Klimaneutrales Deutschland – In 3 Schritten zu Klimaneutralität bis 2050

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​veröffentlicht am 2. März 2021

 

Im November 2020 wurde die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2050” veröffentlicht. Sie setzt am European-Green-Deal an und liefert Aktionsvorschläge zur Reduktion der Treibhausgase um 65 Prozent bis 2030 und hin zu einer Klimaneutralität bis 2050. In diesem Artikel schauen wir auf die Kernaussagen der Studie und betrachten die Entwicklung der Energiewirtschaft und im Speziellen der Fernwärme detailliert.

 

Die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2050” stellt drei Schritte heraus, durch welche die Klimaneutralität in 2050 erreicht werden soll. So können die Reduktionspfade der einzelnen Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfall differenziert dargestellt werden. Nachfolgende werden die drei Schritte vorgestellt. Den Reduktionspfad zeigt Abbildung 1.

 

 Abbildung 1: Reduktionspfad 1990 bis 2050


Abbildung 1: Reduktionspfad 1990 bis 2050 (vgl. Agora Energiewende Abb. 12).


 

Schritt 1: 65 Prozent Minderung der Treibhausgas-Emissionen bis 2030

Im ersten Schritt sollen die Treibhausgas-Emissionen um 65 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 gemindert werden. Das bisher vorliegende deutsche Klimaschutzgesetz bietet dafür die Grundlage. Besonders in der Energiewirtschaft und Industrie wurden Einsparpotenziale identifiziert.

 

Schritt 2: 95 Prozent Minderung ohne Negativemissionen

Ab 2030 soll dann Wasserstoff als Sekundärenergieträger und Rohstoff eine zunehmende Bedeutung gewinnen und sich der Trend der Elektrifizierung sektorübergreifend fortsetzen. Auch Biomasse erlangt an Wichtigkeit, der Anbau verlagert sich Richtung feste Biomasse und der Einsatz von fossilen Energiequellen konzentriert sich auf Bereiche ohne gute Alternativen. Das entstehende CO2 soll über Carbon Capture and Storage eingefangen werden. Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnet die unterirdische Speicherung von CO2 im Land oder am Meeresgrund und kann so CO2-Emissionen verringern.

 

Schritt 3: Residuale THG-Emissionen und deren Kompensation in 2050

THG-Emissionen sind Restemissionen, welche nicht durch Vermeidungsmaßnahmen reduziert werden können. Diese etwa 62 Mio. t CO2-Aq. entstehen durch biologische Prozesse in der Landwirtschaft, den Transport oder die Verbrennung von Biomassen und synthetischen Brennstoffen. Durch den Einsatz von Biomasse-CCS (BECCS), Direct Air-CSS (DACCS) sowie der stofflichen Bindung von CO2 in grünen Polymeren (grünes Naphtha) soll dieses CO2 kompensiert und langfristig eingelagert werden.


Zur Zielerreichung sind die Entwicklungen in 3 Säulen eingeteilt:

Säule 1 konzentriert sich auf die Energieeffizienz und Senkung des Energiebedarfs. Die Studie ermittelt eine Halbierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050. Gründe dafür seien die geringeren Verluste in der Energieumwandlung sowie eine grundsätzliche Veränderung der Energiestruktur. Wichtige Aspekte hierbei sind Gebäudesanierungen, die Elektrifizierung des Verkehrs, die Nutzung von Erneuerbaren Energieträgern und der Wegfall von Kernenergie und Kohle.


Die Erneuerbare Stromerzeugung und Elektrifizierung, vor allem die Produktion von erneuerbar erzeugtem Wasserstoff, sind der Fokus von Säule 2. Das Stromsystem soll bis 2050 zu 100 Prozent auf Erneuerbaren Energien basieren und die Nettostromerzeugung von heute 611 TWh p.a. auf 934 TWh p.a. anwachsen.


In Säule 3 wird von Wasserstoff als Energieträger und Rohstoff ab 2030 ausgegangen. Laut Studie sollen bis 2050 über 250 TWh Wasserstoff eingesetzt werden (vgl. Abbildung 2). 31 Prozent des Bedarfs soll in Deutschland hergestellt und mehr als zwei Drittel des Bedarfs importiert werden. Vor allem in der Stromerzeugung, aber auch in der Industrie und im schweren Güterverkehr soll Wasserstoff eingesetzt werden.

