Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Neukonzessionären bei Netzübernahmen

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​veröffentlicht am 16. Juni 2020

 

Mit dem Urteil zur Strom- und Gasnetzübernahme in Stuttgart hat der Bundesgerichtshof (BGH, EnZR 75/18 vom 07.04.2020) nochmals klargestellt, dass der Umfang der zu übertragenden Strom- und Gasnetzanlagen weit zu fassen ist. Altkonzessionäre sind oftmals nur bereit, Netzanlagen in geringerem Umfang zu veräußern und berufen sich regelmäßig darauf, dass die Anlagen auch oder überwiegend der Versorgung von anderen Netzgebieten dienen oder nur einzelne Kunden im Konzessionsgebiet versorgen und daher nicht Teil des örtlichen Verteilernetzes seien. So auch in dem vom BGH entschiedenen Fall:


Im Jahr 2014 wurde in den Konzessionsverfahren Strom und Gas der Landeshauptstadt Stuttgart ein Kooperationsmodell der Netze BW bezuschlagt. Zur Umsetzung der Kooperation wurde die Stuttgart Netz GmbH als künftige Konzessionärin und Netzbetreiberin gegründet. Auf diese Weise wurde eine langjährige Auseinandersetzung um die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze in Stuttgart nach zähen Verhandlungen beendet. Streitig blieb jedoch der Umfang der zu übertragenden Anlagen, der letztlich vor Gericht geklärt werden musste.


Konkret ging es in dieser Entscheidung darum, ob die Hochspannungs- und Hochdruckleitungen in Stuttgart dem Netz der allgemeinen Versorgung zuzuordnen sind oder diese Leitungen überörtlichen Charakter haben und damit nicht vom Übertragungsanspruch umfasst sind. Der BGH hat nun noch einmal bestätigt, dass der Übereignungsanspruch weit zu fassen ist:


„Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass das Netzeigentum des bisherigen Versorgers einen Wechsel praktisch unmöglich macht und es zu wirtschaftlich unsinnigen Doppelinvestitionen kommt (…). Dieses Ziel ist nur durch Einbeziehung der multifunktional genutzten Leitungen zu erreichen (…). Um das Ziel zu erreichen, ist der Begriff der notwendigen Verteilungsanlagen eher weit auszulegen. Eine generelle Ausnahme für gemischt genutzte Anlagen würde zu einer Zersplitterung der Netze der allgemeinen Versorgung und zu einer Entwicklung von Parallelstrukturen führen (…).”

 

Anstatt einer Abgrenzung nach Spannungsebenen bzw. Druckstufen oder einer starren Vorgabe zu angeschlossenen Letztverbrauchern, bevorzugt der BGH eine gebietsscharfe Abgrenzung, bei der alle Anlagen im Konzessionsgebiet zu übergeben sind, die mehr als eine unwesentliche Bedeutung für die örtliche Versorgung haben.


Mit dieser Argumentation hat der BGH im konkreten Fall den örtlichen Charakter der Hochspannungs- und Hochdruckleitungen in Stuttgart und damit den Übertragungsanspruch des Neukonzessionärs bestätigt.
Auch die Vorinstanzen LG Stuttgart (Urteil vom 20.12.2016 - 41 O 58/15 KfH) und OLG Stuttgart (Urteil vom 26.07.2018 - 2 U 4/17) hatten zugunsten eines Übertragungsanspruchs der Hochspannungs- und Hochdruckleitungen entschieden.


Bereits in seinem Homberg-Urteil (EnVR 10/13 vom 03.06.2014) hatte der BGH den Anspruch auf die Übertragung von Mittelspannungsleitungen und singulären Anschlussleitungen von Großkunden bestätigt und damit die Diskussionen zum Umfang der zu übertragenden Anlagen vereinfacht.


Mit seinem aktuellen Urteil geht der BGH einen Schritt weiter und stärkt die Rechte von Neukonzessionären bei Netzübernahmen noch weiter. In der Vergangenheit oft zäh verlaufende Verhandlungen zu Eigentumsgrenzen und Entflechtungskonzepten können damit künftig erheblich abgekürzt werden.

 

 

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