EuGH-Urteil ermöglicht Betriebsübergang bei Übernahme von Busfahrern unter engen Voraussetzungen

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​veröffentlicht am 27. Mai 2020

 

von Lars Werner Röwer

 

In seiner Entscheidung vom 27.02.2020 (Az. C-298/18) beschäftigte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage der Übernahme von Bussen als wesentliches Kriterium bei der Übergabe eines Betriebes und möglichen Auswirkungen auf beschäftigte Busfahrer und deren Betriebsübergang.


Bei der Übernahme und Fortführung von Unternehmen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien eines Betriebsübergangs i.S.d § 613a Bürgerliches Gesetzbuch erfüllt sind. Hierbei ist stets eine Gesamtbetrachtung notwendig. Im Falle eines Betriebsüberganges muss der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten des bestehenden Arbeitsverhältnisses eintreten. Auf diese Weise kann es u.a. zu einer Fortgeltung von Rechtsnormen aus Tarifverträgen bis zu einem Jahr kommen.

In seiner bisherigen Rechtsprechung („Liikenne”) betonte der EuGH, dass der Busverkehr nicht als eine Tätigkeit angesehen werden könne, für die es wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankomme. Werden Busse als unerlässliche Betriebsmittel nicht übernommen, schließe das einen Betriebsübergang aus.

In seiner jüngsten Entscheidung stellt der EuGH klar, dass jedoch auch ohne Übernahme von Betriebsmitteln wie Bussen, ein Betriebsübergang angenommen kann, wenn die Übernahme wegen äußerer Zwänge (bspw. technischer oder umweltrelevanter Vorgaben) nicht möglich war.

Insbesondere wenn der neue Betreiber im Wesentlichen wie zuvor die gleichen Busverkehrsleistungen auf gleicher Strecke und mit gleichen Fahrgästen erbringe, sei dies ein wichtiger Indikator. Zugleich bekräftigte der EuGH seine Auffassung, dass eine Gesamtheit von Arbeitnehmern eine wirtschaftliche Einheit darstelle und ihre Identität bewahre, wenn der neue Inhaber die Tätigkeit mit einem nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der Belegschaft weiterführe.


Bewertung für die Praxis

Durch das Urteil des EuGH ist es möglich, einen Betriebsübergang trotz Nichtübernahme nennenswerter Betriebsmittel (Busse) im Wege der Gesamtbetrachtung anzunehmen. Aufgrund der vom nationalen Gesetzgeber noch umzusetzenden Vorgaben der Clean-Vehicle-Directive mit Quoten von bis zu 65 Prozent emissionsarmer Fahrzeuge wird es zudem in nächster Zeit nicht attraktiv, von etwaigen Altbetreibern technisch obsolete Fahrzeuge zu übernehmen. Die Relevanz der Busfahrer für das Vorliegen eines Betriebsüberganges wird hierdurch weiter erhöht.

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