Vorsteuerabzug: Briefkastensitz ist unter Umständen ausreichend

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​veröffentlicht am 28. März 2019

 

Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH vom 22. Juli 2015, V R 23/14) musste der leistende Unternehmer einen aktiv bewirtschafteten Sitz unterhalten, der als vorsteuertaugliche Adresse diente.


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Sichtweise als EG-rechtswidrig eingestuft (15. November 2017, C-374/16 und C-375/16). Der BFH hat sich dieser Sichtweise angeschlossen, wonach für den Vorsteuerabzug künftig jede Rechnungsanschrift ausreichen muss, unter der der leistende Unternehmer postalisch erreich bar ist (13. Juni 2018, XI R 20/14; 21. Juni 2018, V R 25/15 bzw. V R 28/16). Die Finanzverwaltung folgt dem BFH mit einem Schreiben vom 7. Dezember 2018 (III C 2-S 7280-4/07/10005:003).

 

I. Ausgangsproblematik

Den Vorsteuerabzug gewährte das Finanzamt bisher nur, wenn der leistende Unternehmer unter der Rechnungsanschrift für den Fiskus erreichbar war.

 

II. Sichtweise des BMF

Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 Absatz 4 Nr. 1 UStG sowie der daraus resultierende Vorsteuerabzug wurden in einem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums der Finanzen (BMF) vom 7. Dezember 2018 (Az. wie vor) geändert.


Hiernach gilt für den Vorsteuerabzug jede Anschrift als taugliche Unternehmeranschrift, unter der der jeweilige Unternehmer postalisch erreichbar ist. Ein Bezug auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Unternehmers ist nicht mehr maßgebend.


Maßgeblich für die Prüfung des Merkmals „vollständige Anschrift” ist der Zeitpunkt der Rechnungslegung. Nach Klarstellung des BFH, muss die postalische Erreichbarkeit (nur) bei Rechnungsausstellung bestanden haben.


Ein Postfach, eine Großkundenadresse oder eine c/o-Adresse stellen eine vollständige Anschrift nach den Vorschriften für ordnungsgemäße Rechnungen dar (A 14.5 Absatz 2 Satz 5 UStAE).


Die Feststellungslast für die postalische Erreichbarkeit zum Zeitpunkt der Rechnungslegung trifft den Leistungsempfänger. Der vorsteuerabzugsbegehrende Leistungsempfänger muss geeignete Nachweise des Bestehens der Adresse führen. Über eine Abrechnung im Gutschriftswege (§ 14 Absatz 2 Satz 2 UStG) und dem Versand als Einschreiben mit Rückschein kann hier nachgedacht werden.


Die Erleichterungen gelten (bisher) jedoch nicht für innergemeinschaftliche Lieferungen. Hier ist auch weiterhin deren Steuerfreiheit von der Aufzeichnung der konkreten Identitäts- und Adressangaben zur Person des Leistungsempfängers abhängig (BFH vom 13. Juni 2018, XI R 20/14, Rz. 76).


Die neuformulierten Regelungen werden seitens der Finanzverwaltung ab sofort und in allen offenen Fällen angewendet.


Die neue Sichtweise ist im Zeitalter zunehmender Digitalisierung und einer nicht mehr zwingenden körperlichen Erreichbarkeit und Kundenpräsenz die logische Konsequenz.

 

 

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