Was tun, wenn das Wasser ausgeht? Ist eine Begrenzung des Wasserbezugs durch Wasserversorger zulässig?

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​veröffentlicht am 1. Dezember 2023




Der Klimawandel stellt auch die Wasserversorgung vor neue Herausforderungen. Trockenwetterperioden werden länger und lassen die Wasserressourcen knapper werden. Gleichzeitig erhöhen die Verbraucher aber ihre Abnahme. Welche Möglichkeiten können Wasserversoger hier ergreifen?



Deutschland ist zwar traditionell ein wasserreiches Land. Jedoch führen abnehmende Niederschläge und temperaturbedingte höhere Verdunstung in den Sommermonaten dazu, dass in den letzten Jahren vermehrt Wasserengpässe aufgetreten sind. In Deutschland gibt es aktuell bisher noch keinen flächendeckenden Wasserstress. Regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit sind aber gegeben.

Das Bundeskabinett hat am 15.3.2023 die Nationale Wasserstrategie verabschiedet. Ziel ist es, den nachhaltigen Umgang mit unseren Wasserressourcen zu sichern. Bis 2030 sollen 78 Maßnahmen des Aktionsprogramms zur Nationalen Wasserstrategie umgesetzt werden. Zu den zehn strategischen Themen zählen dabei u. a. 

  • die Wasserinfrastrukturen klimaangepasst weiterzuentwickeln, vor Extremereignissen zu schützen und Versorgung zu gewährleisten,
  • die leistungsfähigen Verwaltungen zu stärken, Datenflüsse zu verbessern, den Ordnungsrahmen zu optimieren und die Finanzierung zu sichern sowie
  • das Bewusstsein für die Ressource Wasser zu stärken.

In Deutschland ist die Wasserwirtschaft vielschichtig organisiert und die staatlichen Aufgaben sind auf Bund, Länder und Kommunen verteilt, wobei die Kommunen die wasserwirtschaftlichen Regelungen vollziehen, ausgenommen solche bezüglich der Bundeswasserstraßen. 
Die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung (öffentliche Wasserversorgung) ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge (§ 50 Abs. 1 S. 1 Wasserhaushaltsgesetz). Die Wasserversorgung als Teil der kommunalen Selbstverwaltung umfasst u. a. die Organisation der Wasserversorgung, also die Versorgung der Allgemeinheit mit Trink- und Brauchwasser sowie die Abwasserentsorgung. 

Wird nunmehr das Wasserdargebot knapp, müssen auch die Wasserversorger ihren Beitrag zum Schutz und zur Schonung der Wasserressourcen leisten. Zum einen werden die Wasserversorger angehalten, ihre Leitungsnetze so zu ertüchtigen, dass die Wasserverluste verringert werden. Möglich wäre auch, neue Wasservorkommen zu erschließen. Dies unterliegt jedoch einem komplexen Ordnungsrahmen und trifft häufig auf Widerstände. Letztendlich erscheint eine Begrenzung der möglichen Abnahmemengen der an das Wasserleitungsnetz angeschlossenen Abnehmer als eine einfache und effiziente Lösung. 

So haben öffentlich-rechtlich organisierte Wasserversorger in der Vergangenheit bereits Satzungsregelungen erlassen, um den Wasserverbrauch zu reduzieren. Insbesondere werden darin zeitlich begrenzte Trinkwassernutzungsverbote für private sowie für gewerbliche Zwecke wie Poolfüllung, Autowaschen oder die eingeschränkte Bewässerung von Gärten geregelt. Grundsätzlich bedarf es aufgrund des verfassungsrechtlichen Prinzips der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) und der belastenden Wirkung der Reduzierung der Wasserbezugsmenge für Dritte einer Rechtsgrundlage. Daher stellt sich die Frage, ob Wasserversorger aufgrund einer ausreichenden Rechtsgrundlage dazu befugt sind, nach freiem Ermessen derartige begrenzende Regelungen aufzustellen.

