und Fall im Jahr 2012 auf 16.5 TEUR in 2013 zu senken. Unter Berücksichtigung der geplanten Fälle ergibt sich ein Haushaltsvolumen 2013 in Höhe von 10 Mio. EUR, reduziert von 10,5 Mio. EUR im Jahr 2012.
 
Der Gesamtplan (z. B. Teilergebnisplan Erziehungshilfen) wird intern in Budgets überführt, z.B. strukturiert nach ASD-Regionen:
  • Nord: 1,5 Mio. EUR
  • Süd: 3 ,5 Mio. EUR
  • Ost: 1,0 Mio. EUR
  • West: 4,0 Mio. EUR
  •  
Hinweis: Die Budgetaufteilung hier entspricht nicht dem in der Literatur diskutierten Modell der Sozialraumbudgets.
 

Zielfixierung

Nach der Budgetaufteilung werden die Ziele mit den regionalen ASD–Leitern fixiert und im Sinne von Zielvereinbarungen/Zielvorgaben verabschiedet. Um die Zielerreichung positiv zu beeinflussen,
enthalten Managementmodelle Anreizmechanismen. 
 

Management der Zielerreichung:

Nach der Zielentwicklung und Zielfixierung werden vom Management verschiedene Instrumente genutzt, um die Zielerreichung herbeizuführen. Zu diesen Instrumenten gehören bspw.:
  • Budgetkontrolle
  • Kosten- und Leistungsrechnung
  • Kennzahlensysteme
  • Mitarbeiterbeurteilungen
  • Personalentwicklungsmaßnahmen
  • Motivationsinstrumente,
  • etc.
     
Die Budgetkontrolle gilt als eines der wichtigsten Managementinstrumente. So werden monatlich Budgetberichte z. B. für die oben genannten ASD Regionen erstellt. Diese Budgetberichte liefern Auskunft über die Budgetergebnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt (in der Regel Monatswert) und über das erwartete Budgetergebnis zum Jahresende (Prognose). Die Budgetberichte werden von den Verantwortlichen kommentiert. Insbesondere werden Abweichungen erläutert.
 
Um weitere Detailinformationen zum Budget zu erhalten, werden z.B. eine Kosten- und Leistungsrechnung (Ermittlung der spezifischen Fallkosten) und Kennzahlensysteme eingesetzt.
Beide Instrumente sollen dazu dienen, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen.
 
Die Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Instrumente werden als Grundlage für die jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräche genutzt. Im obigen Beispiel würde der Jugendamtsleiter mit
den jeweiligen regionalen ASD-Leitern erörtern, wie der Stand der Strategieumsetzung zu beurteilen ist. Negative Auffälligkeiten werden herangezogen, um individuelle Entwicklungsziele für das nächste Jahr zu definieren.
 

Mehr führen und weniger managen

Bei Anwendung eines Managementmodells muss man sich der Gefahr bewusst sein, dass durch die Übernahme von Techniken, Standardroutinen und Instrumenten zwei wichtige Funktionen von Führungskräften in den Hintergrund gedrängt werden oder sogar vollständig auf der Strecke bleiben. Führungskräfte sollen „begeistern und fordern” und „Vorbild sein und fördern”. Beides erreicht man nicht, indem ein perfektes Managementmodell implementiert wird. 
 
Mittels in einem Top-down-Prozess fixierter Ziele (im Beispiel vorne: Senkung der durchschnittlichen Fallkosten pro Jahr von x auf y) entsteht keine Begeisterung in der Organisation. Aus Sicht der Zieladressaten scheinen folgende Punkte kritisch:
  • fest fixierte Ziele sind Abstraktionen und unzureichende Abbildungen von Absichten,
  • es gibt keine Technik, kein Instrument, das richtige in Zahlen gekleidete Ziele entwickelt,
  • fixierte Ziele sind immer Ergebnis von Erwartungen vom Top- Management, Kämmerei, etc.,
  • fixierte Ziele führen zu einer Führungskultur, die auf Weisung und Kontrolle basiert,
  • fixierte Ziele sollen die Grundlage für die Beurteilung sein, ob eine Organisation funktioniert, Leistungen sollen beurteilbar gemacht werden, allerdings auf einer fragwürdigen Basis.
       

Wie kann eine Führungskraft anstatt dessen begeistern?

