Testmanagement bei IT-Softwareprojekten – Wichtiger Baustein zur Budgeteinhaltung und Qualitätssicherung

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veröffentlicht am 1. März 2018

 

​Im digitalen Zeitalter gehören regelmäßige Anpassungen an IT-Systeme mittlerweile zum Tagesgeschäft. Die Gründe dafür sind vielfältig. Egal, ob es um den Austausch des bisher genutzten ERP-Systems, um die Migration von Daten aus dem einen in ein anderes System oder um die Anpassung IT-basierter Prozesse geht. All diese Beispiele haben mehr oder weniger umfangreiche Entwicklungsarbeiten am System zur Folge. In der Energiewirtschaft bringen insbesondere die fortwährenden Veröffentlichungen neuer gesetzlicher Anforderungen an die Prozesse der Marktakteure laufend Entwicklungsaufwand am System mit sich.

 

Ausgangssituation/Rahmenbedingungen

Da es aufgrund der Komplexität von IT-Systemen kaum möglich ist, Software vollkommen fehlerfrei zu entwickeln oder die Datenmigration fehlerfrei durchzuführen, ist die frühzeitige Identifikation und Korrektur von Fehlern von immenser Bedeutung. Das wird vielerorts jedoch vernachlässigt. Studien haben ergeben, dass fast die Hälfte aller Systemfehler erst im Produktivbetrieb gefunden werden, wodurch die Fehlerkorrektur um ein fünffaches teurer wird, als sie es bei einer frühzeitigen Erkennung gewesen wäre.1 Noch gravierender sind die Auswirkungen, wenn aufgrund zunächst unentdeckter Fehler komplette geschäftskritische Prozesse, wie z.B. die Abrechnung von Netznutzungsentgelten oder von Letztverbrauchern, Lastschriftverfahren etc. zeitweise nicht mehr funktionieren.

 

Die Vorteile eines Testmanagements bei
IT-Softwareprojekten

Die oben beschriebenen Risiken lassen sich jedoch gezielt minimieren. Mithilfe eines gut durchdachten Testmanagements werden Fehler frühzeitig identifiziert, Synergieeffekte gehoben und die Gesamtkosten von IT-Projekten beherrschbar. Vor diesem Hintergrund ist das Testmanagement als Qualitätssicherungsinstrument zu begreifen.

 

Als Testmanagement bezeichnet man die Koordination aller Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dem Test von Softwareentwicklungen stehen. Dabei ist es irrelevant, ob die Softwareentwicklung nach dem klassischen (starren) Wasserfallmodell oder auf die agile Art geschieht, bei der das Management und die Steuerung von Projekten sehr dynamisch und flexibel erfolgen.

 

Mit der Implementierung eines effizienten Testmanagements und zur Nutzung von Synergieeffekten sollte man sich über grundlegende Dinge Gedanken machen, wie bspw. den Einsatz eines geeigneten Testmanagement-Tools und die Einführung einheitlicher Begrifflichkeiten und Definitionen im Projekt.

 

Testmanagement-Tools sind eigenständige, softwarebasierte Werkzeuge, die von diversen Unternehmen am Markt angeboten werden. Diese sind i.d.R. sowohl branchenunabhängig als auch unabhängig von dem System, in dem die Softwareanpassungen umzusetzen sind. Sicherlich ist dies im ersten Schritt mit einer Investition verbunden. Diese sollte sich aber verhältnismäßig schnell amortisieren. Ein solches Tool hilft dabei, die vom Testmanagement gemachten Vorgaben umzusetzen und die Prozesse für alle am Test beteiligten Akteure zu standardisieren und zu optimieren, wodurch zum einen Zeit und zum anderen auch Geld gespart wird.

 

Grundsätzlich ist jedoch die Standardisierung des Testprozesses der größte Hebel für ein effizientes und kostengünstiges Arbeiten im Projekt. So ist bspw. vom Testmanagement zu definieren, welche Inhalte zwingend in sogenannten Testfällen und in Fehlermeldungen zu dokumentieren sind. Zusätzlich sind mögliche Statusausprägungen und Prioritäten, die ein Testfall oder eine Fehlermeldung annehmen können, festzulegen und deren Bedeutung zu definieren. Ungetestete Testfälle oder nicht rechtzeitig vor Produktivsetzung behobene Fehler mit der höchsten Priorität können am Ende die Abnahme durch den Fachbereich gefährden. Das allein ist Grund genug, im Unternehmen ein einheitliches Verständnis zu schaffen und die Beteiligten zu sensibilisieren, bewusst mit den Prioritäten und Statusausprägungen umzugehen. So haben wir bereits in diversen Projekten erlebt, dass man zum Ende einer Testphase oder eines Projektes alle vermeintlich kritischen ungetesteten Testfälle oder produktivsetzungsverhindernde Fehler ein weiteres Mal hinsichtlich ihrer Kritikalität prüft und diese schlussendlich doch nicht als kritisch bewertet. Solche unnötigen Aufwände können durch ein strukturiertes Testmanagement vermieden werden.