Grundgesetz 

Als öffentliche Aufgabe gehört die Wasserversorgung traditionell zum Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden gemäß Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Die Gemeinden trifft eine Gewährleistungsverantwortung, d. h. sie dürfen sich ihrer Pflicht zur Durchführung der öffentlichen Wasserversorgung nicht entledigen und genügen so der grundrechtlichen Schutzpflicht, den Bürgern in ausreichendem Umfang Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Auch aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) in Verbindung mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) folgt, dass der Staat eine sichere, qualitativ angemessene und flächendeckende Versorgung mit Trinkwasser zu erschwinglichen Preisen als Teil des Existenzminimums gewährleisten muss. Den Staat trifft auch eine Pflicht zur Vorsorge gegen die vom Wasser ausgehenden Gefahren sowie für Wassermangelzeiten. 

Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union und Wasserhaushaltsgesetz

Im Jahr 2000 wurde auf europäischer Ebene die Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik erlassen (Wasserrahmenrichtlinie - WRRL - RL 2000/60/EG). Mit der WRRL wird die Gewässerbewirtschaftung in Europa geregelt. Ein Ziel u. a. ist es, eine nachhaltige Wassernutzung zu fördern. Deutschland hat die WRRL insbesondere durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in nationales Recht umgesetzt.

Nach dem WHG wirken die Träger der öffentlichen Wasserversorgung auf einen sorgsamen Umgang mit Wasser hin. Sie halten insbesondere die Wasserverluste in ihren Einrichtungen gering und informieren die Endverbraucher über Maßnahmen zur Einsparung von Wasser unter Beachtung der hygienischen Anforderungen. Um dem Grundsatz des sorgsamen und sparsamen Umgangs mit Wasser Rechnung zu tragen, muss der Verteilungsmaßstab für die Kosten des Wasserbezugs zumindest teilweise vom tatsächlichen Wasserverbrauch abhängen. Dies entspricht auch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, wonach die Wassergebühren-politik angemessene Anreize schaffen soll, die Wasserressourcen effizient zu nutzen (Art. 9 RL 2000/60/EG). Der öffentlichen Trinkwasserversorgung wird Vorrang vor privaten Eigentümerinteressen eingeräumt.

Durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen können Wasserschutzgebiete ausgewiesen werden, um Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder einer künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG). 

Die zuständige Wasserrechtsbehörde darf gegenüber dem Wasserversorger bezüglich der ihm erteilten Erlaubnis oder Bewilligung zur Förderung von Wasser auch nachträglich Inhalts- und Nebenbestimmungen anordnen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b) WHG). Dies erfasst insbesondere auch Maßnahmen, die geboten sind, damit das Wasser mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt sparsam verwendet wird. Diese Regelung ist jedoch in der Praxis wenig relevant. Bezugspunkt entsprechender Anordnungen ist immer und ausschließlich die Gewässerbenutzung selbst. Daher ist eine Anordnung, die einem Wasserversorgungsunternehmen aufgibt, Verwendungsbeschränkungen gegenüber den Abnehmern einzuführen, von dieser Ermächtigung nicht gedeckt.

Wassergesetz der Länder

Das WHG wird durch die Regelungen der jeweiligen Wassergesetze der Länder ergänzt. In den Landeswassergesetzen können die Länder aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nur noch teilweise Abweichungen vom WHG treffen und Öffnungsklauseln des WHGs nutzen. So darf z. B die Kreisverwaltungsbehörde den Gemeingebrauch von Gewässern nach Art. 18 Abs. 3 BayWG beschränken.

Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)

Das Wasserversorgungsunternehmen ist verpflichtet, Wasser im vereinbarten Umfang jederzeit am Ende der Anschlussleitung zur Verfügung zu stellen. Dies gilt jedoch nicht, soweit zeitliche Beschränkungen zur Sicherstellung der öffentlichen Wasserversorgung erforderlich oder sonst vertraglich vorbehalten sind. (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AVBWasserV)

Das Wasser darf für alle Zwecke verwendet werden, soweit nicht in der AVBWasserV oder aufgrund sonstiger gesetzlicher oder behördlicher Vorschriften Beschränkungen vorgesehen sind. Das Wasserversorgungsunternehmen kann die Verwendung für bestimmte Zwecke beschränken, soweit dies zur Sicherstellung der allgemeinen Wasserversorgung erforderlich ist. (§ 22 Abs. 2 AVBWasserV)

