Vom Klimaschutzplan der Bundesregierung zu einer Vision für Stadtwerke

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​veröffenticht am 7. Dezember 2016

 

Die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird langfristig wesentliche Geschäftsaktivitäten von Stadtwerken in Frage stellen. Die Entwicklung einer Vision für Klimaschutz und Erneuerbare Energien kann dazu beitragen, sich frühzeitig auf die Veränderungen einzustellen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

 

Klimaschutz Grafik 

 

Abbildung 1: Klimaschutz

 

Klimaschutzplan 2050

Im Klimaschutzplan 2050 werden die politischen Rahmenbedingungen konkretisiert, wie Deutschland seine langfristigen Klimaschutzziele erreichen soll.

 

Der Klimaschutzplan 2050 folgt damit der UN-Klimakonferenz von Paris im Dezember 2015, bei der beschlossen wurde, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen. Dies kann nur erreicht werden, wenn bis zum Jahr 2050 sehr weitgehende Treibhausgasminderungsziele umgesetzt werden.

 

So soll die Verbrennung fossiler Energieträger bis zum Jahr 2040 eingestellt werden und die Energie- und Wärmeversorgung sowie der Verkehr auf Erneuerbare Energien umgestellt werden.

 

Das internationale Klimaabkommen und auch der deutsche Klimaschutzplan betreffen alle Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft, die bisher von fossilen Energieträgern abhängig sind, d.h. insbesondere die Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Mobilität. Die weitgehende Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird auch erhebliche Auswirkungen auf Stadtwerke haben, gleichzeitig aber auch Chancen für neue Geschäftsmodelle und innovative Konzepte bieten.

 

Sektorziele

Im Bereich Wohnen und Gebäude bedeutet dies, dass von kontinuierlich sinkenden Erdgasverbräuchen aufgrund von energetischen Sanierungsmaßnahmen auszugehen ist. Bis zum Jahr 2035 sind die Auswirkungen mit einem Rückgang von ca. 10 Prozent noch überschaubar. Wenn aber langfristig klimaneutrale oder CO2-freie Städte und Gemeinden umgesetzt werden, hätte dies dramatische Rückgänge der Erdgasverbräuche zur Folge und würde neben fehlenden Margen aus dem Erdgasnetz und -vertrieb auch die Infrastruktur für Erdgas in Frage stellen. Biogas steht nicht in ausreichendem Umfang als Ersatz zur Verfügung und der zukünftige Umfang der Sektorkopplung auf Basis von Power-To-Gas ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einschätzbar.

 

Smart City- und Smart Community-Konzepte als zukunftsweisende Antwort darauf benötigen kostenintensive Investitionen in die Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Energie und Infrastruktur. Hier können sich Stadtwerke als Systemanbieter und Dienstleister profilieren, diese Infrastruktur bereitzustellen und zu managen.

 

Auch in der Energiewirtschaft wird eine konsequente Reduktion der CO2-Emissionen die Stromerzeugung weiter dramatisch verändern. Konkrete Ziele zum Abschalten von Kohlekraftwerken sind im jetzigen Entwurf zwar nicht mehr vorgesehen, aber auch die Aussage: „Die Energieerzeugung muss spätestens bis 2050 nahezu vollständig CO2-neutral erfolgen.” lässt wenig Spielraum für Kohlekraftwerke, aber auch nur sehr begrenzt für Gaskraftwerke erwarten. Eine Stromerzeugung, die fast vollständig auf Erneuerbaren Energien basiert, wird massive Auswirkungen auf den Strommarkt und die Preisstellung haben, wie wir dies in den letzten Jahren schon ansatzweise durch die erheblich gestiegene EEG-Umlage feststellen konnten.

 

Nach aktuellen Informationen ist im Klimaschutzplan eine Senkung der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 vorgesehen. Der geplante Kohleausstieg wurde nicht konkretisiert, stattdessen soll sich eine neue Kommission mit dem Strukturwandel in den Kohleregionen befassen und Vorschläge zur CO2-Minderung im Kohlebereich entwickeln. Demgegenüber wurden die zeitweilig gestrichenen Sektorziele für verschiedene Branchen wieder aufgenommen. Auch wenn nun die finale Fassung in Teilbereichen weniger ambitioniert ist als frühere Fassungen, bleibt die Grundbotschaft erhalten, dass die Ziele von Paris nur mit massiven Veränderungen der Erzeugung und Nutzung von Energie bis Mitte dieses Jahrhunderts möglich sind.

 

Antworten von Stadtwerken

Aber was sind die Antworten von Stadtwerken darauf? Investitionen in Windkraft und andere dezentrale Stromerzeugung sind bei vielen ganz oben auf der Prioritätenliste, aber das wird nicht reichen. Dezentrale Erzeugungsprojekte mit Speichern werden in einigen Jahren Standard sein, denen sich die Stadtwerke nicht verschließen sollten. Sie können beispielsweise bei zukunftsweisenden Quartierskonzepten Erfahrungen sammeln, um sich auf die zunehmende dezentrale Struktur der Energieversorgung einzustellen.

 

Für den Verkehrsmarkt ist auch eine weitgehend CO2-freie Mobilität bis 2050 vorgesehen. Dies kann nur durch vielfältige Maßnahmen erreicht werden: Elektrifizierung des Individualverkehrs, höhere Transporteffizienz und Veränderung des Modalsplits. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Strom- und Mineralölverbräuche, aber auch auf die Auslastung des öffentlichen Verkehrs bis hin zu neuen Mobilitätskonzepten.

 

Insbesondere kommunale Unternehmen mit Verkehrsbetrieben werden gefragt sein, auch in innovative Mobilitätskonzepte zu investieren und die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen zurückzufahren. Die Verkehrsunternehmen und auch Stadtwerke ohne Verkehrssparte sollten sich zunehmend als Mobilitätsdienstleister verstehen, die unabhängig vom Verkehrsmittel Lösungen anbieten, die zunehmend auf Erneuerbaren Energien basieren.

 

Auch werden Visionen gefragt sein, Stadtwerke CO2-frei oder auf 100 Prozent auf Erneuerbare Energien auszurichten. Die Stadtwerke München können hier Vorbild für viele andere Stadtwerke sein, sich durch Nachhaltigkeit, Klimaschutz und den Ausbau Erneuerbarer Energien zu profilieren. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis wann auch vermehrt kleine und mittlere Stadtwerke ähnliche Ansätze in die Tat umsetzen.

 

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Auswirkungen für Stadtwerke und kommunale Unternehmen langfristig bahnbrechend sind. Viele Bereiche der Unternehmen werden betroffen sein. Stadtwerke müssen nicht unbedingt die „first mover” sein, sollten aber nah dran am Kunden und an der Politik sein, um das positive Image langfristig zu sichern. Neue Chancen für Geschäftsmodelle werden sich entwickeln, während altbewährte Geschäftsfelder in Frage gestellt werden. Wenn sich Stadtwerke als Vorreiter des Klimaschutzes und der kommunalen Daseinsvorsorge sehen („early mover”), sollten sie eine Vision entwickeln und an innovativen Konzepten und Lösungen arbeiten, um sich bei den eigenen Kunden zu profilieren und nicht am Ende von neuen Playern abgehängt zu werden.

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Dr. Matthias Koch

Dr. Ing., MBA, CVA

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