 

Im Idealfall hält man all diese Definitionen und Testprozesse zentral in einem Testkonzept fest, das unternehmensweit und projektübergreifend genutzt werden sollte. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Mitarbeiter die gleichen Abläufe verinnerlichen, wodurch interne Schulungsmaßnahmen reduziert und Klärungsbedarfe minimiert werden. Des Weiteren wird dadurch die Zusammenarbeit innerhalb der Teams sowie teamübergreifend verbessert. So haben wir bspw. bei einem Energieversorger für die Marktrolle Netz ein Projekt begleitet, in dem u.a. die Schnittstelle zur Marktrolle Vertrieb mitgetestet wurde. Die Tatsache, dass bis dato im Netz und im Vertrieb im Rahmen der Testmethodik unterschiedliche Definitionen zum Einsatz kamen und die Testprozesse von den beteiligten Personen unterschiedlich gelebt wurden, hat zu erheblichem Mehraufwand geführt. Nur wenn alle Beteiligten von vornherein die „gleiche Sprache sprechen”, kann die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Teams im Unternehmen optimiert, der Zeitbedarf im Testalltag minimiert und ein effizientes Arbeiten sichergestellt werden.

 

Die nachfolgende Grafik zeigt beispielhaft die Gesamtkostenentwicklung von IT-Projekten mit und ohne Testmanagement. Die Gesamtkosten setzen sich in diesem Fall aus den unmittelbaren Projektkosten und den Kosten der Nacharbeiten, d.h. der Fehlerkorrektur nach der Produktivsetzung, zusammen.

 

Gesamtprojektkosten 

Abb. 1: Beispielhafte Darstellung der Gesamtprojektkosten von IT-Projekten mit und ohne Testmanagement (Quelle: eigene Darstellung)

 

Die Implementierung eines Testmanagements in IT-Projekten hat naturgemäß höhere Projektkosten zur Folge, als es Projekte ohne Testmanagement haben. Da die Kosten der Fehlerbehebung nach der Produktivsetzung um ein Vielfaches höher ausfallen als sie während der Entwicklungszeit angefallen wären, sind die Gesamtkosten in IT-Projekten mit Testmanagement in der Regel geringer und besser beherrschbar als in Projekten ohne Testmanagement. Es ist sicherlich nicht erforderlich, für jede Kleinstentwicklung ein Testmanagement zu implementieren. Bei umfangreicheren Projekten sollte dies aber zumindest in Betracht gezogen werden. Hat sich im Unternehmen dann eine einheitliche Testkultur entwickelt, lässt sich diese ohne weitere große Aufwendungen auf Kleinstentwicklungen übertragen.

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es ohne die Integration eines Testmanagements bei IT-Projekten regelmäßig zu Budgetüberschreitungen und zur Verschiebung der Produktivsetzung kommt. Nicht selten werden solche Projekte erst gar nicht beendet, sofern die Entwicklungen keinen gesetzlichen Fristen unterliegen, wodurch eine Produktivsetzung alternativlos wird und man gezwungen wird, Fehler in das Produktivsystem zu übertragen. Dies zieht nicht nur zeit- und kostenintensive Nacharbeiten mit sich, sondern führt schlimmstenfalls auch zu erheblichen Beeinträchtigungen geschäftskritischer Prozesse.

 

Durch ein unternehmensweit einheitliches und systematisches Testvorgehen kann das Ergebnis von IT-Projekten wesentlich verbessert und können die Gesamtkosten merklich reduziert werden.

 

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1 ISTQB CTFL TM: http://www.german-testing-board.info/wp-content/uploads/2016/07/CTAL_Lehrplan2012_TM_Final_Germ_V100.pdf (abgerufen am 30.01.2018);
Heise News: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bericht-Viele-IT-Projekte-scheitern-an-unzureichenden-Tests-1233377.html (abgerufen am 30.01.2018)

 

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Raffaele Saracino

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