Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz

PrintMailRate-it
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 16. März 2015 einen Referentenentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung veröffentlicht – den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz. Mit diesem Referentenentwurf will das BMJV die Diskussion über die Reform des Insolvenzanfechtungsrechts anstoßen, wie der Bundesminister Heiko Maas beim 12. Deutschen Insolvenzrechtstag am 19. März 2015 in Berlin erklärte.

Das entworfene Gesetz bezweckt nach der Begründung des BMJV den Wirtschaftsverkehr sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten zu entlasten. Dabei lässt sich das BMJV von der Erkenntnis leiten, dass in den vergangenen Jahren zunehmend beklagt worden sei, das geltende Insolvenzanfechtungsrecht, insbesondere die Praxis der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, belaste den Wirtschaftsverkehr mit unverhältnismäßigen und unkalkulierbaren Risiken. Eine entsprechende Fehlentwicklung des Insolvenzanfechtungsrechts sei nicht nur von betroffenen Wirtschaftsverbänden, sondern auch von wissenschaftlicher Seite diagnostiziert worden. Den Geschäftsverkehr sehe sich – jedenfalls in der praktischen Handhabung – einer erheblichen Rechtsunsicherheit ausgesetzt bei der Frage, ob und unter welchen Umständen Leistungen anfechtbar sind. Dies gelte selbst für an sich „unverdächtige” Vorgänge, wie verkehrsübliche Zahlungserleichterungen (z. B. Ratenzahlungsvereinbarungen). Die Rechtsunsicherheit betreffe dabei nicht nur Lieferanten, sondern auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Im Übrigen erscheine die unter dem aktuellen Recht eröffnete Möglichkeit der Insolvenzanfechtung nicht immer interessengerecht. Das gelte vor allem für Anfechtungen von durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungen und Befriedigungen in den letzten drei Monaten vor der Stellung des Insolvenzantrags.
 
Vor diesem Hintergrund beabsichtigt das BMJV die nachfolgend skizzierten wesentlichen Änderungen:
 

§ 133 InsO

Nach dem Referentenentwurf soll eine Neujustierung der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO erfolgen. Diese Neujustierung beinhaltet u. a. die Einführung des Merkmals der Unangemessenheit. So soll künftig der einfache Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, nicht mehr genügen. Künftig soll sich der Vorsatz auf eine unangemessene Gläubigerbenachteiligung beziehen.

Keine unangemessene Benachteiligung liegt nach dem Referentenentwurf vor, wenn für eine Leistung des Schuldners unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in dessen Vermögen gelangt, die zur Fortführung seines Unternehmens oder zur Sicherung seines Lebensbedarfs erforderlich ist, oder wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs ist.

Die Vorsatzanfechtung soll zudem durch Verkürzung der Anfechtungsfristen eingeschränkt werden. So beträgt die Anfechtungsfrist 4 (statt bisher 10) Jahre, wenn die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat.
 
Zudem soll die Neufassung klarstellen, dass die Kenntnis des Vertragspartners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht allein daraus abgeleitet werden kann, dass der Vertragspartner mit dem Schuldner Ratenzahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat oder der Schuldner bei seinem Vertragspartner im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs um eine Zahlungserleichterung nachgesucht hat.
 

§ 142 InsO

Weiterhin soll nach dem Referentenentwurf das Bargeschäftsprivileg nach § 142 InsO gestärkt werden. Dazu soll in § 142 InsO eine Legaldefinition der Unmittelbarkeit von Leistung und Gegenleistung aufgenommen werden. Danach ist der Leistungsaustausch unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Eine ausdrückliche Regelung soll dabei die (verspätete) Zahlung von Arbeitsentgelt erfahren. Diese Zahlung erfolgt noch in einem engen zeitlichen Zusammenhang, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Zahlung 3 Monate nicht übersteigt.
 

§ 131 InsO

Auch die Anfechtung inkongruenter Handlungen gemäß § 131 InsO soll nach dem Referentenentwurf eingeschränkt werden. Der Entwurf nimmt Sicherungen und Befriedigungen, die ein Gläubiger durch Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines in einem gerichtlichen Verfahren erlangten vollstreckbaren Titels erwirkt hat, aus dem Anwendungsbereich des § 131 InsO ausdrücklich heraus.
 

Weiterentwicklung zur Gesetzesvorlage

Der Referentenentwurf liegt nunmehr den Ländern sowie den betroffenen Fachkreisen und Verbänden zur Stellungnahme vor. Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang die Änderungen letztendlich Gesetz werden. Rödl & Partner wird die Gesetzesentwicklung verfolgen und in Kürze ebenfalls eine Stellungnahme einreichen.

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Raik Müller

Rechtsanwalt

Partner

+49 221 9499 095 11

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu