Gas- und Wärmepreisbremse: Wettbewerbs- und umweltpolitische Defizite bei der Beihilfeermittlungsmethodik?

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​veröffentlicht am 25. Oktober 2022

 

Mit der Ankündigung einer der größten Beihilfemaßnahmen der deutschen Wirtschaftsgeschichte durch den Bundeskanzler und die ersten Vorschläge zu deren Ausgestaltung wurden große Hoffnungen geweckt. Dabei ist jeder staatliche Eingriff in ein hochkomplexes marktwirtschaftliches System wie die Erdgas- und Fernwärmeversorgung mit hohen Risiken verbunden. Insbesondere ist fraglich, ob die Hoffnungen auf eine schnelle Entlastung erfüllt werden können und die wettbewerblichen und umweltpolitischen Auswirkungen der Energiebeihilfen der sog. „Erdgas- und Wärmepreisbremse“ ausreichend berücksichtigt wurden. Vor allem die Vorschläge zur Neujustierung der Fernwärmepreisanpassung lassen viele Fragen offen. Dabei bleibt zu hoffen, dass wettbewerbs- und umweltpolitische Defizite der Vorschläge noch überwunden werden und die Erdgaskrise zum Katalysator der ohnehin laufenden AVBFernwärmeV-Novelle wird.

 

Der Zwischenbericht der ExpertInnenkommission Gas und Wärme (nachfolgend kurz „Kommission“) vom 10.10.2022 ist zwar lediglich eine Empfehlung an die Bundesregierung und wird noch durch einen Endbericht konkretisiert. Ob, wann und wie diese Empfehlungen in eine konkrete Gesetzesinitiative übernommen werden und vor allem wie das Gesetz, dass dann in Kraft tritt, aussehen wird, ist danach noch vollkommen offen.

 

Soweit der Vorschlag 1:1 in ein Gesetz übernommen werden sollte, lassen sich insbesondere für die Fernwärmeversorgung aber schon folgende Leitlinien einer gesetzlichen Umsetzung abschätzen:

 

Stufe 1: Die Abschlagsbeihilfe – Nur hohe Ungleichheit oder sogar Ritt in die Schuldenfalle?

 

Die Kommission hat sich für ein zweistufiges Fördermodell entschieden. Dabei soll die erste Förderstufe Letztverbraucher pauschal und noch in der bereits laufenden Heizperiode entlasten.

 

In der ersten Förderstufe sollen Verbraucher deshalb eine Einmalzahlung auf Basis des Verbrauchs, welcher der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde, erhalten.

 

Hierzu sollen Versorgungsunternehmen verpflichtet werden, gegenüber Letztverbrauchern auf die Zahlung der Dezemberabschlagsrechnung für Erdgas- und Fernwärmelieferungen zu verzichten (nachfolgend deshalb als „Abschlagsbeihilfe“ bezeichnet). Dabei dienen Abschlagszahlungen nur der vorläufigen Bezahlung der häufig erst nach Ablesung zum Jahresende feststehenden und erst danach mit der sog. „Jahresendabrechnung“ mitgeteilten tatsächlichen Zahlungspflichten. In der Jahresendabrechnung wird dann die tatsächliche Zahlungspflicht mit den bereits geleisteten Abschlagszahlungen verrechnet, sodass es im Idealfall nur zu einer kleinen Nachzahlung oder Rückzahlung kommt.


Verbraucher sollen durch die Abschlagszahlungen vor hohen Einmalbelastungen der Jahresenergiekosten, durch eine angemessene Abschlagshöhe auch vor hohen Nachzahlungen geschützt werden. Gleichzeitig soll durch Abschlagszahlungen das Warenkreditrisiko der Versorger gemindert und die Liquidität geschont werden. Damit die ohnehin durch die Gaskrise strapazierte Liquidität der Versorgungsunternehmen durch den Abschlagsverzicht nicht noch stärker belastet wird, soll eine staatliche Stelle den Einnahmeverlust nach dem Vorschlag der Kommission durch eine Vorauszahlung an die Versorger zum 01.12.2022 vorfinanzieren.


Der Zwischenbericht berücksichtigt darüber hinaus, dass die Abschlagsbeihilfe in Mietverhältnissen entsprechend durch einen Verzicht auf die Nebenkostenvorauszahlung für die Dezember-Nebenkostenpauschale an Mieter weitergegeben werden soll (§ 560 Abs. 3 BGB).

