Keine Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges bei Beanstandungen im Rahmen von Breitbandförderverfahren aufgrund des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit

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veröffentlicht am 14. Oktober 2021


Das OVG Weimar hat mit seinem Beschluss vom 19.07.2021 (Aktenzeichen: 3 VO 352/21) entschieden, dass für Beanstandungen im Breitbandförderverfahren der Verwaltungsrechtsweg regelmäßig nicht eröffnet ist. Der abzuschließende Zuwendungsvertrag sei vielmehr privatrechtlicher als öffentlich-rechtlicher Natur, da auch bereits der konkrete Inhalt des Zuwendungsvertrages auf einen zivilrechtlichen Vertragscharakter hindeute. Die Entscheidung steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des OVG Koblenz (Beschluss v. 16.07.2021 – 6 A10376/21), welches den Verwaltungsrechtsweg für Beanstandungen bezüglich des Förderverfahrens gerade für eröffnet erklärt hatte.

 
In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte die Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz begehrt, um zu verhindern, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen den Zuschlag zum Bau und Betrieb eines Breitbandnetzes im Rahmen der Konzessionsvergabe erteilt. Die Antragsgegnerin hatte zuvor vom Bund bzw. vom Land eine Zuwendung für den Breitbandausbau im betroffenen Landkreis erhalten. Die beabsichtigte sie nach Durchführung eines Konzessionsvergabeverfahrens an die obsiegende Bieterin, die Beigeladenen in diesem Verfahren, durch einen Zuwendungsvertrag weiterzuleiten. Die Antragstellerin machte die Nichteinhaltung eines fairen und transparenten Verfahrens durch die Antragsgegnerin geltend. Insbesondere sei der Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Wertung der Endkundenpreise nicht eingehalten worden.

Sowohl das angerufene Verwaltungsgericht als auch das OVG Weimar erklärten bereits den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig, da dieser nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht eröffnet sei. Die Streitigkeit wurde daher an das zuständige Zivilgericht verwiesen.

Das OVG Weimar stellt zunächst fest, dass sich keine abdrängende Sonderzuweisung aus dem Vergaberecht ergibt. Ein vergaberechtlicher Nachprüfungsantrag sei unstatthaft, weil bezüglich der vorliegenden Breitbandausschreibung die Bereichsausnahme nach § 149 Nr. 8 GWB greife.

Sodann setzt sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Streitigkeit handelt. Dies bestimme sich grundsätzlich nach der Natur des behaupteten Rechtsverhältnisses. Für vergaberechtliche Streitigkeiten sei die Rechtsnatur des Rechtsgeschäftes entscheidend, auf dessen Abschluss das Vergabeverfahren gerichtet ist. Dabei sei für die Zuordnung nicht das Ziel, sondern die Rechtsform des staatlichen Handelns maßgeblich. Ist diese privatrechtlich, dann ist es auch die betroffene Streitigkeit. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sei das staatliche Handeln regelmäßig privatrechtlich, da der Staat als Nachfrager am Markt tätig werde, um einen Bedarf an bestimmten Gütern und Dienstleistungen zu decken. In seiner Rolle als Nachfrager unterscheide er sich nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern. Da allerdings die Vergabe öffentlicher Aufträge in Form des Vertrages nicht ausnahmslos dem Privatrecht zuzuordnen sei, müsse im Einzelfall immer entschieden werden, ob es sich um ein privatrechtliches oder ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis handelt.

Ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis konnte das OVG Weimar allerdings im vorliegenden Fall nicht feststellen. Bereits der konkrete Inhalt des Zuwendungsvertrages deute auf einen zivilrechtlichen Vertragscharakter hin. Dies ergäbe sich u.a. aus der Präambel des Vertrages, welche explizit auf eine privatrechtliche Weiterleitung der Zuwendung hinweise sowie der zivilrechtlichen Gerichtsstandsvereinbarung.

Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis folge auch nicht daraus, dass zwischen dem Bund bzw. Land als Zuwendungsgeber und der Antragsgegnerin als Erstzuwendungsempfängerin ein solches vorliege. In den Nebenstimmungen zum Zuwendungsbescheid sei gerade die Möglichkeit vorgesehen, dass die Weiterleitung der Zuwendung in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form erfolgen kann. Im Fall der privatrechtlichen Form ist ein privatrechtlicher Vertrag zu schließen. Für das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages spreche auch nicht, dass die gesamten Vertragsbeziehungen durch öffentlich-rechtliche Vorschriften geprägt seien, da grundsätzlich öffentliche-rechtliche Normen auch in privatrechtliche Rechtsverhältnisse übernommen werden können.

Die Entscheidung des OVG Weimar steht damit im Widerspruch zu der drei Tage älteren Entscheidung des OVG Koblenz. Im Fall des OVG Koblenz hatte ein Telekommunikationsunternehmen die konkrete Ausgestaltung des vor dem Auswahlverfahren durchzuführenden Markterkundungsverfahrens gerichtlich beanstandet. Das OVG Koblenz hielt den Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO für eröffnet. Begründet hat es seine Entscheidung damit, dass die durch den Zuwendungsvertrag zu begründeten Rechte und Pflichten schwerpunktmäßig dem öffentlichen Recht angehören. Schließlich handle es sich bei den wesentlichen Pflichten aus dem Zuwendungsvertrag um solche, die dem Zuwendungsempfänger durch die Zuwendungsbescheide und die einschlägigen Förderrichtlinien auferlegt und an den Letztzuwendungsempfänger vertraglich weitergegeben werden. Anders als das OVG Weimar sah es die Möglichkeit, die Zuwendung in Form eines privatrechtlichen Vertrages an das Telekommunikationsunternehmen weiterzuleiten, nicht als Indiz für einen zivilrechtlichen Vertrag an. Vielmehr spreche auch die Alternative der Weitergabe der Zuwendung durch Zuwendungsbescheid anstelle eines Vertrages als Beleg für den öffentlich-rechtlichen Charakter des Zuwendungsvertrages. Dieser dient sozusagen als Ersatz für den Erlass eines Verwaltungsaktes. In Anbetracht der unterschiedlichen Entscheidungen besteht für die Praxis zukünftig eine gewisse Unsicherheit bezüglich des zu wählenden Rechtsweges bei Beanstandungen von Förderverfahren. Daher wird wohl weiterhin mit Verweisungen an ein anderes Gericht zu rechnen sein.

 

 

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