Rechtstypenvergleich

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veröffentlicht am 15. September 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

Steuerrechtlich werden in Deutschland Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften grundsätzlich unterschiedlich behandelt. Kapitalgesellschaften sind selbst Steuersubjekt, d.h. begründen eine Körperschaftssteuerpflicht. Personengesellschaften sind demgegenüber grundsätzlich steuerlich transparent, d.h. nicht die Personengesellschaft selbst begründet eine Einkommens- oder Körperschaftssteuerpflicht. Vielmehr werden die hinter der Personengesellschaft stehenden Gesellschafter als anteilige (Mit-)Unternehmer zur Einkommensteuer oder Körperschaftssteuer herangezogen. Eine Ausnahme stellen lediglich Personengesellschaften dar, die gemäß § 1a Körperschaftsteuergesetz (KStG) zur Körperschaftsbesteuerung optiert haben.

 

Bei grenzüberschreitenden M&A-Aktivitäten stellt sich die Frage, wie ausländische Gesellschaften aus deutscher steuerlicher Sicht einzuordnen sind. Relevant ist diese Frage z.B. bei der Einkünftezurechnung. Wenn eine ausländische Gesellschaft als Körperschaft qualifiziert wird, sind ihre Einkünfte dieser Körperschaft zuzurechnen. Erst bei Gewinnausschüttungen unterliegen die Dividenden der deutschen Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Bei einer Qualifikation der ausländischen Gesellschaft als Personengesellschaft wird der Gewinn demgegenüber direkt den Gesellschaftern zugeordnet, z.B, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Die Gesellschafter begründen regelmäßig mit der Personengesellschaft im Ausland anteilige Betriebsstätten. Bei DBA (Doppelbesteuerungsabkommen)-Staaten wird dabei durch Artikel 7 DBA dem Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsrecht am Betriebsstättengewinn zugesprochen. Weiterhin ist die Qualifikation der Gesellschaft relevant bei Verkäufen oder Umwandlungen der ausländischen Gesellschaft. So ist bei Verkäufen die Steuerbefreiung gemäß § 8b KStG nur auf – aus deutscher Sicht – ausländische Körperschaften anwendbar.

 

Die Qualifikation einer ausländischen Gesellschaft als Personengesellschaft oder Körperschaft erfolgt ausschließlich aus Sicht des deutschen Steuerrechts. Dabei wird ermittelt, ob die ausländische Gesellschaft von ihrer Struktur her einer Körperschaft oder einer Personengesellschaft nach deutschem Recht gleicht. Die Qualifikation aus Sicht des ausländischen Steuerrechts oder ausgeübte Wahlrechte im Ausland – analog zu § 1a KStG – sind irrelevant. Somit gibt es durchaus Fälle, in denen die Qualifikation nach ausländischem und deutschem Recht auseinanderfallen, d.h. im Ausland eine Gesellschaft als Körperschaft, in Deutschland jedoch als Personengesellschaft behandelt wird und umgekehrt.

 

Eine Vielzahl von ausländischen Rechtsformen wurden bereits vom Gesetzgeber oder der Finanzverwaltung als Personengesellschaft oder Körperschaft eingeordnet. Entsprechende Übersichten finden sich in Tabellen 1 und 2 im Anhang zum Betriebsstättenerlass (BMF 24. Dezember 1999, IV B 4 – S 1300 – 111/99, BStBl. I 1999, S. 1076), in den Anhängen I, Teil A der Fusionsrichtlinie (2009/133/EG vom 19. Oktober 2009) und der Mutter-Tochter-Richtlinie (2011/96/EU vom 29. November 2011).

 

Für Fälle, die nicht bereits entschieden sind, oder in denen eine Gesellschaftsform je nach Ausgestaltung als Personen- oder Kapitalgesellschaft qualifiziert werden kann, bietet das BMF-Schreiben zur steuerlichen Einordnung der nach dem Recht der Bundesstaaten der USA gegründeten Limited Liability Company (BMF v. 19. März 2004 - IV B 4 - S 1301 USA - 22/04 BStBl 2004 I 411) Abgrenzungskriterien. Diese Kriterien sind nicht nur bei der Einordnung einer US-LLC zu beachten, sondern auch bei anderen nicht eindeutigen ausländischen Rechtsformen.

 

Primäre Kriterien, die für eine Körperschaft sprechen sind:

  • Fremdorganschaft, d.h. Geschäftsführung durch außenstehende Geschäftsführer
  • Haftungsbeschränkung auf die Einlagen
  • Freie Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile
  • Formalisierte Gewinnzuteilung durch Gesellschafterbeschlüsse
  • Kapitalaufbringung, d.h. Einbringung des Gesellschaftskapitals durch Kapitaleinlage und nicht z.B. durch Dienstleistungen zugunsten der Gesellschaft

 

Darüber hinaus sind sekundäre Kriterien, die für eine Körperschaft sprechen:

  • Unbegrenzte Lebensdauer der Gesellschaft und Fortbestehen der Gesellschaft unabhängig von Gesellschafterwechseln,
  • Gewinnverteilung proportional zu den Gesellschaftsanteilen
  • Formale Gründungsvoraussetzungen, z.B. Registereintragung

 

Einige der Kriterien werden voraussichtlich mit Inkrafttreten des Personen­gesellschafts­modernisierungs­gesetzes vom 1. Januar 2024 an Bedeutung verlieren, da z.B. Personengesellschaften nach der Neuregelung auf Dauer konzipiert sind und die Vermögensphären von Gesellschafter und Gesellschaft bei Personen­gesellschaften ähnlich konsequent abgegrenzt sein werden, wie bei Körperschaften. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung aufgrund dieser Änderungen die Kriterienkataloge zur Abgrenzung überarbeiten wird. Grundsätzlich sollten die oben genannten Kriterien jedoch weiterhin anwendbar bleiben.

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Helge Masannek

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