 

Da Abschlagsbeträge und Nebenkostenpauschalen häufig über Daueraufträge bezahlt werden, ist aber fraglich, ob die Abschlagsbeihilfe in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird und nicht nur zu rechtsgrundlosen Zahlungen und Rückabwicklungsaufwand führt. Viele private Letztverbraucher werden von der Aussetzung laufender Daueraufträge bewusst oder versehentlich absehen. Dies gilt insbesondere für die in der Regel nur von Nebenkostenzahlungspflichten betroffene Gruppe sozial schwacher Mieter, die an sich im Fokus der Beihilfen hätten stehen sollen.

 

Da aufgrund der extrem gestiegenen Erdgas- und Fernwärmepreise für das Abrechnungsjahr 2022 aufgrund noch zu niedrig bemessener Abschläge bei der Jahresendabrechnung mit einer Abschlagsunterdeckung zu rechnen ist, ist darüber hinaus zweifelhaft, ob der Sinn und Zweck der Ausfallrisikominderung und der Vermeidung einer Überforderung von Verbrauchern durch hohe Jahresendabrechnungsnachzahlungen durch die Abschlagsbeihilfe nicht konterkariert wird. Ein Verbraucher, der im Januar 2023 den hohen Nachzahlungsbetrag der Jahresendabrechnung 2022 nicht auf einmal bezahlen kann, ist wenig gedient, wenn er dafür im Dezember 2022 einen Abschlag nicht zahlen musste. Angesicht der zum Teil um das Dreifache gestiegenen Erdgas- und Fernwärmepreise ist eine Erstattung von ca. 1/12 zu wenig, um hohe Nachzahlungen zu vermeiden. Insofern wäre Verbrauchern und Versorgern besser gedient, nicht auf den Dezemberabschlag zu verzichten, sondern die hohen Nachzahlungsbeträge der Jahresendabrechnung 2022 nur durch eine Pauschalzahlung an die Versorger auf ein bezahlbareres Maß zu verringern.

 

Soweit dagegen Versorger durch niedrige Preise oder frühzeitige Abschlagserhöhungen auf die Krise reagiert haben und die soziale Bedürftigkeit ohnehin nicht der zentrale Beihilfezweck ist, wäre auch eine Jahresendabrechnungsgutschrift im Frühjahr 2023 als Folge einer pauschalen Beihilfe für die Energiekosten des Jahres 2023 ein gutes Signal für die Verbraucher.

 

Da in der Praxis zwar häufig 12, teilweise aber auch nur 11 oder 10 Abschlagszahlungen im Kalenderjahr erhoben werden, Versorger Abschlagsbeträge zum Teil nur über längere Zeiträume, zum Teil nach jeder Abrechnungsperiode oder sogar innerhalb der Abrechnungsperiode anpassen und insbesondere bei fernauslesbaren Messeinrichtungen auch keine Abschlagszahlungen erhoben werden, sondern monatlich Arbeitsentgelte abgerechnet werden, führt die Abschlagsbeihilfe individuell zu vollkommen unterschiedlichen Entlastungsbeträgen. Insofern ist mit der Abschlagsbeihilfe eine hohe Ungleichbehandlung verbunden.

 

Darüber hinaus birgt das Abstellen auf den September 2022 ein erhebliches Risiko, dass im Vergleich zum Jahresdurchschnittsverbrauch untypische Verbräuche zu einer Benachteiligung einzelner Verbraucher führt. Insbesondere werden besonders sparsame Verbraucher, die z.B. den Verbrauch durch einen späteren Beginn der Heizperiode im September 2022 niedrig gehalten haben, durch die Abschlagsbeihilfe benachteiligt.

 

Da Abschläge nur eine vorläufige Zahlung darstellen, ist fraglich, wie die Abschlagsbeihilfe bei der Jahresendabrechnung berücksichtigt werden soll. Das Ziel, den Erstattungsbetrag auf der Grundlage des September-Vorjahresverbrauchs 2022 zu ermitteln, würde entweder erfordern, dass die Versorger den Erstattungsbetrag schon vor der Geltendmachung des Abschlagsverzichtausgleichs ermitteln und die staatliche Stelle den Erstattungsbetrag schon bis zum 01.12.2022 an die Versorger zahlt. Dies ist kaum mit dem Ziel einer einfachen und schnellen Vorab-Entlastung zu vereinbaren.


