Grunderwerbsteuer – Optimierung und Risiken des Erwerbs einer Bauträgergesellschaft

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veröffentlicht am 21. Juli 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die Übertragung von Anteilen an Unternehmen, die Grundbesitz kaufen, bebauen und wieder verkaufen (Bauträgergesellschaften), ist durch die sog. „Share Deal-Reform” des Grunderwerbsteuergesetzes („GrEStG”) vom 1.7.2021 deutlich erschwert worden. Hinzu kommt, dass die Höhe der Grunderwerbsteuer sich in solchen Fällen nach dem künftigen Wert des fertig bebauten Grundstücks richten kann. Wenn Käufer- und Verkäuferseite für eine Übergangsphase zu einer gemeinsamen Beteiligung bereit sind, können diese Probleme aber entschärft werden.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: In seinem Bestreben, Besteuerungslücken zu schließen, schießt der Gesetzgeber regelmäßig übers Ziel hinaus. Im Extremfall kann eine überhöhte Steuerlast dabei zur Existenz­bedrohung für die Übergabe eines gesunden Unternehmens werden, hier: eines mittelständischen Bauträgers.
 

Fallkonstellation

Das Beispiel-Unternehmen in Rechtsform einer GmbH kauft Grundstücke an, bebaut sie mit Wohnhäusern und verkauft sie nach etwa drei Jahren weiter. Aus Altersgründen sucht der Alt­gesellschafter („A”) einen Nachfolger („N”), der die Gesellschaft einschließlich Mitarbeiter übernehmen und fortführen soll. Klar ist dabei: Werden innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen, wird dabei Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2b GrEStG anfallen.

 

Problem: Erhöhte Bemessungsgrundlage

Dramatisch ist allerdings die Höhe der Grunderwerbsteuer. Diese bemisst sich nämlich nicht nur nach dem Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Anteilsabtretung. Vielmehr erfasst sie auch den Wert eines im Bau befindlichen oder noch zu errichtenden Gebäudes nach Fertigstellung. Das Grund­erwerb­steuer­gesetz ist hier strenger als beispielsweise die Schenkungssteuer, die den Wert anteilig nach dem Bau­fortschritt beurteilt.

 

Dem zugrunde liegt der an sich vernünftige Gedanke des § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG, dass ein Erwerber kein „leeres“ Grundstück mehr kauft, wenn der bisherige Eigentümer schon einen Plan zur Bebauung gefasst hatte. Im Beispielfall führt das aber dazu, dass für den Verkauf der Bauträger-GmbH grund­erwerb­steuerlich fingiert wird, sie hätte sämtliche Bauprojekte bereits abgeschlossen. Rechnerisch fällt also zweimal Grund­erwerb­steuer auf den späteren Verkaufspreis an. Zwar ist die Grund­erwerb­steuer aus der Anteilsübertragung als Betriebsausgabe abziehbar, sodass es zu einer ertragsteuerlichen Entlastung kommt. Die Grunderwerbsteuer überschreitet jedoch die ertragsteuerliche Entlastung deutlich. Zudem führt die Grunderwerbsteuer zu einem sofortigen Liquiditätsabfluss, während die ertragsteuerliche Ent­lastung erst zeitverzögert nach der Steuerveranlagung für das betreffende Jahr eintritt. Im Ergebnis stellt die Grunderwerbsteuer aufgrund von Steuersätzen bis zu 6,5 % und der Steuerentstehung mehrere Jahre vor der Realisierung des Grundstücksverkaufs an den Endkunden somit ein echtes Liquiditäts­problem für die Gesellschaft dar, ganz zu schweigen vom Wertabschlag beim Unternehmenskauf.

 

Gemeinsame Beteiligung als Lösung

Angesichts solcher Nebenkosten hat der Unternehmensnachfolger N es möglicherweise gar nicht mehr so eilig, die Gesellschaft komplett zu übernehmen und das bietet hier Gestaltungspotenzial. Denn be­schränkt sich der Anteilskauf auf weniger als 90 %, ist das Investment nicht grunderwerbsteuerbar. A und N können in dieser Beteiligungssituation also die laufenden Projekte fertigstellen, ohne dass Grund­erwerbsteuer anfällt. Voraussetzung ist dabei in jedem Fall eine vollwertige Beteiligung des Minderheits­gesellschafters, die auch nicht rechtlich oder wirtschaftlich beeinträchtigt sein darf, etwa durch dis­quotale Gewinnverteilung oder einen bereits feststehenden späteren Kauf/Verkauf der Restbeteiligung.

 

Möchte sich A nach einigen Jahren dann doch endgültig zurückziehen, sind die bis dahin abverkauften Altprojekte nicht mehr im Grundvermögen der Bauträger-GmbH und der Anteilskauf insoweit nicht grund­­­erwerbsteuerbar.

 

Völlig anders ist die Situation für zwischenzeitlich angeschaffte Neuprojekte: N ist aufgrund seiner Beteiligung bereits selbst grunderwerbsteuerlicher „Altgesellschafter”; eine Bewegung der von A gehaltenen Restanteile führt also auch innerhalb der 10-Jahres-Frist insoweit nicht zur Verwirklichung von § 1 Abs. 2b GrEStG. Falls N die Anteile selbst kaufen und seine Beteiligung auf 100 % aufstocken möchte, ist dies zwar als Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerpflichtig; die Bemessungs­grundlage richtet sich hier aber im Regelfall nur nach dem Wert im Zeitpunkt der Tatbestands­ver­wirk­lichung, also anteilig nach dem Fertigstellungsgrad der Gebäude. Sogar ganz ausgeschlossen ist eine steuerbare Anteilsvereinigung, wenn A seine Beteiligung an einen Dritten verkauft und N mit seiner Beteiligung dauerhaft unterhalb der 90 %-Schwelle bleibt.

 

Tipp: Offene Kommunikation mit dem Finanzamt

Empfehlenswert ist im Übrigen eine transparente Kommunikation mit dem Finanzamt über die Über­tragungen und Vereinbarungen. Im Beispielfall kommt es ggf. gar nicht zur Steuerbarkeit, sodass formell keine Anzeigepflicht gegenüber dem Grunderwerbsteuerfinanzamt besteht. In der Praxis kommt es daher immer wieder zu Missverständnissen und Nachfragen seitens der Behörde, etwa aufgrund einer kommentar­­los übersandten Notarurkunde über die Anteilsübertragung. Bewährt hat sich daher eine kurze Sachverhaltsdarstellung, ggf. einschließlich der Darstellung von begleitenden Vereinbarungen wie einer Kaufoption. Im Fall einer misslungenen Gestaltung kann das auch der Rettungsanker sein: Eine frist­gerechte Grunderwerbsteueranzeige innerhalb von zwei Wochen nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags ist zwingende Voraussetzung dafür, dass eine (Teil-)Rückabwicklung des Geschäfts zumindest die Grunderwerbsteuer entfallen lässt.

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