Bestellung des AG-Vorstandes zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH

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  • Der Vorstand einer AG kann sich selbst zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH bestellen.
  •  Entgegen § 112 AktG ist keine Vertretung durch den Aufsichtsrat erforderlich, obwohl die Aktiengesellschaft Alleingesellschafterin der GmbH ist. 
Der Vorstand vertritt die Aktiengesellschaft (AG) in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten. Von dieser Vertretungsbefugnis wird in § 112 AktG eine Ausnahme geregelt. Danach vertritt der Aufsichtsrat die AG bezüglich aller Rechtsgeschäfte mit den Vorstandsmitgliedern, um einen Interessenkonflikt und eine Gefährdung der Interessen der Gesellschaft zu vermeiden. Der Vorstand einer AG muss sich jedoch durch deren Aufsichtsrat vertreten lassen, wenn er sich selbst zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt, deren Alleingesellschafterin die Aktiengesellschaft ist. Das OLG München stellte in einem Beschluss (8. Mai 2012, Az.: 31 Wx 69/12) klar, dass der Vorstand sich in einer derartigen Konstellation selbst zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH bestellen kann.

Durch den Beschluss des OLG ändert sich die bisherige Rechtsprechung. Diese war bis jetzt der Ansicht, dass es der Vertretung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat bedarf, wenn sich der Vorstand zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt, deren Alleingesellschafterin die AG ist. Grundlage dieser Rechtsprechung war, dass man in der eigenen Bestellung des Vorstandes zum Geschäftsführer einer GmbH einen Interessenkonflikt des Vorstandes zwischen den Belangen der AG und denen der GmbH sah und folglich die Grundsätze des sogenannten Insichgeschäfts anwendete.

Die neue Entscheidung wird damit begründet, dass gerade kein Interessenkonflikt zwischen den Belangen der AG und denen der GmbH vorliegt. Durch die Bestellung zum Geschäftsführer geben die Vorstandsmitglieder eine Willenserklärung ab, die unabhängig von ihrem Vorstandsamt ist, und werden als Geschäftsführer Organ der GmbH. Dies stellt einen Akt innerhalb der Organisation der GmbH dar, der keinerlei Auswirkungen auf die AG hat. Es handelt sich folglich um ein Geschäft mit einem Dritten und nicht mit der AG selbst. Eine Vertretung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat bei einem solchen Geschäft würde der gesetzlich geregelten Vertretungsmacht des Aufsichtsrats entgegenstehen, da diese gerade nur für Geschäfte der AG zur Anwendung kommt. Durch die fehlenden Auswirkungen auf die AG werden keine Pflichten der AG berührt. Der Vorstand schließt also durch seine Bestellung zum Geschäftsführer kein Geschäft mit sich selbst ab und unterliegt damit nicht dem Selbstkontrahierungsverbot.

Der Beschluss des OLG München erleichtert der Praxis die Organbestellung in Konzernen erheblich. Ob der AG-Vorstand allerdings neben seiner Organbestellung auch seinen eigenen Geschäftsführerdienstvertrag mit der GmbH als deren Vertreter abschließen darf, lässt das OLG München hingegen bedauerlicherweise ungeklärt.

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