Oder die staatliche Stelle zahlt als Abschlagsverzichtsausgleich nur den Abschlagswert. Dann decken sich aber Abschlagsverzichtsausgleich und Erstattungsbetrag nicht, sodass es nach Verrechnung in der Jahresendabrechnungen noch einmal zu einer Rückzahlung oder Nachzahlung zwischen Versorger und Staat kommen muss.


Die Höhe der Kostensenkungsbeihilfe soll auf der Grundlage des September-Vorjahresverbrauchs (2021) ermittelt werden. Da es sich um einen kundenspezifischen, individuellen Wert handelt, kommt auf die Versorgungsunternehmen ein erheblicher Ermittlungsaufwand zu.´

 

Neben der Verbrauchsmenge bedarf es noch eines Verbrauchspreises, um den Erstattungsbetrag zu ermitteln. Der Zwischenbericht trifft jedoch keine Festlegung zu der preislichen Bemessungsgröße. Insofern ist es wahrscheinlich, dass die jeweils 2022 gültigen Arbeitspreise zugrunde zu legen sind. Offen bleibt dann aber ebenfalls, wie mit Preiserhöhungen, die beispielsweise zum 01.10.2022 erfolgt sind, umzugehen sein wird. Unklar bleibt auch, was die Kommission mit der Angabe des Rabatts als geldwerter Vorteil in der Einkommenssteuererklärung erreichen möchte.

 

Das Ziel, nur diejenigen durch den Rabatt zu bevorteilen, die nicht bereits sonstige geldwerte Vorteile von Ihrem Arbeitgeber oberhalb des Freibetrags erhalten und damit im Sinne der Verhältnismäßigkeit einen Teil des Rabattes wieder abzuschöpfen, mag grundsätzlich plausibel sein. Der Vorschlag ist aber nicht mit der Systematik des Einkommenssteuerrechtes vereinbar, da die Einordnung als geldwerter Vorteil, der üblicherweise eine (Sach-)Leistung des Arbeitgebers darstellten soll, hier fernliegend ist. Hier wird spätestens im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch eine umfangreiche Klarstellung oder Korrektur erforderlich sein.

 

Stufe 2: Die Einheitspreisbeihilfe – Anreiz für Ineffizienz, Gewinnsteigerungen und Energieverschwendung ?

 

Mit der zweiten Stufe der Gas- und Wärmepreisbremse sollen Verbraucher ab März 2022 bis zum 30.04.2024 durch einen „garantierten Brutto-Preis“ entlastet werden.

 

Nach der im Zwischenbericht durch die Formel

 

Rabatt = (individueller Arbeitspreis - Garantiepreis) * Grundkontingent / Abschläge

 

beschriebenen Methodik zur Ermittlung des Beihilfebetrags (im Zwischenbericht als „Rabatt“ bezeichnet) lässt sich die Beihilfe nur als staatlich garantierter Einheitspreis interpretieren (nachfolgend deshalb als „Einheitspreisbeihilfe“ bezeichnet). Danach zahlen alle Verbraucher effektiv den gleichen Arbeitspreis von 12ct/kWh für Erdgas und 9,5 ct/kWh für Fernwärme. Der Staat erstattet dann – anders als bei Höchstpreisen - die Differenz zum individuellen Arbeitspreis. Da die Arbeitspreise von Versorger zu Versorger unterschiedlich sind, fällt die Höhe der Einheitspreisbeihilfe wiederum ungleich aus.

 

Damit werden Kunden, die hochpreisige Energietarife akzeptiert haben, bevorteilt, da sie für das gleiche Produkt eine höhere Beihilfe erhalten. Oft sind hochpreisige Erdgasprodukte Folge einer geringen Wechselbereitschaft von Erdgaskunden. Insbesondere ist das höhere Preisniveau von Grundversorgungstarife eine Folge des fehlenden Wettbewerbs im Marktsegment der wenig preisbewussten und wechselbereiten Grundversorgungskunden. Damit benachteiligt die Höchstpreisbeihilfe wettbewerbsorientierte Kunden. Damit werden mittelbar auch Versorger, die aufgrund von Ineffizienzen oder hohen Gewinnmargen zu hohen Preisen versorgen, bevorzugt. Die ohnehin mit den Auswirkungen der Gaspreiskrise besonders kämpfenden reinen Gashändler werden dagegen weiter benachteiligt, sodass hier mit weiteren Insolvenzen und einer Abnahme der Wettbewerbsintensität zu rechnen ist.