Der Führende setzt auf Selbstverantwortung, Mitarbeiterengagement und freiwillige Leistungsbereitschaft. Teams und deren Mitglieder setzen sich selbst anspruchsvolle Ziele. Dadurch wandelt sich die Rolle der Führungskraft und neue Anforderungen entstehen:

  • Teams zur Verbesserung herausfordern,
  • Zielfindung moderieren,prüfen, ob Handlungsalternativen abgewogen werden,
  • Leistungsbarrieren erkennen und abbauen
  • oder reale Vergleichsmaßstäbe setzen.
      

Beispiel:

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Jugendamts haben sich in einem intensiven Diskussionsprozess auf wesentliche Kennzahlen verständigt, die Auskunft über die Ergebnisse ihrer
Arbeit in den Bereichen Qualität, Wirkung und Kosten geben. Diese Kennzahlen werden regelmäßig ermittelt, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung gestellt und kontinuierlich in Teambesprechungen erörtert. 
  

Ein ASD-Regionalteam meint, dass ein wichtiger Indikator für die Leistung der Anteil „Beendigung der Hilfemaßnahme aufgrund von Zielerreichung” ist. Aus einem Vergleich mit den anderen ASD-Regionalteams des Jugendamts wissen sie, dass sie bei dieser Kennzahl unterdurchschnittlich abschneiden. In den Teambesprechungen hat das Regionalteam mit der ASD-Leitung und der Jugendamtsleitung nach den Ursachen geforscht. Dabei ist es dem Leitungsteam gelungen, das Regionalteam zur Verbesserung herauszufordern. Das Regionalteam hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Konzept zu entwickeln und wichtige Maßnahmen zu beschreiben, um den Anteil erfolgreich beendeter Hilfemaßnahmen zu erhöhen. Das Konzept wurde der Leitung vorgestellt und gemeinsam auf den Weg gebracht.

 

Voraussetzung 1:

Dieser Prozess kann nur gelingen, wenn Führender und Geführter gleiche Wertevorstellungen haben. In der Praxis kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass dies einfach so vorhanden ist. Deswegen müssen Führender und Geführte eine Vision entwickeln.
 

Voraussetzung 2:

Für obigen Prozess werden Informationen benötigt, die aufbereitet sein müssen. In den Fachprogrammen wird eine Vielzahl von Informationen gesammelt und verwaltet, die die Jugendhilfe
insgesamt und die Hilfen zur Erziehung im Besonderen betreffen. Um die Steuerung der Jugendhilfe zu unterstützen, sind leicht verfügbare Auswertungen dieser Daten notwendig. Genau an dieser Stelle zeigt sich in der Praxis, dass die hinterlegten Abfrageroutinen für Steuerungsinformationen nicht ausreichend sind.
 
Damit eine Win-Win-Situation entstehen kann, müssen Systeme implementiert werden, die sowohl den Führungskräften als auch den Sozialarbeitern Hinweise liefern. Folgende Inhalte sollten u.a. Bestandteil eines zeitgemäßen Führungsinformationssystems sein:
  • Taggenaue Übersicht über den Fallbestand
  • Jahresleistungstage
  • Zugänge und geplante Zugänge
  • Hilfeübergänge
  • etc.
       
Die vom MIS System zur Verfügung gestellten Daten müssen dabei mehrdimensional darstellbar sein. Neben den räumlichen Ebenen Jugendamt, Sozialraum und Bezirk müssen Detailierungsebenen
zur Verfügung stehen.
 
Für eine Standortbestimmung setzen immer mehr örtliche Jugendhilfeträger auf interkommunale Vergleiche. Die dabei verwendeten Kennzahlen dürfen aber nicht nur hoch aggregiert
vorliegen. So muss deutlich werden, in welchem Sozialraum bzw. Regionalteam prioritäre Herausforderungen existieren.
 

Wie kann eine Führungskraft Vorbild sein und die Teams angemessen fördern?

Ein Vorbild schafft Orientierung. Damit Führungskräfte dies leisten können, sind Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Fachliche Expertise, um Abläufe und Ergebnisse der Organisation beurteilen zu können und
  • persönliche Fähigkeiten (kommunikativ, präsent sein, Erfahrungen einbringen etc.) und Eigenschaften (konsequent sein, kreativ sein, souverän, etc.) mitbringen
      
Sind diese Voraussetzungen vorhanden, wird die Führungskraft
in der Lage sein, Teams anzuspornen, ihnen Tipps zu geben,
alternative Wege aufzuzeigen, etc.). Förderung entsteht quasi
wie von allein, ohne Weisung und Kontrolle.

 

Kontakt

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Heiko Pech

Diplom-Kaufmann

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