Weiteres Ende mit Schrecken in Sicht? – Novellierung der Heizkostenverordnung passiert Bundesrat

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​veröffentlicht am 9. November 2021

 

Der Bundesrat hat am 5. November 2021 der novellierten Heizkostenverordnung (HeizKostV) zugestimmt. Damit ist das Verordnungsgebungsverfahren inhaltlich abgeschlossen – mit einem kurzfristigen Inkrafttreten ist zu rechnen. Vermieter, Fernwärmeversorgungsunternehmen mit einer sog. „Mieterdirektlieferung” und deren Submeteringdienstleister müssen deshalb nun die neuen Vorgaben einer Digitalisierung, Interoperabilität und Erhöhung der Transparenz und des Informationsumfangs von Abrechnungen nun kurzfristig umsetzen. Dabei bietet die Novelle für Stadtwerke verbesserte Chancen zum Einstieg in das Geschäftsfeld der Submetering-Dienstleistungen bei der Wärmeversorgung von Mehrfamilienhäusern.

 

Vorhersehbares Ende mit Schrecken

Um europäische Vorgaben zur Energieeffizienz umzusetzen, musste die Bundesregierung neben der Verordnung über Allgemeine Bedingungen zur Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV), die zu diesem Zweck durch die neue Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (FFVAV) ergänzt wurde, auch entsprechende neue Regeln für die Heizkostenabrechnung einführen.

 

Da schon der Abschluss der AVBFernwärmeV-Novellierungsverfahren durch die Änderungsbeschlüsse des Bundesrats teilweise als praxisfern, investitionsfeindlich und damit klima- und verbraucherschutzpolitisch kontraproduktiven bewertet wurde, steht zu befürchten, dass im Novellierungsverfahren der Heizkostenverordnung eine weitere „Verschlimmbesserung” der wärmerechtlichen Rechtslage bevorsteht.

 

Immerhin hat der Bundesrat am 5. November 2021 der geänderten Verordnungsfassung der Bundesregierung inhaltlich ohne eigene Änderungsvorschläge zugestimmt, allerdings mit der Maßgabe einer Evaluierung der Vorschriften durch die Bundesregierung drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Novelle.

 

Damit ist das Verordnungsverfahren inhaltlich abgeschlossen, sodass das Inkrafttreten nur noch ein formaler Akt ist. Aufgrund des bereits weit vorangeschrittenen europarechtlichen Genehmigungsverfahren ist damit zu rechnen, dass auch von europäischer Seite keine weiteren inhaltlichen Änderungen der Novelle zu erwarten sind. Damit ist davon auszugehen, dass die HeizKostV in der verabschiedeten Fassung in den nächsten 2-6 Wochen ausgefertigt und verkündet wird und dann unmittelbar in Kraft tritt.

 

Wen betrifft die HeizKostV?

Die HeizKostV regelt nur die Verteilung von Wärme und die hierzu erforderlichen mess- und abrechnungstechnischen Vorgaben. Die Lieferung der Wärme am Hausanschluss unterliegt dagegen mietrechtlichen (v.a. §§ 556 BGB ff.) oder fernwärmerechtlichen (AVBFernwärmeV und FFVAV) Regelungen. Insofern richten sich die mess- und abrechnungstechnischen Vorgaben der Fernwärmelieferung in der Regel ausschließlich nach der AVBFernwärmeV und FFVAV. Stadtwerke und Fernwärmeversorger müssen deshalb in der Regel die HeizKostV nicht beachten. Insofern handelt es sich aber um eine wichtige Regelung für Vermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften und deren WEG-Verwalter, die diese in der Regel mithilfe großer Submetering-Dienstleistungsunternehmen umsetzen. Nur soweit Fernwärmeversorger und Contractingdienstleister ausnahmsweise im Rahmen der sog. „Mieterdirektbelieferung” innerhalb von Mehrfamilienhäusern die unmittelbare Belieferung von Mietern oder WEG-Eigentümern selbst übernehmen, müssen sie auch die Regelungen der HeizKostV beachten.

 

Ablesen aus der Ferne

Nach der Novelle müssen neu installierte Verteilzähler mit Inkrafttreten der Novelle aus der Ferne ablesbar sein, bestehende Verteilzähler bis Ende 2026 nachgerüstet oder ersetzt werden. Das Ablesen der Zählerstände vor Ort soll damit entfallen. Die Heizkostenabrechnung muss neben umfassenden verbraucherschutz- und umweltpolitischen Informationen künftig einen Vergleich zum vorherigen Verbrauch und zum Durchschnittsverbrauch enthalten. Die Branche rätselt zurzeit noch, wie für die bauphysikalisch und wärmetechnisch im Vergleich zur Stromversorgung ungleich komplexere Situation sinnvolle und kosteneffiziente Daten gewonnen und aufbereitet werden können.

