Abwärmepotenzial – der ungehobene Schatz?

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Energie im Wert von bis zu 5 Mrd. Euro wird jährlich durch industrielle Abwärme ungenutzt in die Umwelt abgegeben. Um diese Ressource besser zu nutzen gibt es ein attraktives Förderprogramm der KfW und es liegen die ersten Ergebnisse von sehr erfolgreichen Pilotprojekten vor. Bisher wurden viele Projekte zur innerbetrieblichen Abwärmenutzung und Vermeidungspotenziale umgesetzt. Zuletzt konnten außerdem wertschöpfende Kooperationen zwischen Industrie und Stadtwerken aufgebaut werden. Hier sind die Potenziale allerdings bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die aktuelle Fördersituation unterstützt solche Vorhaben um die beidseitige Vorteile umzusetzen.

 

Mit der Veröffentlichung des „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz” (NAPE) im Jahr 2016 als sogenannte zweite Säule der Energiewende, wurde ein direkter Fokus auf die Notwendigkeit des effizienten Umgangs mit Energie gesetzt. Es galt, neue Impulse zu senden und Anreize zu geben, um für Industrie, Gewerbe und Haushalte neue Rahmenbedingungen für Investitionen in Energiesparmaßnahmen zu schaffen. Seit dem sollen Energieeffizienzvorhaben zu Rendite- und Geschäftsmodellen werden. Eine dieser Maßnahmen ist die „Offensive Abwärmenutzung” mit dem Ziel der Vermeidung ungenutzter industrieller Abwärme. Da bei letztlich fast jedem thermischen oder mechanischen Industrieprozess Abwärme freigesetzt und bisher größtenteils ungenutzt in die Umgebung abgegeben wird, existiert laut der Deutschen Energie-Agentur (dena) ein jährliches Potenzial von 125 TWh ab 60 °C. Würden diese Mengen Abwärme zum Beispiel innerbetrieblich genutzt, hätte dies eingesparte Energiekosten von rund 5 Mrd. Euro und vermiedene CO2-Emissionen von 37 Mio. Tonnen zur Folge. Mit der „Offensive Abwärmenutzung” sollen Unternehmen bei der Identifikation von Abwärmequellen und Investitionen in Technologien für die Vermeidung oder Verwendung der Wärme unterstützt werden. Umgesetzt und unterstützt wird diese Fördermaßnahme durch das KfW-Programm „Energieeffizienz Abwärme”, welches zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse für inner- und außerbetriebliche Maßnahmen zur Abwärmevermeidung, -Nutzung oder -Verstromung anbietet.


Weiterhin werden im Rahmen der Offensive verschiedene Leuchtturmprojekte erwählt, welche erfolgreiche Praxislösungen präsentieren und als Beispiel für ihre Branche vorangehen. Besonders auch für die Nutzung als Energiequelle für Fernwärmenetze bietet sich industrielle Abwärme an, wie es das Leuchtturmprojekt des Stahlwerks Georgsmarienhütte GmbH zeigt. Das Stahlwerk kann bereits seit einigen Jahren für den eigenen Bedarf auf Erdgas zur Dampf- und Wärmeerzeugung verzichten, indem es die Abwärme eines Lichtbogenofens nutzt. Die Abwärme wird über ein betriebsinternes Nahwärmenetz transportiert. Nun ist die Georgsmarienhütte GmbH außerdem eine Kooperation mit dem ortsansässigen Stadtwerk eingegangen und stellt überschüssige Abwärme für das Fernwärmenetz bereit, welches wiederum zahlreiche Wärmekunden, u.a. auch ein Krankenhaus, Schulen und Polizeigebäude mit Wärme versorgt. Durch das Projekt können jährlich über 17.000 MWh Gas und Strom eingespart werden.


Ein ebenfalls sehr junges Projekt wurde von der Rexroth-Gießerei im Januar 2018 in Betrieb genommen. Eine neue Energieversorgungszentrale versorgt das Stammwerk mit Wärme, Kühl- und Löschwasser sowie Druckluft. Allein durch den Bau dieser einen Zentrale, anstelle der bisherigen Versorgung durch viele kleine Energiezentralen, spart sich die Gießerei jährlich den Energiebedarf eines Ortes mit 1.000 Einwohnern. Zusätzlich wird auch die Abwärme aus den Schmelzöfen für die Wärmeversorgung des Geländes genutzt, wodurch ein Fünftel des Heizbedarfs eingespart werden kann.

 

Projekte zur Vermeidung oder Nutzung von Abwärme bedürfen einer detaillierten, zielgerichteten Planung. Um Abwärmepotenziale effektiv zu erschließen, ist ein systematisches Vorgehen von Vorteil:

  1. Abwärmequellen, Energiebedarf und benötigte Wärmequalität ermitteln
  2. Erforderliche Maßnahmen zur Schaffung der Infrastruktur planen
  3. Vertragliche Eckdaten (Laufzeit, Konditionen, Kostentragung, Fördermittel, etc.) definieren
  4. Zusammenführung im Rahmen eines Abwärmekonzepts, inklusive Machbarkeitsstudie und langfristiger Wirtschaftlichkeitsberechnung

 

Projektkooperationen von Unternehmen und Stadtwerken haben sich besonders im Bereich Abwärme als wertschöpfend und nachhaltig gezeigt. Industrielle Abwärmequellen weisen aufgrund des hohen Temperaturniveaus, der Kontinuität und der Nähe zu urbanen Räumen oftmals eine einfache Integration in bestehende Fernwärmenetze auf. Die Partnerschaft mit Stadtwerken spart dem Unternehmen technische und personelle Ressourcen und erhöht gleichzeitig die eigene Effizienz und Wertschöpfung. Stadtwerke hingegen finden eine verlässliche und kostengünstige Wärmequelle und können sich durch Eintritt in dieses neue Geschäftsfeld am Markt diversifizieren. Wichtig ist es ebenfalls, die Vorteile der Wärmekunden zu betrachten, welche mit umweltschonender, effizienter Wärme versorgt werden, die keinen Brennstoffpreisschwankungen unterliegt.


Um eben solche „Rundum-Vorteile” der multivalenten Wärmenetze zu fördern sowie ihre CO2-Einsparungen, Effizienz, Flexibilität und bedarfsorientierte Wärmebereitstellung hervorzuheben, wurde 2017 die Förderbekanntmachung „Wärmenetze 4.0” vom BMWi ins Leben gerufen. Die Förderinitiative unterstützt Umsetzungskonzepte und Baumaßnahmen von Wärmenetzsystemen mit hohem Anteil integrierter erneuerbarer Energien und Abwärme. Es gilt, alle vorhandenen Potenziale zu nutzen, um eine zukunftsfähige, ökologische und verlässliche Wärmebereitstellung zu gewährleisten.

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Benjamin Richter

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