Umsatzsteuerliche Behandlung des Direktverbrauchs aus dem Betrieb von Anlagen zur Energieversorgung: Keine Lieferung im Sinne des UStG bei dezentralem Verbrauch

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 16. April 2025


Mit Schreiben vom 31. März 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) seine bisherige Auffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Direktverbrauchs aus Energieerzeugungsanlagen grundlegend geändert. Künftig ist der dezentral verbrauchte Strom aus PV- oder KWK-Anlagen nicht mehr als fiktive Lieferung zu behandeln. Der dafür gezahlte KWK-Zuschlag oder die EEG-Vergütung gelten als nichtsteuerbare Zuschüsse. Die neue Verwaltungsauffassung folgt damit der aktuellen BFH-Rechtsprechung und gilt für alle offenen Fälle, wobei bis Ende 2025 ein faktisches Wahlrecht besteht.

Bisher ging die Finanzverwaltung davon aus, dass die Zahlung eines KWK-Zuschlags für dezentral verbrauchten Strom zu einer fiktiven Stromlieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und von diesem an den Anlagenbetreiber führt. Ebenso nahm die Finanzverwaltung auch eine fiktive Hin- und Rücklieferung von Strom aus PV-Anlagen beim Direktverbrauch an, wenn der Anlagenbetreiber eine Vergütung nach § 33 Abs. 2 EEG in Anspruch genommen hat.

Die Besteuerung einer fiktiven Hin- und Rücklieferung führte bei Nichtunternehmer und bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen des Betriebs hoheitlicher KWK-Anlagen (z.B. Kläranlagenbetreiber) zu erheblichen Umsatzsteuerbelastungen.

Der BFH hat in zwei Urteilen (Urteil vom 29.11.2022, Az. XI R 18/21 und Urteil vom 11.05.2023, Az. V R 22/21) die bisherige Sichtweise der Finanzverwaltung verworfen und klargestellt, dass die Zahlung eines KWK-Zuschlags kein Entgelt für eine Lieferung oder Leistung für dezentral verbrauchten Strom ist, sondern ein reiner Zahlungsvorgang ohne steuerbaren Leistungsaustausch.

Diese BFH-Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung nun in ihrem aktuellen BMF-Schreiben vom 31.03.2025 zum Betrieb von Energieerzeugungsanlagen aufgegriffen und Abschnitt 2.5 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) umfassend angepasst und das bisherige BMF-Schreiben vom 14.09.2014 außer Kraft gesetzt.

Für KWK-Anlagen gilt Folgendes: Nur der eingespeiste oder nicht unter Abschn. 2.5. Abs. 2 UStAE n.F. fallende kaufmännisch-bilanziell weitergegebene Strom zählt aus umsatzsteuerlicher Sicht als Lieferung. Der nicht eingespeiste, dezentral verbrauchte Strom gilt dagegen nach der BFH-Rechtsprechung als nicht geliefert.

Der KWK-Zuschlag für den dezentral verbrauchten Strom ist als nichtsteuerbarer echter Zuschuss zu bewerten. Gleiches gilt für den KWK-Zuschlag im Rahmen der Direktvermarktung. Wird der Strom physisch eingespeist, kann der Anlagenbetreiber zusätzlich zum KWK-Zuschlag vom Netzbetreiber eine erhöhte Vergütung nach dem EEG für den von ihm eingespeisten Strom (sog. KWK-Bonus) erhalten. Es handelt sich hierbei unverändert um ein zusätzliches gesetzlich vorgeschriebenes Entgelt für die Stromlieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber.

Auch bei PV-Anlagen gilt: Als umsatzsteuerliche Lieferung gilt nur der physisch ins Netz eingespeiste oder im Rahmen einer Kundenanlage kaufmännisch-bilanziell weitergegebene Strom – hierfür stellt die Einspeisevergütung das Entgelt dar. Dagegen ist dezentral verbrauchter, nicht eingespeister Strom keine Lieferung im umsatzsteuerlichen Sinne. Eine etwaige EEG-Vergütung für diesen Direktverbrauch ist daher als nicht steuerbarer Zuschuss an den Anlagenbetreiber zu behandeln.

Zusammenfassend empfehlen wir den Netzbetreibern, ihre umsatzsteuerliche Praxis bei der Gutschriftserteilung im Rahmen der KWK-Zuschlagszahlung zeitnah anzupassen-spätestens zum 1. Januar 2026. Betreiber von KWK- oder PV-Anlagen sollten prüfen, ob eine Rückforderung gezahlter Umsatzsteuer für den dezentral verbrauchten Strom möglich ist. Insbesondere bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten Einrichtungen (z. B. Kommunen, Zweckverbände) könnten sich spürbare Erstattungsansprüche ergeben. Gleichzeitig sollten Betreiber analysieren, ob das Festhalten an der alten Praxis bis Ende 2025 wirtschaftlich günstiger ist – z. B. um Vorsteuerkorrekturen oder unentgeltliche Wertabgaben zu vermeiden. Voraussetzung ist eine genaue Prüfung des Einzelfalls – insbesondere mit Blick auf Änderungsmöglichkeiten von Steuerbescheiden (§§ 172 ff. AO) oder Rechnungsberichtigungen (§ 14c UStG).

Die neue Verwaltungsauffassung bringt spürbare steuerliche Erleichterungen für viele Anlagenbetreiber. Zugleich eröffnet sie – zumindest bis Ende 2025 – ein wahlweises Vorgehen, das gezielt zur Steueroptimierung genutzt werden kann. Eine frühzeitige Prüfung des Einzelfalls ist daher dringend zu empfehlen.


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