EuGH macht Vorgaben zur zulässigen Regulierung des Mietwagenverkehrs

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veröffentlicht am 26. Juli 2023

 

Bereits am 08.06.2023 urteilte der EuGH in Sachen Mietwagenregulierung (EuGH, Urteil vom 08.06.2023 – C-50/21 - „Prestige and Limousine”): Restriktive Genehmigungsvorgaben zur Durchführung von sogenanntem Funkmietwagenverkehr können einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV darstellen.

 

Zum Hintergrund: In Barcelona wurde 2018 eine städtische Verordnung zur Regulierung des Mietwagenmarktes erlassen. Eine vorhergehende Liberalisierung führte dazu, dass sich durch neue Markteintritte der Wettbewerb um die gewerbliche Personenbeförderung mit PKW intensivierte, was insbesondere das Taxengewerbe in Bedrängnis brachte. Dem sollte nun dahingehend begegnet werden, dass neben einer sowieso bestehenden Genehmigung zum Markteintritt zusätzliche lokale Genehmigungsregeln eingeführt wurde, diese sahen insbesondere vor, die Anzahl der Mietwagengenehmigungen insgesamt auf ein Dreißigstel der Taxigenehmigungen zu deckeln. Dagegen ist ein örtlicher Mietwagenbetreiber, der auch über Internetplattformen gebucht werden kann, gerichtlich vorgegangen. Das katalanische Obergericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zwei Vorlagefragen vorgelegt:

 

  1. Ist in der effektiven Marktbegrenzung eine rechtswidrige Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV zugunsten des Taxengewerbes in Barcelona zu sehen?
  2. Stellt die Einführung eines zweiten Genehmigungserfordernisses bzw. die Beschränkungen der Zulassungszahlen auf eine Mietwagengenehmigung je 30 Taxgenehmigungen einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV dar?

 

Die erste Vorlagefrage verneint nun der EuGH: Mangels – auch mittelbaren – Einsatzes staatlicher Mittel liegt der Beihilfentatbestand nicht vor, Art. 107 Abs. 1 AEUV ist von der Maßnahme nicht berührt.

 

Die zweite Vorlagefrage wird dahingehend beantwortet, dass ein Genehmigungserfordernis für ein Gewerbe eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen kann, die jedoch dann rechtmäßig ist, wenn zwingende Gründe des Allgemeinwohls eine solche Einschränkung verlangen. Solche Gründe können in einer guten Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums und der Schutz der Umwelt zu sehen sein, nicht hingegen der Schutz des Taxengewerbes vor übermäßiger Konkurrenz. Auch könnte ein zweites Genehmigungserfordernis zulässig sein, wenn aus den zulässigen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls geboten ist, was dann aber Doppelprüfungen ausschließen müsse. Ob die Regelung in Barcelona in legitimer Weise die Niederlassungsfreiheit einschränkt, ob die städtische Verordnung im Detail dazu verhältnismäßig, insbesondere geeignet ist, ist Tatfrage, die vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Zweifel an der Rechtmäßigkeit klingen beim EuGH an.

 

Bewertung für die Praxis

Die Regulierung des Mietwagenmarktes in Deutschland ist der in Katalonien sehr ähnlich: Ein spontanes Mitnahmeverbot von Fahrgästen, die Beschränkung auf Beförderung mittels Vorbestellung, das Verbot, an definierten Stellplätzen auf Fahrgäste zu warten sind dem PBefG immanent. Das gleiche gilt für die Kontingentierung der Taxikonzessionen nach § 14 Abs. 4 PBefG. Angesichts der klaren Aussagen des EuGH, wann Regulierungen des Mietwagenmarktes zulässig sind („Gute Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums und der Schutz der Umwelt”) und wann nicht (wirtschaftlicher Bestandsschutz des Taxengewerbes), stellt sich die Frage nach der Europarechtskonformität der deutschen Rechtslage. Für einen entsprechenden rechtlichen Angriff von Akteuren des Mietwagengewerbes auch hierzulande ist die Entscheidung des EuGH eine Steilvorlage. Denn, so der EuGH, deutet alles darauf hin, dass die Beschränkungen, wie sie in Barcelona vorgenommen wurden, für die Erreichung von legitimen Zielen, die eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit erlauben – eine gute Organisation der Beförderung, des Verkehrs und des öffentlichen Raums und der Schutz der Umwelt – nicht erforderlich sind.

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Oliver Ronnisch

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