Werbung mit dem Begriff „klimaneutral” – BGH will bisherige Praxis unterbinden!

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​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. April 2024


 

 
Mit dem Begriff „klimaneutral“ werden derzeit nicht nur Konsumgüter, sondern auch Verträge in der Versorgungswirtschaft beworben. Klimaschutz ist für Verbraucher ein zunehmend wichtiges, nicht nur die Nachrichten, sondern auch den Alltag bestimmendes Thema. Die Bewerbung eines Unternehmens oder seiner Produkte mit einer vermeintlichen Klimaneutralität kann daher erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.

 
Die Werbenden haben dabei derzeit noch die obergerichtliche Rechtsprechung auf ihrer Seite. Allerdings muss man sagen, noch! Doch der Reihe nach: In der Rechtsprechung ist aktuell anerkannt, dass der Durchschnittsverbraucher den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO₂-Emissionen des Unternehmens versteht, „wobei ihm bekannt ist, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen (z.B. Zertifikatehandel) erreicht werden kann“ (so z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 06. 07.2023 – I-20 U 152/22). Diese Rechtsprechungslinie betont, dass dem Verbraucher bekannt sei, dass auch Waren und Dienstleistungen als „klimaneutral“ beworben werden, die nicht emissionsfrei erbracht werden können und bei denen die Klimaneutralität nur durch Kompensationszahlungen möglich ist, wie etwa Flugreisen. Der Verbraucher habe daher ein erhebliches Interesse an der Information, ob die Klimaneutralität (auch) durch eigene Einsparmaßnahmen erreicht wird oder nur durch den Erwerb von CO₂-Zertifikaten beziehungsweise durch die Unterstützung von Klimaprojekten Dritter (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. 06.07.2023 – I-20 U 152/22). Deshalb fordert die Rechtsprechung eine Aufklärung darüber, ob die in der Werbung behauptete Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Einsparungen bzw. durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird. Weiter ist eine Aufklärung darüber erforderlich, ob bestimmte Emissionen von der CO₂-Bilanzierung ausgenommen wurden. Ausreichend war dabei bisher, dass der Verbraucher diese Information über einen QR-Code oder durch Eingabe einer genannten Website erhält.

 
Diese Praxis wird der Bundesgerichtshof nun ein Ende bereiten. So hatte der Bundesgerichtshof am 18.4.24 im Zusammenhang mit Katjes-Fruchtgummis über die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ zulässig ist. Die zu entscheidende Frage war dabei an den Tatbeständen „Irreführung“ und/oder „Vorenthalten von Informationen“ des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu messen. In der mündlichen Verhandlung wies der Bundesgerichtshof jetzt darauf hin, dass hier sein „Umweltengel“-Rechtsprechung aus den 90er Jahren (vgl. BGH, Urt. v. 4.10.1990 – I ZR 39/89) noch Geltung beansprucht. Diese Rechtsprechung sieht für Umweltaussagen strenge Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten in der Werbung bzw. auf dem Produkt selbst vor. Dabei spielt der „enge Raum“ für eine entsprechende Aufklärung auf dem Produkt bzw. in der Werbung für den Tatbestand der „Irreführung“ keine Rolle. Mit anderen Worten: Die Aufklärung hat entweder direkt auf dem Produkt (im konkreten Fall auf der Fruchtgummi-Tüte) oder direkt in der Werbung zu erfolgen. Ein Weiterrouten mittels Websites bzw. QR-Code ist zukünftig nicht mehr zulässig.

 
Bei Kompensationsmaßnahmen zeichnet sich ab, dass klagebefugte Verbände Maßnahmen ergreifen werden, wenn sich die von den Werbenden unternommenen Kompensationsmaßnahmen als untauglich darstellen. Es besteht daher auch für die Versorgungswirtschaft rascher Handlungsbedarf! 

 
Das Urteil des BGH wird in den nächsten Wochen erwartet – wir werden Sie auf dem Laufenden halten.


 

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