Die Kommission setzt damit mit der Einheitspreisbeihilfe ein wettbewerbspolitisch falsches Signal.

Aufgrund der steigenden Erdgaspreise müssen alle Erdgas- und Fernwärmeversorger zur Zeit ihre Preise ohnehin neu kalkulieren und anpassen. Die Kommission will zwar Missbrauch verhindern. Letztlich verkennt sie aber wettbewerbliche Zwänge und schlägt ein System vor, dass bereits erfolgten Preissetzungsmissbrauch belohnt und für die Zukunft einen hohen Anreiz schafft, Preissetzungsspielräume auszuschöpfen.

 

Die Kommission will durch die Beschränkung der Einheitspreisbeihilfe auf ein Grundkontingent Anreize zur Energieeinsparung wahren. Das Grundkontingent umfasst dabei nur 80% des bisherigen Verbrauchs. Der Verbrauch, der über das Grundkontingent hinausgeht, soll nicht entlastet werden, sodass ein hoher Anreiz besteht, durch Einhaltung des Grundkontingents Energiekosten zu sparen.

 

Dabei soll das Grundkontingent wiederum nach dem Verbrauch, der der Abschlagszahlung aus September 2022 zugrunde gelegt wurde, bemessen werden. Die Abschläge werden nach den gesetzlichen Vorgaben (§13 Abs. 1 Satz 2 GasGVV/ § 25 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV) nach dem Verbrauch für den zuletzt abgerechneten Zeitraum festgesetzt. Danach ist im September 2022 in der Regel der 12-Monatsverbrauch in der Abrechnungsperiode 2021 maßgeblich. Verbraucher, die 2021 bereits besonders sparsam waren und wenig Energie verbraucht haben, werden deshalb 2023 ihre Verbräuche nicht oder nur schwer weiter senken können. Dagegen wird es Verbrauchern, die bisher besonders hohe Verbräuche hatten, einfach gelingen, 2023 mit nur 80% des Verbrauchs aus 2021 zurechtzukommen.

 

Damit bevorzugt die Systematik der individuellen Grundkontingentermittlung Verbraucher, die bisher wenig umwelt- und kostenbewusst Erdgas und Fernwärme verbraucht haben. Verbraucher, die dagegen durch Effizienzmaßnahmen bereits in der Vergangenheit ressourcenschonend mit Erdgas und Fernwärme umgegangen sind, werden benachteiligt. Damit setzt die Einheitspreisbeihilfe auch umweltpolitisch falsche Signale.

 

Die Einheitspreisbeihilfe für Fernwärme soll über die Beihilfe hinaus durch einen „Preisdämpfungsmechanismus beim Preisanpassungsmechanismus für Fernwärmepreise“ flankiert werden.

Nach den Vorstellungen der Kommission soll verhindern werden, „dass der allein kriegsbedingte Preisanstieg am Wärmemarkt infolge der Gasknappheit die Fernwärmepreise zusätzlich und unabhängig von den tatsächlichen Kosten im Einzelfall zu einem weiteren Anstieg der Kosten für die Kunden führt.“ Die neben der Entwicklung der tatsächlichen Kosten zu berücksichtigenden Verhältnisse auf dem Wärmemarkt sollen deshalb vorübergehend nicht in die Preisbildung einfließen. Damit will die Kommission wohl eine zeitlich befristete Aussetzung des Wärmemarktelements in Fernwärmepreisgleitklauseln vorschreiben.

 

Fernwärmepreisanpassung – Erdgaspreiskrise als Katalysator überfälliger Korrekturen der Marktorientierung?

 

Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 24 Abs. 4 der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) und deren Auslegung durch die Rechtsprechung müssen Arbeitspreisgleitformeln neben sog. „Kostenelementen“, die eine der tatsächlichen Veränderung der jeweiligen Kostenarten der Fernwärmeversorgung entsprechende Veränderung der Fernwärmepreise sicherstellen sollen, zusätzlich ein Wärmemarktelement enthalten.


