Anpassung Netzentgelte Strom – Eindrücke aus dem AgNes-Workshop

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 11. Juni 2025

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Die Bundesnetzagentur (BNetzA) schafft Neuregelungen zur Bildung der Netzentgelte Strom. Das AgNes-Diskussionspapier haben wir bereits vorgestellt​​. Im Rahmen der BNetzA-Workshops am 2. und 3. Juni 2025 wurde die Anpassungsoptionen für die künftige Ausgestaltung der Netzentgeltsystematik diskutiert. Ziel war es, bestehende Ungleichgewichte zu hinterfragen, neue Preisstrukturen auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen und die Rolle unterschiedlicher Akteure im System neu zu bestimmen. Die Diskussionen zeigten deutlich: Die Neugestaltung der Netzentgelte ist ein hochkomplexes Vorhaben mit weitreichenden Konsequenzen – sowohl für Netzbetreiber als auch für Einspeiser, Verbraucher und Speicherbetreiber. Dabei wurde nicht nur die technische Machbarkeit einzelner Modelle analysiert, sondern auch Fragen der Fairness, der Lenkungswirkung und der Umsetzbarkeit in den Mittelpunkt gestellt. Die nachfolgende Übersicht fasst die zentralen Diskussionspunkte und Eindrücke zusammen.

​1. Einspeiseentgelte und Baukostenzuschüsse

​Die Teilnehmer diskutierten kontrovers, ob und wie Einspeiser künftig an den Netzausbaukosten beteiligt werden sollten, um eine breitere​ Kostenträgerbasis zu schaffen. Hierbei waren die Positionen erwartungsgemäß klar verteilt: Netzbetreiber und Industrieunternehmen begrüßen grundsätzlich die Erweiterung der Kostenträgerbasis – Betreiber von dezentralen Erzeugungsanlagen stehen einer Mehrbelastung eher skeptisch gegenüber. Es wurden daher folgende Punkte in die Diskussion eingebracht:

  • Es wird auf die hohe Komplexität bei der Abgrenzung von Bestands- und Neuanlagen hingewiesen.
  • Befürchtet wurde, dass dies die Energiewende ausbremsen könnte.
  • Als positiver Aspekt wurde die stärkere Kostenreflexivität gewertet.
  • Es bestand Einigkeit, dass bei Einführung netzdienliche Aspekte (Standort, Steuerbarkeit) in den Mittelpunkt rücken sollten.

Für die Erhebung von Baukostenzuschüssen zeigt sich ebenfalls ein indifferentes Stimmungsbild:

  • Der Baukostenzuschuss scheint in der Umsetzung einfacher, wird aber eher ergänzend zu Einspeiseentgelten gesehen.
  • Der Nutzen für die Finanzierung wurde als gering eingeschätzt.

2. Neue Netzentgeltkomponenten

​Die Einführung zusätzlicher Komponenten wie Grund- oder Kapazitätspreis soll eine verursachungsgerechte​ und planbare Finanzierung ermöglichen. Das Kapazitätsentgelt würde für die bestellte Leistung erhoben. Da mit der Anpassungsoption eher Änderungen „im System“ verbunden sind, war die Diskussion weitgehend einvernehmlich:

  • Grundsätzlich wird der Vorschlag begrüßt, strukturelle Kostentreiber über Grund- bzw. Kapazitätspreise besser abzubilden.
  • Gleichzeitig wurden höhere Komplexität und administrative Anforderungen betont, da z. B. Kapazitätsüberschreitungen überprüft und sanktioniert werden müssen.
  • Fraglich bliebe, ob Letztverbraucher freigewordene Kapazitäten tatsächlich wieder zur Verfügung stellen.

3. Dynamische Netzentgelte 

Im Hinblick auf dynamische Netzentgelte war die Diskussion technisch geprägt. Durch zeitlich und regional differenzierte Entgelte sollen Netzengpässen vermieden werden:

  • Dynamische Entgelte wurden als chancenreich, aber komplex eingeschätzt. Insofern stand die Abwägung zwischen Aufwand und Nutzen im Fokus der Diskussion.
  • Konsens herrschte, dass ein schrittweises Vorgehen (Pilotprojekte) notwendig sei.
  • Die vollständige Dynamisierung wurde aufgrund technischer und datentechnischer Hürden skeptisch beurteilt.

4. Bundeseinheitliche Netzentgelte

Die Übertragungsnetzentgelte wurden bereits vereinheitlicht – daher erscheint es naheliegend, auch die Verteilernetzentgelte anzugleichen, um insbesondere regionale Preisunterschiede zu beseitigen. Eine solche Maßnahme wäre jedoch, darin waren sich die Teilnehmenden einig, mit erheblichen operativen Herausforderungen verbunden.

  • Die Idee wurde als gerecht empfunden, aber auch als Gefahr einer intransparenten Umverteilung.
  • Zentrale Durchführung mit hohem Koordinationsaufwand wurde kritisch gesehen.
  • Eine klare Kommunikation und Übergangsregelungen wurden als unerlässlich betont.

5. Speicherentgelte

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung von Speichern und der derzeit als unübersichtlich empfundenen Regelungslage stand die zukünftige Ausgestaltung der Netzentgelte für Speicher insbesondere unter dem Leitgedanken der Planungssicherheit im Fokus der Diskussion.

  • Die Wichtigkeit einer differenzierten Betrachtung von Speicherarten und -nutzung wurde unterstrichen.
  • Planungssicherheit und ein fairer, netzdienlicher Beitrag standen im Vordergrund.
  • Bestehende Privilegierungen sollten an die tatsächliche Netzwirkung gekoppelt werden.

Wie geht es weiter?

Der weitere Zeitplan zur Umsetzung der AgNes-Vorgaben sieht mehrere Schritte vor: Bis zum 30. Juni 2026 sollen Stellungnahmen zum vorliegenden Diskussionspapier eingehen. Bereits im Sommer 2025 ist die Auswertung dieser Stellungnahmen sowie die Organisation von Expertenworkshops vorgesehen. Im Herbst bis zum Jahresende 2025 folgen dann die eigentlichen Workshops mit Fachleuten. Im ersten Quartal 2026 wird ein konkretisierendes Eckpunktepapier erarbeitet und zur Konsultation gestellt. Zur Jahresmitte 2026 schließt sich ein Entwurf der finalen Festlegung an, der ebenfalls konsultiert wird. Bis Ende 2026 soll die Festlegung erfolgen und damit der Beginn des Umsetzungszeitraums eingeläutet werden. Spätestens im Jahr 2028 soll die Umsetzung in die Marktkommunikation vorgenommen werden. Mit dem 31. Dezember 2028 tritt schließlich die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) außer Kraft, sodass ab dem 1. Januar 2029 die praktische Anwendung der AgNes-Vorgaben beginnt.​

Wir halten Sie über de​n weiteren Diskussionsprozess gerne auf dem Laufendem!


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