Zeitliche Beschränkungen und Beschränkungen für bestimmte Zwecke können demnach in Betracht kommen, so z. B das Verbot der 

  • Verwendung zum Beregnen, Berieseln und Bewässern von landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen, Gärten und Kleingärten,
  • Verwendung in Freibädern, Swimmingpools, Wasserbecken, Springbrunnen und ähnlichen Anlagen,
  • Verwendung zum Waschen von Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen, soweit dies nicht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

Demgegenüber sind Verwendungsbeschränkungen gegenüber Anlagen und Unternehmen, die ihr Wasser von der öffentlichen Wasserversorgung beziehen, nicht vorgesehen. Dies betrifft insbesondere eine allgemeine Beschränkung der Bezugsmenge. Es ist deshalb zu bezweifeln, dass ein Wasserversorger den Wasserbezug allgemein auf eine maximale Bezugsmenge ohne vertragliche Vereinbarung oder Zustimmung des Betroffenen begrenzen darf. 

Gemeindeordnungen und Satzungsrecht

Die Gemeinden können zur Regelung ihrer Angelegenheiten Satzungen erlassen. In den Satzungen können die Gemeinden insbesondere die Benutzung ihres Eigentums und ihrer öffentlichen Einrichtungen regeln. Gemeinden kommt innerhalb ihrer Satzungsautonomie eine umfangreiche Gestaltungsfreiheit zu, „ob” und „wie” sie eine Satzung erlassen möchten.

Satzungen, die das Rechtsverhältnis zwischen den Wasserversorgern und den Kunden öffentlich-rechtlich regeln, sind entsprechend der Bestimmungen der AVBWasserV auszugestalten. 

Mit einer allgemeinen Einschränkung des Wasserbezugs können Grundrechte, wie die allgemeine Handlungsfreiheit, das Grundrecht auf freie Berufsausübung und das Grundrecht auf Eigentum betroffen sein. 

Ob Regelungen, die über die Ermächtigungen der AVBWasserV hinaus gehen, auch ohne weiteren gesetzlichen Rahmen, z. B in der Gemeindeordnung, zulässig sind, kann bezweifelt werden. In diesem Zusammenhang stößt die Satzungsautonomie der Gemeinden an ihre Grenzen. So gebietet schon die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, dass alle grundrechtsrelevanten Entscheidungen durch den Gesetzgeber selbst getroffen werden müssen. Dieser hat durch spezielle Rechtsgrundlagen derartige Einzelfälle zu normieren, wie dies etwa in Art. 24 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) geschehen ist. Es kann deshalb in Frage gestellt werden, dass eine generelle Satzungsermächtigung wie etwa in Art. 23 BayGO, § 4 GemO BW, § 5 HGO und § 19 THürKO für Bezugsbeschränkungen, die über die Reglungen der AVBWasserV hinausgehen, einen ausreichenden rechtlichen Rahmen bilden kann.

Einzelfallregelungen

Öffentlich-rechtlich organisierte Träger der Wasserversorgung erlassen Einzelfallregelungen auf der Grundlage ihres Satzungsrechtes. Enthält dieses keine entsprechenden Ermächtigungen oder ist eine Satzungsregelung unwirksam, ist die Einzelfallregelung zumindest rechtswidrig.

Fazit

Aufgrund knapper werdender Wasserressourcen müssen sich Wasserversorger auch mit Anordnungen zum Wassersparen gegenüber ihren Nutzern auseinandersetzen. Die AVBWasserV bzw. entsprechendes Satzungsrecht öffentlich-rechtlich organisierter Wasserversorger ermächtigen zu zeitlichen Beschränkungen und Beschränkungen der Nutzungen zu einem bestimmten Zweck. Für allgemeine mengenbezogene Einschränkungen dürfte jedoch aktuell eine rechtmäßige Umsetzung zweifelhaft sein. Wasserversorger betreten hiermit juristisches Neuland, wofür der Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen zu schaffen hat.



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