Autonome Fahrzeug-Genehmigungs- und Betriebsverordnung zur Notifizierung vorgelegt

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​veröffentlicht am 30. Juni 2021

 

Die AFGBV (Autonome Fahrzeug-Genehmigungs- und Betriebsverordnung), welche die Anforderungen aus dem novellierten StVG konkretisieren soll, wurde am 15.06.2021 der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorgelegt. Die sogenannte Stillhaltefrist, innerhalb der die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten auf den Entwurf reagieren können und der notifizierende Mitgliedstaat mit der Annahme Vorschrift warten muss, endet am 16.09.2021.

 

Während mit der Novellierung des StVG der normative Rahmen neu abgesteckt wurde, um das Fahren mit autonomen Fahrfunktionen im Sinne des SAE-Level 4 grundsätzlich zu ermöglichen, sollen anhand der Rechtsverordnung (der AFGBV) die Details innerhalb des neuen Rahmens geregelt werden. Die Regelung über eine Rechtsverordnung bietet dabei im Vergleich zu formellen Gesetzen den Vorteil, sowohl schneller, als auch einfacher geändert werden zu können. Die rechtlichen Anforderungen können somit besser den technischen Möglichkeiten angepasst werden, ohne immer einen aufwändigen Gesetzgebungsprozess durchlaufen zu müssen.

 

Inhaltlich befasst sich die AFGBV insbesondere mit:

  • Verfahrensregelungen über die Erteilung von nationalen Betriebserlaubnissen für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion,
  • Technischen Anforderungen, die an die autonome Fahrfunktion gerichtet werden,
  • Genehmigung von festgelegten Betriebsbereichen,
  • Zulassung zum Straßenverkehr,
  • Anforderungen und Sorgfaltsvorschriften für die am Betrieb von entsprechenden Kraftfahrzeugen beteiligten Personen.

 

Die meisten Vorgaben, die von der AFGBV getroffen werden, stimmen mit der Systematik des bestehenden Genehmigungsrechts überein. So muss der Fahrzeughersteller eine Betriebserlaubnis für seine Fahrzeuge beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beantragen (§ 3 AFGBV-E).

 

Neu sind die umfangreichen technischen Anforderungen, an die technischen Fähigkeiten der autonomen Fahrfunktion (Anlage I zur AFGBV-E). Da die autonome Fahrfunktion dafür sorgt, dass das Fahrzeug die Fahraufgabe innerhalb des spezifischen Betriebsbereiches vollständig „selbst" wahrnehmen kann, werden Anforderungen an die Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern, Planung von Fahrpfaden und Reaktionen auf Umweltbedingungen geregelt.

 

Neu ist ebenfalls die durch den Fahrzeughalter zu beantragende Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereiches bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde (§ 7 AFGBV-E). Innerhalb dieses Betriebsbereiches ist sodann der fahrerlose Betrieb des Fahrzeuges gestattet.

 

Bei der Zulassung zum Straßenverkehr muss neben Betriebserlaubnis und Haftpflichtversicherung auch ein genehmigter Betriebsbereich vorliegen (§ 11 AFGBV-E).

 

Kritisch sind die Anforderungen, die für die am Betrieb der Fahrzeuge beteiligten Personen gelten sollen. Dies gilt insbesondere für die Anforderungen an die Technische Aufsicht (§ 14 AFGBV-E). Laut der in Anlage II Nr. 1 der AFGBV-E genannten Nachweispflichten, kann nur eine Personen die Aufgabe der Technischen Aufsicht wahrnehmen, die

 

„über einen Abschluss als

      • Diplom-Ingenieur, Diplom-Ingenieur (FH), Ingenieur (graduiert), oder
      • Bachelor, Master oder
      • staatlich geprüfter Techniker

der Fachrichtung Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Elektrotechnik, Luft- und Raumfahrttechnik oder Luftfahrzeugtechnik verfügt.”

 

 

Bewertung für die Praxis

Diese hohen akademischen Anforderungen werden insbesondere deshalb kritisiert, da nicht nachvollziehbar sei, warum diese für die Erfüllung der Aufgaben der Technischen Aufsicht erforderlich seien. Denn die Aufgaben der Technischen Aufsicht beschränken sich auf die Interaktion mit dem Fahrzeug, den Insassen und ggf. anderen Verkehrsteilnehmern. Die Technische Aufsicht hat jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Fahrzeugsteuerung, sondern kann lediglich Fahrmanöver frei-/vorgeben, wofür aber eine dem Fahrzeug entsprechende Fahrerlaubnis ausreichen sollte, um die Bewegungen des Fahrzeuges nachvollziehen zu können.

 

Die Technische Aufsicht wird nicht als Wartungspersonal eingesetzt, da für diese „Technischen und organisatorischen Aufgaben” (§ 13 III AFGBV-E in Verbindung mit Anlage II Nr. 2 zur AFGBV-E) gesondertes Personal mit abgeschlossener Meisterprüfung bzw. entsprechenden akademischen Abschlüssen eingesetzt wird. Auch aus Sicherheitsaspekten ließe sich daher kein Grund erkennen, warum eine akademische Ausbildung eine Voraussetzung für die Erfüllung der Aufgaben der Technischen Aufsicht sei.

 

Insbesondere für die Verkehrsunternehmen, die der Gesetzgeber an sich bei der Gesetzesnovellierung besonders im Blick hatte, würde damit keine Möglichkeit bestehen, ihr gut ausgebildetes Fahrpersonal als Technische Aufsicht einzusetzen.

 

Da es sich bei der AFGBV um eine Rechtsverordnung handelt, lässt sich diese zwar leichter anpassen als ein formelles Gesetz. Trotzdem steht bis zu einer entsprechenden Änderung der Qualifikationsanforderungen der Technischen Aufsicht zu befürchten, dass es keinen disruptiven Einsatz der neuen Technologie geben wird, da es an entsprechendem Personal fehlt, bzw. das einzusetzenden Personal den Einsatz unwirtschaftlich werden lässt.

 

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