Bundesnetzagentur leitet Konsultationsverfahren zur Abschaffung der Entgelte für singulär genutzte Betriebsmittel ein

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​​veröffentlicht am 25. Juni 2025


Die Bundesnetzagentur (BNetzA) beabsichtigt bereits vor Außerkrafttreten der Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen (Stromnetzentgeltverordnung –​ StromNEV) mittels ihrer Abweichungskompetenz (§ 21 Abs. 3 S. 5 EnWG) für Netzbetreiber die Möglichkeit zu untersagen, die Regelung des § 19 Abs. 3 StromNEV zu singulär genutzten Betriebsmitteln anzuwenden. Ab dem 1.1.2026 kann die Regelung des § 19 Abs. 3 StromNEV nach dem Festlegungsentwurf nur noch von Netznutzern angewendet werden, die keine Netzbetreiber sind. Die Übergangsfrist für diese Netznutzer soll zum 31.12.2028 ablaufen.


Bisher gilt: Individuelle Entgelte für singulär genutzte Betriebsmittel 

Nach § 19 StromNEV sind Netzbetreiber verpflichtet, ihren Netznutzern im Sinne des § 3 Nr. 28 EnWG für „Sonderformen der Netznutzung“, bei denen die allgemeinen Preisfindungsgrundsätze des § 16 StromNEV zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen würde, ein individuelles angemessenes Netzentgelt anzubieten. Zu den in § 19 StromNEV genannten „Sonderformen der Netznutzung“ gehören auch singulär genutzte Betriebsmittel als spezielle Anschlusskonstellation. Das Netzentgelt hat sich in diesem Fall an den individuell zurechenbaren Kosten der singulär genutzten Betriebsmittel zu orientieren und der Netznutzer ist so zu stellen, als sei er direkt an die vorgelagerte Netz- oder Umspannebene angeschlossen.

Aktuelle Entwicklungen: Festlegungsverfahren zur Abschaffung der Entgelte für singulär genutzte Betriebsmittel gestartet

Bereits Ende des Jahres 2015 zweifelte die BNetzA in ihrem Bericht zur Netzentgeltsystematik Elektrizität am Sinn und Zweck des § 19 Abs. 3 StromNEV und legte die Abschaffung der Regelung nahe:

„Netzentgelte für singulär genutzte Betriebsmittel stellen einen systemischen
Bruch dar und begünstigen verstärkt durch Wahlmöglichkeiten eine Entsolidarisierung
einzelner Netznutzer innerhalb des Netzentgeltsystems. […] Die Regelung nach
§ 19 Abs. 3 StromNEV sollte unter Maßgabe einer Definitionsveränderung der
Netz- und Umspannebenen folglich abgeschafft werden.“


Im Rahmen der grundlegenden Reform der Regulierungssystematik hat die BNetzA nun am 10.6.2025 ein Festlegungsverfahren zur Abschaffung der Entgelte für singulär genutzte Betriebsmittel nach § 19 Abs. 3 StromNEV eingeleitet (BK8-25-003-A). Die BNetzA begründet diese Entscheidung insbesondere damit, dass im vierten Quartal des Jahres 2024 zahlreiche große regionale Netzbetreiber die Absicht geäußert haben, sich in einer höheren Netzebene abrechnen zu lassen, wobei § 19 Abs. 3 StromNEV als Vehikel dienen soll. Hierdurch wollen die Netzbetreiber nach Ansicht der BNetzA ohne Änderung der tatsächlichen Anschlusssituation durch eine reine „Umhängung“ der Leitungsinfrastruktur wirtschaftliche Vorteile erzielen, indem sie nun vom individuellen Netzentgelt nach § 19 Abs. 3 StromNEV profitieren können.

Nach Auffassung der BNetzA sei diese Praxis energiewirtschaftlich nicht begründbar, entspräche keiner verursachungsgerechten und sachgerechten Verteilung der Netzkosten und würde – entgegen dem Ziel des Verordnungsgebers – keinen überflüssigen Direktleitungsbau vermeiden. Aus diesem Grund hat die Beschlusskammer 8 der BNetzA entschieden, die weitere Anwendung des § 19 Abs. 3 StromNEV in zwei Stufen auszusetzen.

Die BNetzA möchte die Anwendung des § 19 Abs. 3 StromNEV zwischen Netzbetreibern ab dem 1.1.2026 beenden. Für Netzbetreiber entfällt somit Ende dieses Jahres die Möglichkeit, ein individuelles Netzentgelt für singuläre genutzte Betriebsmittel zu verlangen. Andere Netznutzer erhalten eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2028, was ohnehin dem Auslaufen der StromNEV entspricht. Ob es eine Nachfolgeregelung geben wird und wie diese aussehen könnte, lässt die BNetzA derzeit noch offen.

Mit der Veröffentlichung des Festlegungsentwurfs hat die BNetzA diesen zur Konsultation gestellt. Bis zum 8.7.2025 können Stellungnahmen zum Festlegungsentwurf eingereicht werden. Betroffene Marktakteure sollten sich aktiv am Verfahren beteiligen, um ihre Interessen zu vertreten und Einfluss auf die endgültige Festlegung der BNetzA nehmen zu können.

Die geplante Abschaffung der Entgelte für singulär genutzte Betriebsmittel stellt Netzbetreiber sowie weitere Betroffene vor neue regulatorische und wirtschaftliche Fragen. Für viele Netznutzer stellte § 19 Abs. 3 StromNEV eine wichtige Möglichkeit dar, die Netzkosten deutlich zu senken, und hatte damit erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Diese Möglichkeit der Kostensenkung würde nun (ersatzlos) wegfallen, sodass die von der neuen Bundesregierung geplante Absenkung der Netzentgelte für diese Netznutzer wirtschaftlich weitgehend ins Leere laufen würde.

Wir unterstützen Sie gerne dabei, mögliche Auswirkungen auf Ihre Entgeltstruktur, ​​Vertragsverhältnisse und Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu bewerten und eventuell erforderliche Anpassungen praxisgerecht umzusetzen. Gerne verfassen wir für Sie eine Stellungnahme im laufenden Konsultationsverfahren und prüfen die Erfolgsaussichten einer Beschwerde gegen die spätere Festlegung.

Sprechen Sie uns gerne an.


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