Wirkt die Strompreisbremse in die richtige Richtung?

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​veröffentlicht am 1. Dezember 2022



Die Umsetzung der sogenannten Strompreisbremse wird derzeit intensiv diskutiert. 90 Prozent der „Zufallsgewinne” der Erzeuger von Strom aus Erneuerbaren Energien, Atomkraftwerken, Braun- und Steinkohlekraftwerken sowie Ölkraftwerken und Müllverbrennungsanlagen sollen dabei abgeschöpft werden, dies sogar rückwirkend ab 1.9.22. Bei der Ermittlung der Gewinne sollen die Unterschiede bei den Betriebs- und Kapitalkosten sowie technologiespezifische Ansätze berücksichtigt und die Gewinne nicht pauschal abgeschöpft werden. 


Es ist nachvollziehbar, dass die Strompreise in Europa im weltweiten Wettbewerb nicht signifikant höher als in anderen Regionen der Erde sein sollten, um nicht einer Deindustrialisierung in Europa Vorschub zu leisten. Aber aus verschiedenen Gründen sind diese Markteingriffe gefährlich, um nicht letztlich das Gegenteil dessen zu bewirken, was das mittel- und langfristige Ziel sein muss: der massive Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung in Verbindung mit international wettbewerbsfähigen Strompreisen. 

Wichtige Aspekte bei dieser Diskussion sind:

1. Rückwirkung der Abschöpfung der Zufallsgewinne

Wenn rückwirkend Gewinne abgeschöpft werden, gefährdet dies die Bereitschaft, in Deutschland zu investieren und die Sicherheit, als Standort mit Investitionssicherheit wahrgenommen zu werden. Investoren in Erneuerbare Energien werden bei solchen Eingriffen das Länderrisiko für Deutschland anders bewerten als in der Vergangenheit. Dadurch könnte der Ausbau Erneuerbarer Energien in Zukunft eher gebremst als vorangetrieben werden. Beispiele aus Spanien oder Tschechien haben gezeigt, dass Investoren sehr sensibel auf solche Signale reagieren. Die Investitionsbereitschaft in diesen Ländern ist zurückgegangen.

2. Anreize zum Energiesparen

Die hohen Energiepreise zeigen erste Wirkungen beim Anstieg der Energieeffizienz und beim Energiesparen. Obwohl teilweise nur ein Energieträger durch einen anderen Energieträger substituiert wird statt diese einzusparen, wird der Mechanismus, durch höhere Preise Energieeffizienzmaßnahmen anzuregen, benötigt. Es wäre kontraproduktiv für die Energiewende, wenn die Anstrengungen für mehr Energieeffizienz ins Stocken geraten, weil die Strompreise wieder sinken. Durch die Deckelung der Strompreisbremse auf 80 Prozent des historischen Verbrauchs soll diesem Effekt entgegen gewirkt werden. 

3. Vorübergehender Eingriff oder dauerhafte Subventionierung der Energieverbräuche?

Die Strompreisbremse soll einen temporären Eingriff in den Strommarkt darstellen, um die Strompreissteigerungen aufgrund des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Gaskrise zu dämpfen. Im Gegensatz zur Gaspreisbremse handelt es sich bei der Strompreisbremse allerdings nicht um eine steuerfinanzierte „Subvention“, sondern um eine Umverteilung der Erlöse und Kosten zwischen Stromerzeugern und Stromverbrauchern. 

Um den Umstieg von fossilen Energieträgern auf erneuerbaren Strom zu ermöglichen, muss der Strompreis auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. Es darf aber nicht das politische Ziel sein, den Stromverbrauch dauerhaft zu subventionieren und damit den Energieeffizienzbestrebungen entgegenzuwirken.

Ausstiegsmechanismen für diesen Eingriff in den Strommarkt sind daher wichtig. Es müssen klare Regeln definiert werden, wann die Strompreisbremse wieder außer Kraft gesetzt werden kann. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass Eingriffe der Politik in Marktmechanismen oftmals zu spät zurückgenommen werden und damit Entwicklungen gefördert werden, die es eigentlich langfristig zu vermeiden gilt.

4. Angemessener Strompreis für die Strompreisbremse

Der Strompreis, ab dem der Strompreis gedämpft wird, sollte sich an den zukünftigen und nicht an den vergangenen Strompreisen orientieren. Wir müssen uns auf mittel- und langfristig höhere Strompreise einstellen.

Klimaneutraler Strom wird teurer sein als die Strompreise, die wir die letzten Jahre am Markt gesehen haben. Wenn andere Regionen weiter in großem Umfang fossile Kraftwerke einsetzen, werden diese Kraftwerke weiter preisbestimmend sein mit der Folge, dass die Strompreise dort niedriger sein werden. Carbon Contracts for Difference (CCDF) sollen hier sicherstellen, dass die Preisunterschiede ausgeglichen werden.

5. Investitionen in erneuerbare Spitzenlastkraftwerke

Neben dem grundsätzlichen Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung ist in den nächsten Jahren zur Senkung der Treibhausgasemissionen der Ausbau von erneuerbaren Spitzenlastkraftwerken erforderlich. Die Technologie der Wahl dafür könnten wasserstoffbasierte Gaskraftwerke sein. Diese Kraftwerke können klimaneutral betrieben werden, wenn grüner Wasserstoff eingesetzt wird.

Bisher gibt es kaum Investitionen in solche Kraftwerke. Da diese Kraftwerke mit hohen Risiken im Strommarkt agieren und die Wirtschaftlichkeit entscheidend von den Klimaambitionen, der Einsatzstundenzahl und den erzielbaren Strompreisen abhängt, dürfte die Strompreisbremse in Deutschland nicht dazu beitragen, Investitionen in diese Kraftwerke anzuregen, sondern eher kontraproduktiv wirken. 

Fazit

Die Strompreisbremse ist als kurzfristiges Instrument gegen überhöhte Strompreise nachvollziehbar, um gegen Rezessionstendenzen und Deindustrialisierung zu wirken. Die Markteingriffe sollten aber behutsam erfolgen, nur vorübergehenden Charakter haben und sich an zukünftigen Marktpreisen orientieren, um nicht den dringend benötigten Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zu bremsen und letztlich kontraproduktiv zu wirken. 



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