Genussrechte: Steuerliche Gestaltung der Finanzierungsstruktur

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​Bei der Finanzierung des Kaufpreises für den Erwerb eines Unternehmens kommt neben den „klas­si­sch­en” Finanzierungsinstrumenten insb. auch Mezzanine-Kapital in Betracht. Das zeichnet sich durch seine Nachrangigkeit ggü. Senior-Loans aus und dient häufig der Schließung von Finanzierungslücken. Die Be­zeich­nung Mezzanine-Kapital ist kein fest definierter Begriff. Es handelt sich grds. um eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital, die je nach Lage des Einzelfalls entweder eigen- oder fremdkapitalnah ausgestaltet werden kann.
 

Eine besondere Form von Mezzanine-Kapital sind Genussrechte. Nach der Rechtsprechung des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) handelt es sich bei Genussrechten um schuldrechtliche Ansprüche, die inhaltlich so aus­ge­staltet sein können, dass sie dem Genussrechtsinhaber eine gesellschafterähnliche Rechtsstellung einräumen ohne gesellschaftsrechtliche Stimm- und Verwaltungsrechte zu vermitteln.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem jüngeren Urteil die Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Bezügen aus Genussrechten konkretisiert und damit Rechtssicherheit geschaffen. Der dem Urteil zu­grun­de­liegen­de Sachverhalt, die Entscheidung sowie das resultierende steuerliche Gestaltungspotential werden im Folgenden erörtert.

Sachverhalt

Eine kanadische Tochtergesellschaft (T) hatte zur Begleichung einer Kaufpreisschuld an ihre inländische Muttergesellschaft (M) Genussrechte emittiert. Die Genuss­rechts­aus­schüt­tung sollte in Höhe von mind. vier Prozent und max. 16 Prozent des Nettogewinns der T erfolgen. M behandelte die Ausschüttungen als zu 95 Prozent steuerfreie Beteiligungserträge, T jedoch als steuerlich abzugsfähige Zinszahlungen. Das deutsche Finanzamt stufte die Genuss­rechts­ausschüttungen im Rahmen einer Betriebsprüfung als steuerpflichtige Zinsen ein und änderte daraufhin die Steuerbescheide der M. Dagegen legte M Klage ein.

Entscheidung

Der BFH schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und kam zum Ergebnis, dass die Ge­nuss­rechts­aus­schüttungen bei der M als steuerpflichtige Zinsen zu behandeln waren. Der BFH beruft sich in seinem Beschluss auf den Gesetzeswortlaut des § 20 I Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) (und § 8 III S. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG)) und bejaht das Vorliegen beteiligungsähnlicher Genussrechte nur für Fälle, bei denen der Genussrechtsinhaber sowohl am Gewinn als auch am Liquidationserlös der emittierenden Gesellschaft beteiligt ist. Nur wenn beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, stellen Bezüge aus Genussrechten steuerfreie Beteiligungserträge dar. Ist eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, liegen dagegen nach Auffassung des BFH nicht beteiligungsähnliche, sondern obligationsähnliche Genussrechte vor, aus denen steuerpflichtige Zinseinnahmen erzielt werden.

Im Streitfall wurde in den Genussrechtsvereinbarungen die Beteiligung der M am Liquidationserlös der T nicht (explizit) festgelegt. Nach Ansicht des BFH ist auf das Abwicklungsendvermögen einer Kapitalgesellschaft, d.h. auf die Beteiligung des Genussrechtsinhabers an einem etwaigen Liquidations(mehr)erlös und auf die damit verbundene Beteiligung an den stillen Reserven der emittierenden Gesellschaft abzustellen. Fehlt es an einer solchen Beteiligung am Liquidationserlös, kann die Annahme beteiligungsähnlicher Genussrechte nicht durch andere Umstände ersetzt werden:

  • So führen sowohl die Gewinnabhängigkeit der Genussrechtsausschüttungen als auch die im Fall einer Liquidation vorgesehene nachrangige Rückzahlung des Genussrechtskapitals zum Nennbetrag für sich genommen noch nicht zu einer Beteiligung am Liquidationserlös.
  • Die Stellung des Genussrechtsinhabers als Alleingesellschafter reicht ebenfalls nicht aus. Alleingesellschaftern stünden zwar sämtliche stille Reserven der emittierenden Gesellschaft zu, allerdings ergibt sich dies nicht kausal aus den Genussrechtsvereinbarungen, sondern aus der Gesellschafterstellung.
  • Auch eine lange Laufzeit (im Streitfall: 40 Jahre) spricht nicht für beteiligungsähnliche Genussrechte. 
  • Letztlich ist auch ein Wandlungsrecht des Genussrechtsinhabers zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen ohne Bedeutung für die Abgrenzung von beteiligungs- und obligationsähnlichen Genussrechten.

Praxishinweise

Die obigen Ausführungen zeigen, dass beim Einsatz von Genussrechten zur Finanzierung des Kaufpreises bei Unternehmenskäufen erhebliches steuerliches Gestaltungspotential besteht:

  • Ist in den Genussrechtsvereinbarungen eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös der emittierenden Gesellschaft vorgesehen (= beteiligungsähnliche Genussrechte), stellen die Genussrechtsausschüttungen Dividenden dar, die beim Genussrechtsinhaber als Kapitalgesellschaft zu 95 Prozent steuerfrei sind. Allerdings dürfen die Ausschüttungen nicht die steuerliche Bemessungsgrundlage der emittierenden Gesellschaft verringern.
  • Ist in den Genussrechtsvereinbarungen zwar eine Beteiligung am Gewinn, nicht aber eine explizite Beteiligung am Liquidationserlös der emittierenden Gesellschaft vorgesehen (=obligationsähnliche Genussrechte), stellen die Genussrechtsausschüttungen Zinszahlungen dar, die beim Genussrechtsinhaber entweder voll steuerpflichtig sind (Kapitalgesellschaft) oder grds. zu 25 Prozent der Abgeltungssteuer unterliegen (natürliche Person). In diesem Fall stellen die Ausschüttungen für den Emittenten abzugsfähige Zinsaufwendungen dar, welche die steuer­liche Bemessungsgrundlage verringern.

 

Somit sollte im Einzelfall genau geprüft werden, ob sich die steuerlichen Implikationen von Genussrechtskapital als Finanzierungsform mit den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmenskäufers decken.

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Florian Kaiser

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