Herausforderungen für die Telekommunikationsbranche

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veröffentlicht am 1. Juni 2023




Der deutsche Festnetzmarkt befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch. Neben einer Vielzahl von Chancen stehen viele Telekommunikationsunternehmen aber auch vor großen Herausforderungen. Im Rahmen dieses Beitrags werden wir einige dieser Herausforderungen aufzeigen und einen Ausblick auf die möglichen Auswirkungen geben.


Historie der deutschen Breitbandförderkulisse

Im Gegensatz zu anderen Ländern verfügt Deutschland über eine ausgeprägte und zum Teil relativ leistungsfähige Kupfer- und Koaxialkabelinfrastruktur der Kabel-TV und Telefonnetze, die in vielen Regionen nach wie vor aktiv genutzt wird. Die Verlegung von FTTB- und FTTH-Netzen auf reiner Glasfaserbasis führt aufgrund von derzeit noch fehlenden Migrationskonzepten nicht zur Einstellung des Betriebs der Bestandsinfrastruktur, was ein Glasfaserinvestor in sein Kalkül miteinbeziehen muss.

Heute, im Jahr 2023, steht der Markt vor einer Neuordnung: Unter anderem bedingt durch die Ereignisse und Entwicklungen der Jahre 2021 und insbesondere 2022 zeichnen sich Veränderungen ab, die das Marktgeschehen in den kommenden Jahren prägen und seine Akteure beschäftigen dürften. Im weiteren Teil gehen wir insbesondere auf folgende Herausforderungen ein: 

  1. Zinswende und Baukostenanstieg
  2. Fachkräftemangel und Personalengpässe
  3. Nachhaltigkeitsziele: ESG/CSR
  4. Netzzugangs- und Entgeltregulierung
  5. Materialmangel und Lieferkettenbrüche

Zinswende und Baukostenanstieg

Nach einer langjährigen Niedrigzinsphase stiegen die Zinsen im Laufe des Jahres 2022 im gesamten Euroraum signifikant an. So erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins (gemeint ist hier das Hauptrefinanzierungsinstrument MRO) innerhalb des Jahres um 2,5 Prozentpunkte und nahm am 8.9.2022 die höchste Anhebung seit Einführung des Euros (0,75 Prozentpunkte) vor.

Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Finanzierungskonditionen von Kreditnehmern aus. So konnten wir im Rahmen unserer Beratungstätigkeit im Laufe des Jahres teilweise Zinsanstiege zwischen 2,5 und 3,5 Prozentpunkten bei ansonsten gleichen Konditionen (Laufzeit, Besicherungsstruktur etc.) bei Glasfaserprojekten beobachten. 

Diese allgemeine Teuerung machte sich im Laufe des Jahres insbesondere auch bei den Baukosten zur Errichtung von Glasfasernetzen bemerkbar. Die von der Bundesbank veröffentlichte Zeitreihe der Baupreise (Zeitreihe BBDP1.Q.DE.N.BP.O.B1A0000000. I15.A) zeigt für das Jahr 2022 Preisanstiege im Vergleich zum Vorjahr zwischen 13,9 Prozent (1. Quartal 2022) und 18,2 Prozent (2. Quartal 2022). 1

Als Gegenmaßnahmen bieten sich die Teilnahme an Förderverfahren sowie alternative Verlegeverfahren an, die zu einer Reduzierung der Baukosten führen können. Eine weitere Maßnahme kann die Eingrenzung des Ausbaugebietes sein.

Fachkräftemangel und Personalengpässe

Der Fachkräftemangel und die daraus resultierenden Personalengpässe sind Herausforderungen, die inzwischen nicht nur die Telekommunikationswirtschaft betreffen. Zur wachsenden Problematik des Fachkräftemangels wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Untersuchungen wie beispielsweise vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (April 2020) veröffentlicht. Demnach steigen Löhne in Berufen mit flächendeckendem Fachkräftemangel um 3,01 Prozent pro Jahr (0,61 Prozentpunkte höher als ohne Fachkräftemangel).

Der Fachkräftemangel dürfte Folgen in relevanter Größenordnung auf die Wirtschaftlichkeit eines Betriebes haben. Um das eigene Geschäft nicht nachhaltig zu gefährden, ist eine Kombination aus optimaler Aufstellung bei der Personalakquise und -bindung in Verbindung mit der Steigerung der eigenen Effizienz, der gezielten Einbindung von Dienstleistern und der Abwägung von tiefergehenden Kooperationen angezeigt.

Nachhaltigkeitsziele: ESG/CSR

Unternehmen werden zunehmend auch an ihrer gesellschaftlichen Rolle gemessen. Maßgeblich dafür ist die sogenannte Corporate Social Responsibility (CSR). Die Einführung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht durch die EU-Kommission im letzten Jahr stellt die CSR noch weiter heraus. 

