In der Stadt Reutlingen sollen Dieselfahrverbote eingeführt werden

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veröffentlicht am 30. April 2018

 

​Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass in Reutlingen Dieselfahrverbote eingeführt werden müssen. Die neu ins BImSchG eingeführte Ermessensregel für die Länder, nach der Fahrverbote bei bestimmten Grenzwerten in der Regel unverhältnismäßig sind, soll an diesem Ergebnis nichts ändern. 
 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass der Luftreinhalteplan für die Stadt Reutlingen geändert werden muss. Nach dem Urteilstenor soll bei der Änderung die Rechtsauffassung des Gerichts berücksichtigt werden. Die Änderungen sollen dazu führen, dass der Luftreinhalteplan die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwerts für NO2 in Höhe von 40 µg/m3 im Stadtgebiet Reutlingen enthält.

 

Für das Gericht konnte die im Luftreinhalteplan enthaltene Prognose der NO2-Jahresmittelwerte für die Jahre 2019 und 2020 nicht nachvollziehbar belegt werden. Unabhängig davon stellte das Gericht Prognosefehler fest, die auch im nachgebesserten Luftreinhalteplan zum Tragen kommen sollen. Darüber hinaus bemängelte das Gericht, dass die vorgesehenen Maßnahmen zu keiner schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung führen. Als Prognosefehler erachtete das Gericht, dass bei der Wirkung von freiwilligen Software-Updates die Frage der „Nachhaltigkeit” dieser Updates nicht berücksichtigt wurde. Es müsse berücksichtigt werden, dass manche Kunden mit den durchgeführten Updates unzufrieden sein werden und die Ausgangseinstellungen wieder herstellen lassen.

 

Aus Sicht des Gerichts gehört zu den erforderlichen Maßnahmen ein Dieselfahrverbot für das Kalenderjahr 2019. Denn es könne nicht erwartet werden, dass eine flächendeckende Einhaltung der Grenzwerte für das Jahr 2019 ohne sie erreichbar sein könnte. Hiergegen konnte u. a. nicht erfolgreich eingewandt werden, dass auch mit Fahrverboten die Grenzwerte 2019 nicht einzuhalten wären. Der Luftreinhalteplan muss nämlich Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, den Zeitraum einer Überschreitung von Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten (§ 47 Abs. 1 S. 3 BImSchG). Es entspricht daher dem Sinn und Zweck dieser Verpflichtung, dass eine bestehende Überschreitung frühzeitig so weit wie möglich verringert wird.

 

Für die Planung, die nun zu erfolgen hat, wird der neu eingeführte § 47 Abs. 4a S.1 BImSchG grundsätzlich zum Tragen kommen. Dieser enthält folgende Ermessensregel: „Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist.” Da im konkreten Fall die Grenzwerte bis einschließlich 2018 aber über den 50 µg/m3 lagen, seien Verkehrsverbote für 2019/2020 hierdurch nicht gehindert.

 

Das Gericht nahm die Überlegung kritisch auf, nach der diese Vorschrift so auszulegen sei, dass auch bei prognostizierten Jahresgrenzwerten von unter 50 µg/m3 Fahrverbote in der Regel unverhältnismäßig seien.
Darüber hinaus äußerte sich das Gericht zum richtigen Verständnis des neu eingeführten § 47 Abs. 4a S.1 BImSchG. Sollte dieser so zu verstehen sein, dass „im Regelfall” bedeute, dass typischerweise auf Fahrverbote zu verzichten sei, wenn die Immissionsbelastung 50 µg/m3 nicht überschreitet, so wäre sie nicht unionsrechtskonform. Dies hieße nämlich, dass eine 25%ige Überschreitung der europäischen Grenzwerte von 40 µg/m3 regelmäßig zu tolerieren sei, was ein klarer Verstoß gegen die europäische Vorgabe sei, den Zeitraum von Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten

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Julia Blatt-von Raczeck

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