Die Stadtwerke der Zukunft – Quartiersversorgung als neues Geschäftsfeld?

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​veröffentlicht am 14. Juni 2017

 

Bei Stadtwerken besteht Innovationsdruck, mit neuen Geschäftsmodellen am Markt präsent zu blieben. Contracting-Lösungen und umfassende Quartierslösungen können eindeutige Bausteine sein und reduzieren sich nicht nur auf die energetische Versorgung des Objektes.

 

​Die Energiewende ist Realität. Kommunen und Stadtwerke, aber auch Bürger investieren verstärkt in den Ausbau Erneuerbarer Energien. Der Wandel der Energiewirtschaft sowie die Dezentralisierung der Energieversorgung eröffnen neue Geschäftsfelder, die Stadtwerke vor Herausforderungen stellen. Durch regulatorische Rahmenbedingungen und die Digitalisierung wird der Wandel der Energiewirtschaft vorangetrieben. Einige Stadtwerke haben bereits die Wachstumsperspektiven erkannt und investieren in neue, innovative Lösungsansätze. Dabei gilt es, die Potenziale aufzugreifen und die Zeichen der Zeit zu erkennen:

 

  • Dezentrale und smarte Energieversorgung,
  • Ausbau von Erzeugungsanlagen der Erneuerbaren Energien,
  • Abfangen des höheren Anteils von Prosumern unter den Kunden.


Es gibt viele Möglichkeiten und Stadtwerke können durch professionelle Planung und Kooperationen erfolgreich am Wandel teilhaben.


Optimal Versorgungskonzepte für Quartiere

Neue Wettbewerber bringen Bewegung in die etablierte Energiewirtschaft. Energieversorgungsunternehmen (EVU) bekommen Konkurrenz aus anderen Segmenten. Bauunternehmen und innovative Start-ups bieten Gesamtkonzepte für die Versorgung von Neubauten und Einrichtungen durch eine dezentrale Energieerzeugung mittels PV1-Anlagen oder BHKW2-Anlagen an. Neben der Strom- und Wärmeerzeugung werden weitere mögliche Bausteine wie Stromspeicher und intelligente Messsysteme angeboten. Letzteres setzen schon heute Messstellenbetreiber wie beispielsweise die ista erfolgreich um. Ein Markt, der wiederum den Stadtwerken das Platzieren von (Energie-)Dienstleistungen, wie die Fernablesung der Strom- und Wärmezähler, ermöglicht. Dies führt zu einer nachhaltigen, energieeffizienten und zukunftsorientierten Geschäftsbasis.


Mittlerweile bieten Newcomer am Markt für ihre Kunden auch die Integration von Mobilitätskomponenten, wie zum Beispiel Carsharing-Pools. Durch die Umsetzung von Carsharingmodellen können wiederum Stellplätze an den Objekten eingespart werden, wodurch bestimmte Verpflichtungen – vor allem Stellplatzpflichten für den Objektentwickler – entfallen können. Das gewinnt zu bebauenden Raum und führt zu erheblichen Kosteneinsparungen für die betroffenen Eigentümer bzw. Bauträger. Weiterhin wird die Ladeinfrastruktur, also Ladesäulen für E-Cars, als Bestandteil eines Gesamtkonzepts angeboten. Interessierte Wohnungsbaugesellschaften, Hotelbetreiber und Immobilienprojektentwickler sowie Filialisten können Kunden für dieses Gesamtkonzept sein. Integration von dezentraler Energieerzeugung erhöht den „Autarkiegrad” des Gebäudes und die Möglichkeit, gegebenenfalls Mietern somit auch ein modernes, effizientes Energieversorgungskonzept anbieten zu können (was sich in der Miete widerspiegelt). Jeder weitere Schritt zur (Teil-) Autarkie von Gebäuden bedeutet Umsatzrückgang im herkömmlichen Vertriebsgeschäft, daher sollten Stadtwerke diese Prozesse verfolgen und bei Gelegenheit selbst tätig werden.