Aufgrund ihres geringen Energiebedarfs für die Signalübertragung im Vergleich zum gängigen TV-Kabelnetz ist die Umstellung auf ein FTTH-Netz an sich als CSR-Beitrag zu werten. Dennoch sind bei der Errichtung und im laufenden Betrieb von Glasfasernetzen weitere Aspekte zu beachten, die als freiwilliger oder verpflichtender CSR-Beitrag einzuordnen sind. Typische Beispiele sind die konsequente Mitverlegung von Leerrohren bei sonstigen Tiefbaumaßnahmen oder der Einsatz alternativer Verlegetechniken, die zu einer Reduktion von Baustellen und der damit verbundenen Umwelt- und Verkehrsbelastungen beitragen.

CSR-Maßnahmen verursachen im ersten Schritt häufig Kosten, können jedoch, richtig angewendet, auch zu Einsparungen führen. Darüber hinaus wirken sie sich im besten Fall positiv auf die interne und externe Wahrnehmung des Unternehmens aus.

Netzzugangs- und Entgeltregulierung

Die Verpflichtung, das eigene Glasfasernetz für den Wettbewerb zu öffnen, kann zunächst zu einem Rückgang der Wirtschaftlichkeit führen. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass die Nachfrage nach dem eigenen Glasfasernetz schlicht aufgrund einer bisher nicht vorhandenen Wahlmöglichkeit rückläufig ist. Gleichzeitig geht mit dem Open Access jedoch in der Regel eine höhere Netzauslastung einher, was grundsätzlich positiv zu bewerten ist. Die Einnahmen aus dem Wholesale gleichen zumindest teilweise den Rückgang der Profitabilität aus.

Darüber hinaus ist im Rahmen von Open Access der Einstieg in fremde Netzgebiete möglich. Hierdurch können zusätzliche Kundenpotenziale erschlossen werden, um den Nachfragerückgang im eigenen Gebiet zu kompensieren. Die Sinnhaftigkeit hängt jedoch letztlich von den individuellen Kostenstrukturen und der Vertriebsstärke ab.

Materialmangel und Lieferkettenbrüche

Die Abhängigkeit von globalen Materiallieferungen wird deutschlandweit (und auch in Teilen des europäischen Auslands) zunehmend mit Sorge beobachtet. Auch der Glasfaserausbau war in den vergangenen Jahren stark von Materialengpässen betroffen. Ob die vollständige Wiederherstellung der internationalen Lieferketten der 2010er-Jahre gelingt und überhaupt anzustreben ist, darf bezweifelt werden. Die Materialbeschaffung wird daher zukünftig zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor im Glasfaserausbau, der zwangsläufig mit steigenden Kosten verbunden sein dürfte. Um Risiken wie Lieferengpässen und -ausfällen vorzubeugen, wird die Planung von regionalen Materiallagern, die Realisierung von kurzen Lieferwegen sowie der Aufbau eines diversifizierten Lieferantenportfolios wichtiger. Den damit verbundenen Kosten stehen globale Lieferkettenrisiken gegenüber.

Fazit

Die Telekommunikationsbranche steht aktuell und in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen, gleichzeitig aber auch vor großen Chancen. Einige dieser Herausforderungen haben wir in diesem Artikel aufgezeigt. Eine detailliertere Betrachtung finden Sie in unserer Case Study.

Die Kombination von Gegenmaßnahmen zu umfassenden Maßnahmenpaketen führt in der Regel zu einer Anpassung der gesamten Unternehmensstrategie. Diese sollte von einer entsprechenden finanzwirtschaftlichen Prognoserechnung und einer substantiierten Untersuchung der einzelnen Wirkungszusammenhänge begleitet werden. Grundsätzlich lässt sich ein solches Vorgehen in folgende Schritte aufgliedern:

  1. Aufsetzen einer belastbaren Prognoserechnung
  2. Abschätzen der Auswirkung verschiedener externer Entwicklungen auf die Prognose
  3. Definieren von potenziellen Gegenmaßnahmen
  4. Abschätzen der Auswirkungen der Gegenmaßnahmen auf die Prognose
  5. Umsetzung und Implementierung zielführender Gegenmaßnahmen

Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung wäre es zudem zielführend, auch die Chancen der kommenden Jahre zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der langfristig grundsätzlich sehr günstigen Entwicklung am Telekommunikationsmarkt steht dann dem individuellen Unternehmenserfolg auch in schwierigen Zeiten nichts im Wege.

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1 Zum Zeitpunkt der Erstellung lagen die Werte für das 4. Quartal 2022 noch nicht vor.



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