Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Geschäftsführerhaftung in Italien und Deutschland bei GmbH und S.r.l.

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 16. Juli ​​​​2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten

 

Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften laufen Gefahr, mit ihrem Privatvermögen gegenüber der Gesellschaft zu haften, wenn sie Sorgfaltspflichtverletzungen begehen, die zu Schäden bei der Gesellschaft führen. Wichtige Unterschiede bestehen hierbei zwischen den Vorschriften des italienischen S.r.l.-Rechts und des deutschen GmbH-Rechts in Bezug auf die Haftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf und insbesondere auf die sich zwischen den beiden Ländern elementar unterscheidenden Verjährungsvorschriften.


Die Haftung des Geschäftsführers der italienischen S.r.l.

(1) Allgemeine Grundlagen

Die Haftung des Geschäftsführers einer italienischen S.r.l. ist im italienischen Zivilgesetzbuch („Codice Civile“, im Folgenden „CC“) geregelt.  
Die Geschäftsführer einer S.r.l. tragen die alleinige Verantwortung für die Geschäftsführung und vertreten die Gesellschaft in allen Angelegenheiten. 
Als allgemeiner Grundsatz gilt, dass die Verwaltungshandlungen der Geschäftsführer bzw. Verwaltungsratsmitglieder nicht nachprüfbar sind (sog. business judgment rule). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft kann nämlich nicht für unternehmerische Entscheidungen haftbar gemacht werden, die sich später als wirtschaftlich unzweckmäßig erwiesen haben, da die vorherige Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Entscheidung in den Bereich des unternehmerischen Ermessens fällt und, obwohl sie eine Grundlage für eine Abberufung bilden kann, grundsätzlich keine vertragliche Haftung gegenüber der Gesellschaft begründen kann.
Der Grundsatz der Unanfechtbarkeit von Managemententscheidungen ist jedoch nicht absolut, und seine Wirksamkeit unterliegt Grenzen. 
Verstöße gegen gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen, die für die Ausübung der Geschäftsführungsfunktion vorgesehen sind, sowie nachgewiesenes Missmanagement der Gesellschaft durch die Geschäftsführer können verschiedene zivilrechtliche Haftungsarten des Geschäftsführungsorgans auslösen. 
So können sich die Geschäftsführer einer S.r.l. gegenüber der Gesellschaft (Art. 2392 CC), den Gesellschaftsgläubigern (Art. 2394 und 2394-bis CC), den Gesellschaftern oder Dritten (Art. 2395 CC) haftbar machen.
Die Funktion, die Voraussetzungen und die Rechtsnatur dieser verschiedenen Haftungsarten unterscheiden sich, da sie jeweils dem Schutz anderer Interessen dienen. 
Im nachfolgenden Abschnitt dieses Beitrags wird der Fokus auf das Thema der Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer gelegt, da hier die Unterschiede zwischen italienischem und deutschem Recht hinsichtlich der Verjährung des Anspruchs am deutlichsten sind.

(2) Verjährung des Anspruchs der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer

Nach Art. 2941 Nr. 7) i.V.m. Art. 2949 Abs. 1 CC unterliegen Haftungsansprüche der Gesellschaft gegenüber einem Geschäftsführer einer fünfjährigen Verjährungsfrist, die bis zu dem Zeitpunkt als gehemmt gilt, zu dem der Geschäftsführer von seinem Amt ausscheidet.
Doch der Beginn des Ablaufs der Verjährung im Fall einer Haftungsklage gegen einen Geschäftsführer hängt nicht nur vom Ausscheiden des Geschäftsführers von seinem Amt, sondern auch davon ab, wann der Schaden, den der Geschäftsführer durch sein Verhalten verursacht hat, „äußerlich“ (d.h. im Vermögensbereich der Gesellschaft) spürbar geworden ist (vgl. hierzu Kassationshof, I. Senat für Zivilsachen, Urt. vom 04.12.2015, Nr. 24715). Wird der Schaden für die Gesellschaft erst nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers aus seinem Amt erkennbar, so gilt der Zeitpunkt des Schadenseintritts als maßgeblich für den Beginn der Verjährungsfrist. 
Dazu kommen besondere Verjährungsregelungen, etwa wenn der Geschäftsführer den Schaden vorsätzlich verschwiegen hat (dann gilt die Verjährung gemäß Art. 2941 Nr. 8) CC als gehemmt, bis der Vorsatz aufgedeckt wird – ein recht häufiger Fall ist, wenn die Verwaltungsorgane die Buchführung absichtlich verändert haben, um eine Unterschlagung zu verschleiern) oder wenn das Verhalten des Geschäftsführers strafrechtliche Relevanz hat (dann gilt gemäß Art. 2947 Abs. 3 S. 1 CC die eventuell längere Verjährungsfrist, die für die betreffende Straftat vorgesehen ist).
Im Falle der Einleitung eines Gerichtsverfahrens gilt die Verjährung bis zum rechtskräftigen Urteil als unterbrochen und gehemmt zugleich (vgl. Art. 2943 Abs. 1-2 i.V.m. Art. 2945 Abs. 2 CC).

Die Haftung des Geschäftsführers der deutschen GmbH

(1) Allgemeine Grundlagen

Anders als im italienischen Recht ist die allgemeine Haftung des Geschäftsführers einer deutschen GmbH gegenüber der Gesellschaft nicht im BGB (dem deutschen Äquivalent zum italienischen „Codice civile“) geregelt, sondern spezialgesetzlich im „Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)“.
Auch nach deutschem Recht wird dem Geschäftsführer ein weiter unternehmerischer Entscheidungsspielraum zugestanden, sofern er bei der Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (sog. Business Judgment Rule). Überschreitet der Geschäftsführer jedoch diese Schwelle, indem er beispielsweise in fahrlässiger Weise Entscheidungen aufgrund unzureichender Informationsgrundlagen trifft oder gegen zwingende gesetzliche Vorgaben verstößt (Legalitätsgrundsatz), so droht ihm die Haftung mit seinem persönlichen Vermögen für Regressforderungen gegenüber der Gesellschaft. 
Die zentrale Anspruchsgrundlage der Gesellschaft gegen einen Geschäftsführer, der seine Obliegenheiten durch sorgfaltswidrige Geschäftsführung verletzt (sog. Haftung im Innenverhältnis), ist § 43 Abs. 2 GmbHG. Demnach haften „Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen“, gesamtschuldnerisch für den entstandenen Schaden gegenüber der Gesellschaft. § 43 Abs. 2 GmbHG bezieht sich dabei auf den in § 43 Abs. 1 GmbHG definierten allgemeinen Sorgfaltsmaßstab für Geschäftsführer.
Neben der allgemeinen Anspruchsgrundlage des § 43 Abs. 2 GmbHG kann sich eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft in konkret bestimmten Fällen auch aus weiteren Bestimmungen des GmbHG (etwa bei Verstößen gegen Regelungen der Kapitalerhaltung) sowie aus deliktischen Ansprüchen ergeben, wobei diesbezüglich in der Praxis vor allem die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB, sowie im Falle strafrechtlicher Verantwortlichkeit wegen Untreue eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 Strafgesetzbuch (StGB) von Relevanz ist. 