 

Datensicherheit der Smartmeter

Fernablesbare Verbrauchserfassungsgeräte müssen Datenschutz und -sicherheit nach dem Stand der Technik gewährleisten. Das Einhalten des Stands der Technik wird angenommen, wenn Schutzprofile und technische Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik eingehalten sind.

 

Alternativ gilt dies, wenn eine Verbindung mit einem Smart-Meter-Gateway vorliegt. Denn diese Kommunikationseinheit, die die Messdaten von Zählern empfängt, speichert und für Marktakteure aufbereitet, enthält ein entsprechendes Sicherheitsmodul. Allerdings ist umstritten, ob dies für die Verteilzählung datenschutz-, verbraucher- und umweltschutzpolitisch sinnvoll ist, da bisher die Verteilzählung aus Kostengründen auf einem gegenüber der Verbrauchszählung niedrigerem technischen Niveau betrieben wurde.

 

Informationspflichten für Gebäudeeigentümer

Sind fernablesbare Zähler oder Heizkostenverteiler installiert, sollen Mieterinnen und Mieter regelmäßig Abrechnungs- und Verbrauchsinformationen erhalten. Ziel ist es, sie zu einem bewussten und sparsamen Umgang mit Wärmeenergie anzuregen, damit sie ihr Heizverhalten anpassen und damit Energiekosten sowie CO2-Emissionen reduzieren können.

 

Die Abrechnungen müssen detaillierte Informationen enthalten, zum Beispiel über den Brennstoffmix, die erhobenen Steuern, Abgaben und Zölle. Verpflichtend ist außerdem ein Vergleich des aktuellen Heizenergieverbrauchs mit dem Verbrauch des letzten Abrechnungszeitraums und ein Vergleich mit dem Durchschnittsendnutzer derselben Nutzerkategorie.

 

Mehr Wettbewerb im Submetering-Markt

Der sog. „Submeteringmarkt” wird von einem Oligopol marktstarker Unternehmen beherrscht.

Zur Stärkung des Wettbewerbs müssen neu installierte Geräte deshalb mit Systemen anderer Anbieter interoperabel und an ein Smart-Meter-Gateway anbindbar sein. Bereits installierte fernablesbare Ausstattungen müssen bis Ende 2031 mit der Funktion der Smart-Meter-Gateway-Anbindbarkeit nachgerüstet oder ausgetauscht werden. So könnte die Konzentration aller Messdaten über ein zentrales Smart-Meter-Gateway, welches in der Regel vom Stromversorger oder einem entsprechenden Strom-Messtellenbetreiber betrieben wird, ein Schritt sein, um das Oligopol der Submetering-Dienstleister aufzubrechen. Gerade für Stadtwerke mit ihrem Zugang zu kommunalen Immobilienunternehmen könnte sich hier ein attraktives neues Geschäftsfeld ergeben.

 

Verordnungsverfahrensabschluss trotz Ampel-Koalitionsverhandlung?

Die Verordnung soll die Vorgaben der im Dezember 2018 novellierten EU-Energieeffizienz-Richtlinie (EED) in nationales Recht umsetzen; deren Umsetzungsfrist ist bereits am 25. Oktober 2020 abgelaufen. Die Bundesregierung hatte ihren Verordnungsentwurf dem Bundesrat zwar am 4. August 2021 zugeleitet, der Bundesrat konnte die Verordnung aber jetzt erst nach der Bundestagswahl und nach bereits erfolgter Entlassung der Bundesregierung inhaltlich verabschieden. Nach den verfassungsrechtlichen Regelungen bleibt eine Bundesregierung und deren Minister als maßgebliche Akteure des Verordnungsgebungsverfahrens aber weiter geschäftsführend im Amt.

 

Dabei galt jedoch bisher ein aus dem Demokratieverständnis hergeleiteter Grundsatz „größtmöglicher Zurückhaltung”, das heißt in der Verordnungsgebungspraxis war bisher die Fortführung von Verordnungsgebungsverfahren vor Konstituierung der neuen Bundesregierung tabu. Dieses Selbstverständnis scheint das BMWi mit der Verabschiedung der AVBFernwärmeV-Novelle unter dem Eindruck der EU-Vertragsstrafensanktion aufgegeben zu haben, sodass auch für die HeizKostV-Novelle damit zu rechnen ist, dass diese noch kurzfristig vor Jahresende in Kraft treten wird.

 

 

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