Je nach Integration und Größe der Anlagen können Wohnquartieren durch intelligente Gesamtkonzepte 30 - 70 Prozent3 des Strombedarfs (neben der 100-prozentigen Versorgung mit Wärme) durch die Energieerzeugung aus dezentralen Erneuerbaren Energien decken. Immobilienbetreiber/-besitzer profitieren wiederum vom positiven Image der regenerativen Energieerzeugung sowie den langfristig kalkulierbaren Energiekosten. Durch den hohen Kapitaleinsatz (bei aktuell niedrigen Zinsen) sowie die Reduktion von Brennstoffkosten sind auch Flatrate-Modelle für Mieter denkbar. Das vergrößert die Attraktivität der Immobilie und ermöglicht höhere Mieteinnahmen.

PV BHKW Wohngebäude

Abbildung 1: PV und BHKW mit Strom- und Wärmeeigenverbrauch; Batteriespeicher, und Ladesäule in Wohngebäuden

 

Mittels Mieterstrommodellen bietet die Dezentralisierung finanziell Vorteile. Neben dem direkten Eigenverbrauch der erzeugten Energie wird der Überschuss an Strom ins Netz eingespeist oder in einem Speicher gelagert. Des Weiteren kann der erzeugte Eigenstrom der PV-Anlage zur Deckung des Allgemeinstroms (Aufzüge, Verkehrsflächenbeleuchtung, Strom für Heizungsbetrieb, etc.) beitragen.


Dies führt zu reduzierten umlagefähigen Nebenkosten, wodurch die beteiligten Mieterparteien profitieren. Mit Spannung ist hierfür auch die neue Mieterstromverordnung zu erwarten, die erst Ende April durch das Kabinett verabschiedet wurde und eine eigene Förderung für den Strom
aus Mieterstromanlagen zugrunde legen wird. Danach gilt es, die bisherigen Tarifstrukturen durch u.a. die Förderung des Mieterstroms neu anzupassen. Den Vertrauensvorschuss der Stadtwerke genutzt, können Quartierslösungen (und die oft nötige Residualmengenlieferung) eine starke Kundenbindung aufbauen.


Schlüsselrolle der Stadtwerke

Die lokalen und regionalen Energieversorger haben eine gute Ausgangssituation, die Aufgaben für die kommenden Jahre erfolgreich zu meistern. Die Grundvoraussetzung ist bereits geschaffen, denn Stadtwerke sehen die Digitalisierung als Chance. Dennoch muss die Digitalisierung noch einen zentralen Platz in der Geschäftsstrategie erhalten, um die Potenziale vollständig ausschöpfen zu können. Der Kunde ist der Mittelpunkt – diesen Fokus haben sich Stadtwerke, die durch ihre regionale Marktaufstellung bereits eine gute Reputation als zuverlässiger Versorger haben, in ihrer Strategie gesetzt4. Im Trend liegen innovative, energieeffiziente Konzepte für den Energiemarkt der Zukunft. Stadtwerke müssen daher umdenken und mehr (Energie-)Dienstleistungen anbieten. Neue, innovative Geschäftsmodelle sind unabdingbar. Kooperationen und Synergien mit anderen EVU und innovativen Start-ups sind eine Möglichkeit, um neue Ideen und Produkte ins eigene Geschäftsmodell zu integrieren und durch Sektorkopplung den Weg vom Versorger zur Integration der E-Mobilität zu suchen.


Zur Realisierung steht den Akteuren eine Anzahl von Förderprogrammen, unter anderem die „Energetische Stadtsanierung – Quartiersversorgung” der KfW oder die „Förderung der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge” zur Verfügung. Für Letztere können private Investoren, Städte und Gemeinden aus einem Förderpool von 300 Millionen Euro, für den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur mit 15.000 Ladesäulen, schöpfen. Der Ausbau von Ladesäulen kann zudem mit neuen Quartiersversorgungskonzepten kombiniert werden.


Stadtwerke, die mit einer professionellen Vorbereitung ihre Unternehmensstrategie erweitern und in den Ausbau von innovativen Geschäftsbereichen wie E-Mobilität, Ladesäulen und andere (Energie-)Dienstleistungen investieren, werden eine Schlüsselrolle in der Energiewende in Deutschland spielen. 

 

 

 

1 Photovoltaik (PV)

2 Blockheizkraftwerk (BHKW)

3 Eigene Berechnungen der Eigenverbrauchsquote (je nach Auslegung der Anlage und Lastprofil)

4 Vgl. Studie von Rödl & Partner (März 2017): Digitalisierung der Geschäftsprozesse und IT im Unternehmen transformieren 

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Kai Imolauer

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