Das Wärmemarktelement muss nach der Auslegung der Rechtsprechung die Verhältnisse auf dem überregionalen, primärenergie- und technologieübergreifenden Wärmemarkt abbilden (BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – VIII ZR 339/10 –, Rn. 21). Insofern werden Wärmemarktelemente häufig an den Wärmepreisindex des Statistischen Bundesamtes (Wärmepreisindex - Statistisches Bundesamt (destatis.de)) geknüpft, der die Preisentwicklung der Umlage für Erdgas und leichtes Heizöl beim Betrieb dezentraler Heizungsanlagen abbildet. Dabei handelt es sich um Letztverbraucherpreise. Letztverbraucherpreise werden aber nach den Vorschlägen der Expertenkommission gerade von den kriegsbedingten Preisanstiegen entlastet. Danach ist davon auszugehen, dass das Wärmemarktelement bei einer Wärmemarktpreisentwicklung ohne staatliche Beeinflussung zu Fernwärmepreissteigerungen geführt hätte, dies aber aufgrund der Einheitspreisbeihilfe bereits durch die Senkung der Letztverbraucher-Erdgaspreise verhindert wird. Da der Wärmepreisindex durch die Einführung der Einheitspreisbeihilfe sogar zunächst sinkt, würde das Wärmemarktelement sogar (entgegen den tatsächlichen Kosten der Fernwärmeversorgungsunternehmen) zu einer Verringerung der Fernwärmepreise führen. Während der Einheitspreisphase würde die fehlende Veränderung der Wärmepreise weiterhin zu einer unterproportionalen Fernwärmepreisanpassung führen, da sich nur noch die mit weniger als 100% des Preises gewichteten Kostenelemente verändern. Damit würden den Fernwärmeversorgern durch die Einheitspreisbremse Verluste entstehen.


Die Aussetzung des Wärmemarktelements ist danach zweckmäßig, aber nicht, um den überproportionalen Fernwärmepreisanstieg zu vermeiden, sondern um einen zu dem individuellen Kostenanstieg der Fernwärmeversorgungsunternehmen proportionalen Fernwärmepreisanstieg sicherzustellen.

Dabei ist die Neutralisierung des Wärmemarktelements allerdings komplexer, als es auf den ersten Blick der Kommissionsvorschläge erscheint. Preisgleitklauseln passen die Preise immer mit einem Nachlauf an, der in der Praxis bis zu 12 Monaten betragen kann. Hinzu kommen der Referenzzeiträum von bis zu 12 Monaten. In einem solchen Fall würden die Fernwärmepreise zum 01.01.2023 nach der Wärmemarktpreisentwicklung in der Zeit vom 01.01.- 31.12.2021 angepasst. Da der Ukrainekrieg erst im Februar 2022 begonnen hat, wäre deshalb eine Aussetzung des Wärmemarktelements in diesen Fällen verfrüht. In der Praxis werden Nachlauf, Referenzzeitraum vollkommen unterschiedlich gestaltet, sodass ein einheitlicher Aussetzungs- und Wiedereinsetzungszeitpunkt unmöglich ist.

 

Weiterhin ist es nicht einfach damit getan, das Wärmemarktelement bei der Anwendung der Preisgleitformel „wegzulassen“. Eine rechnerische Beschränkung auf die Kostenelemente führt zu einer unterproportionalen Fernwärmepreisanpassung (s.o.) und damit zu Verlusten der Fernwärmeversorger. Insofern ist eine Anpassung der Gewichtung der Kostenelemente erforderlich, die aufgrund der Veränderung der Kostenverhältnisse durch den extremen Anstieg der Gasbezugskosten häufig ohnehin erforderlich ist. Eine derartige Neuberechnung ist aber zeitaufwendig, sodass eine gesetzliche Regelung entsprechende Umsetzungsfristen vorsehen muss.

 

Dem im Ergebnis richtigen Vorschlag der Kommission liegt aber die fehlende Eignung des Marktelements als Korrektiv für marktunübliche Kostenentwicklungen des Fernwärmeversorgungsunternehmens zugrunde (vgl. Held, ER 2017, 256, 264 f.). Stattdessen sollte klargestellt werden, dass eine hinreichende Korrektivfunktion bereits durch eine Anknüpfung der Kostenelemente an Marktpreisentwicklungen für die jeweilige Kostenart – in der Regel durch Marktindizes des Statistischen Bundesamtes - sichergestellt wird. Danach wäre es wünschenswert, wenn die Verwerfungen der Gleitklausel-Preisanpassung durch die Erdgaspreiskrise zum Anlass genommen würden, das Wärmemarktelement dauerhaft abzuschaffen und damit den Kostenorientierungsgrundsatz der Preisgleitung zu stärken.

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