(2) Verjährung

Bei Haftungsansprüche gegen den Geschäftsführer sieht das GmbHG in § 43 Abs. 4 eine gesonderte Verjährungsfrist von fünf Jahren vor, die mit der „Entstehung des Anspruchs“ (vgl. hierzu § 200 S. 1 BGB) beginnt und nicht wie im Fall der Regelverjährung nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den entsprechenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Nach herrschender Ansicht ist dabei die Entstehung des Anspruchs in diesem Sinne bereits mit dem Eintritt des Schadens dem Grunde nach anzunehmen. Damit ist gemeint, dass der konkrete Schaden noch nicht in seiner Höhe bezifferbar feststehen muss, sondern dass er hypothetisch im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht werden könnte. Nach deutschem Recht bleibt es sogar dann bei dem Verjährungsbeginn nach § 200 S. 1 BGB, wenn der Geschäftsführer seine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschafterversammlung bewusst nicht offenlegt. 
Zu beachten ist dabei allerdings, dass § 43 Abs. 4 GmbHG für die konkurrierenden deliktischen Ansprüche (siehe oben) keine Anwendung findet. Hat sich der Geschäftsführer beispielsweise obendrein strafrechtlich wegen Untreue zu verantworten, so findet auf den entsprechenden Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen ihn aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB Anwendung, die zwar lediglich drei Jahre beträgt jedoch erst mit Kenntnis bzw. Kennenmüssen ohne grobe Fahrlässigkeit beginnt (siehe oben) und daher in der Praxis häufig erst später eintritt.

(3) Sonderfall GmbH & Co. KG

Im länderübergreifenden Vergleich ist zudem auch die deutsche Besonderheit GmbH & Co. KG zu erwähnen – eine Rechtsform, die sich in Deutschland insbesondere aus steuerlichen Gründen großer Beliebtheit erfreut. 
Nicht geeignet ist die GmbH & Co. KG – trotz ihrer steuerlichen Vorteile – jedoch, zur Vermeidung des Haftungsrisikos für die Geschäftsführung, welche bei der GmbH & Co. KG im gesetzlichen Regelfall gemäß § 164 Handelsgesetzbuch (HGB) von der Komplementärin, also der GmbH übernommen wird. Denn nach dem BGH haftet für Schäden der GmbH & Co. KG aus der Verletzung von Geschäftsführungspflichten neben der Komplementärin selbst auch der Geschäftsführer der GmbH nach denselben Grundsätzen wie sonst der GmbH gegenüber aus § 43 Abs. 2 GmbHG. 
In einer interessanten neueren Entscheidung hat der BGH darüber hinaus entschieden, dass im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft vereinbart werden kann, dass die Geschäftsführung – abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 164 HGB – insgesamt der Kommanditisten-GmbH übertragen wird. Ist das der Fall, so haftet der Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH für Verletzung von Geschäftsführungspflichten gegenüber der GmbH & Co. KG neben der Kommanditistin selbst, und zwar nach § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. März 2023 (II ZR 162/21)).
Rechtsvergleichend ist anzumerken, dass bei den italienischen Kommanditgesellschaften die Geschäftsführung nur Komplementär-Gesellschaftern übertragen werden darf (Art. 2318 Abs. 2 CC). Dabei kann es sich auch um juristische Personen (wie eine GmbH-Gesellschaft) handeln, wobei diese dann eine natürliche Person ernennen soll, die für alle Verpflichtungen, die aus dem Organverhältnis zwischen der Komplementärin und der Kommanditgesellschaft ergeben, gesamtschuldnerisch zusammen mit der Komplementärin haftet.  
Auf Haftungsansprüche der Kommanditgesellschaft gegenüber dem Komplementär-Geschäftsführer findet die oben genannte Regelung des Art. 2941 Nr. 7) CC Anwendung, wonach die Verjährung bis zum Ausscheiden vom Geschäftsführeramt gehemmt bleibt (vgl. hierzu ital. Verfassungsgericht, Urteil vom 24.7.1998, Nr. 322).

Praktische Hinweise

Obwohl das italienische und deutsche Gesellschaftsrecht in vielen Bereichen auf gleichen bzw. vergleichbaren Grundsätzen beruhen und Überschneidungen aufweisen, bestehen nach wie vor wichtige Unterschiede, die auch sensible Bereiche betreffen, wie eben die Verjährung des Haftungsanspruchs der Gesellschaft gegenüber seinen eigenen Geschäftsführern. Geschäftsführer, die in grenzüberschreitenden Bereichen tätig sind, sind daher gut beraten, sich frühzeitig und umfassend mithilfe von grenzüberschreitend tätigen Rechtsberatern über die jeweiligen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen zu informieren.

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