 

Abbildung 2: Wasserstofferzeugung und Wasserstoffnachfrage 

 

Abbildung 2: Wasserstofferzeugung und Wasserstoffnachfrage (vgl. Agora Energiewende Abb. 10)


Insgesamt sind vielfältige Veränderungen und Emissionseinsparungen zu erkennen. Besonders im Sektor Energiewirtschaft stehen große Veränderungen bevor. 2018 entfällt fast ein Drittel der CO2-Emissionen (305 Mio. t) auf die Energiewirtschaft. Bis 2030 sollen es nur noch 98 Mio. t CO2 sein und in 2050 ohne CCS 3 Mio. t CO2. Um diese Ziele zu erreichen, sollen folgenden Punkte umgesetzt werden:

  • Die Beendigung der Kohlestromversorgung bis 2030
  • 100 Prozent Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien und Wasserstoff (Einsatz in Gaskraftwerken)
  • Massiver Ausbau von EE-Stromerzeugern von 117 GW in 2018 auf 562 GW in 2050. Stromerzeugung steigt von 216 TWh auf 848 TWh.
  • Erhöhung der Flexibilität durch Demand-Side-Management und Ausbau der Batteriespeicher (bis 50 GW in 2050)
  • Beitrag zur Kompensation von residualen THG-Emissionen, vor allem mit DACCS
  • Dekarbonisierung der Fernwärme

 

Wie soll die Dekarbonisierung der Fernwärme umgesetzt werden?

Die Studie identifiziert den Wärmemarkt als wichtigen Verbrauchssektor und betrachtet die Wärme- und Fernwärmeversorgung ausführlich. Bis 2050 soll auch der gesamten Wärmebedarf durch Erneuerbare Energien gedeckt werden. Zum wird festgestellt, dass die Wärmenachfrage, wie der gesamte Endenergiebedarf, aufgrund von Effizienzsteigerungen und Gebäudesanierungen zurückgeht und zum anderen der Einsatz Erneuerbarer Energien trägt. Der Fernwärme als technologieoffener Versorgungsalternative wird dabei eine größere Aufgabe zukommen als bislang.


Wie Abbildung 3 zeigt, wird von einem Ausbau der Fernwärme ausgegangen. Die erzeugte Wärmemenge steigt von 125 TWh auf über 160 TWh jährlich. Effizienzmaßnahmen sorgen auf der einen Seite dafür, dass mit der Zeit Vorlauftemperaturen zwischen 50 und 55 C° erzielt werden und somit weitere klimaneutrale Energieträger eingesetzt werden können. Auf der anderen Seite nimmt die Bedeutung der Fernwärme damit trotz sinkender Nachfrage weiter zu.


Bei den eingesetzten Energieträger sind vier Entwicklungsschritte zu erkennen: Fuel-Switch von Kohle zu Gas, Ausbau der Erneuerbaren, Elektrifizierung und Einsatz von Wasserstoff. Zunächst soll, bedingt durch den Kohleausstieg, der Fuel-Switch zu Erdgas erfolgen. Gleichzeitig steigt der Ausbau von EE-Wärme. Besonders die Solarthermie und die Tiefengeothermie erfahren einen starken Ausbau auf 13 bzw. 18 TWh in 2050. Damit soll Tiefengeothermie in 2050 18 Prozent der Fernwärmeerzeugung bereitstellen.


Aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung der Energiewirtschaft wird auch der deutliche Ausbau der Sektorkopplung prognostiziert. Besonders Wärmepumpen werden vermehrt eingesetzt. Ab 2030 soll auch Wasserstoff Einzug in die Fernwärme erhalten. Schrittweise soll so die Erdgas-KWK substituiert werden und die Grundlast gesichert werden. Infolgedessen decken im Jahre 2050 Heizwerke und Heizkraftwerke mit Wasserstoffeinsatz 25 Prozent der Fernwärmeerzeugung.

 

Abbildung 3: Fernwärmeerzeugung Abbildung 3: Fernwärmeerzeugung (vergl. Agora Energiewende Abb. 26)


Was bedeutet dies für Fernwärmeversorgungsunternehmen?

Die Studie zeigt auf, dass zur Erreichung einer Klimaneutralität bis 2050 in Deutschland eine grundlegende Veränderung der Wärmeerzeugung notwendig ist. Weiterhin zeigt die Studie, wie wichtig die Fernwärmeversorgung zur Erreichung dieses Ziel ist und damit, dass auch in Zukunft die Nutzung und der Ausbau von Fernwärmenetzen nachhaltig und wertschöpfend sein wird.


Letztlich ist es die politische Entscheidung der nächsten Legislaturperiode, ob das deutsche Energiesystem mit der Nutzung von Wasserstoff ab dem Jahr 2050 dauerhaft von Energieimporten abhängig sein wird. Sobald hier Klarheit herrscht, können auch die Weichenstellungen mit Blick auf die Infrastruktur der fossilen Energieträger vorgenommen werden.


Gleichzeitig müssen sich die Versorger bereits heute mit strategischen Entscheidungen auseinandersetzen und die Zukunftsentscheidungen diskutieren. Die Energiewende und die notwendige Reduktion der CO2-Emissionen entwickelt sich zu einem wirtschaftlichen Wettlauf, welcher bereits gestartet hat. Eine Erhöhung der Erneuerbaren Wärmeerzeugung und Nutzung der lokalen Gegebenheiten sind empfehlenswert. Möglichkeiten dazu bieten Potenzialanalysen, Machbarkeitsstudien oder Wärmetransformationspläne.

 

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