Informationspflichten ernst nehmen – Was Wärmeversorger beachten sollten

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 3. September 2025​​

​Die gesetzlichen Anforderungen an Fernwärmeversorgungsunternehmen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen – insbesondere im Hinblick auf Transparenz- und Informationspflichten gegenüber Kundinnen und Kunden. Mit den Vorgaben zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und dem zunehmenden Ausbau von Wärmenetzen steigt aus Sicht des Gesetzgebers auch das Erfordernis eines regulatorischen Eingreifens. Zahlreiche Energieversorgungsunternehmen behandeln ihre Wärmesparte allerdings noch immer eher stiefmütterlich. Wer hier nicht nachbessert, riskiert nicht nur wettbewerbsrechtliche Sanktionen, sondern gefährdet auch das Vertrauen der Verbraucher und die eigene Marktposition.


Das verdeutlichen auch die aktuelle Rechtsprechung und behördliche Entwicklungen: Wer sich rechtzeitig um die Erfüllung der gesetzlich vorgegebenen Informationspflichten kümmert, erspart sich Ärger und Aufwand.

Welche Informationspflichten gelten für Fernwärmeversorgungsunternehmen?

Fernwärmeversorgungsunternehmen sind bei der Versorgung auf Grundlage von für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten, allgemeinen Versorgungsbedingungen verpflichtet, auf ihrer Website, in Abrechnungen und in Wärmeversorgungsverträgen eine Vielzahl von Informationen vorzuhalten.

Die rechtlichen Grundlagen finden sich unter anderem in § 1a Abs. 1 AVBFernwärmeV. Danach hat das Unternehmen in „leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form in jeweils aktueller Fassung seine allgemeinen Versorgungsbedingungen, einschließlich der dazugehörigen Preisregelungen, Preisanpassungsklauseln und Preiskomponenten, sowie eindeutige Verweise auf die Quellen verwendeter Indizes und Preislisten barrierefrei im Internet zu veröffentlichen“.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich die Regelungen der AVBFernwärmeV entgegen ihrem Wortlaut nicht nur auf große Fernwärmeversorgungsunternehmen, sondern auch auf Nahwärmeversorger und zum Teil auch auf Contractoren beziehen. Jedes Versorgungsunternehmen, das sich mit der gewerblichen Lieferung von Wärme an Dritte beschäftigt, sollte deshalb im ersten Schritt sorgfältig prüfen, ob die AVBFernwärmeV Anwendung findet und sich hieraus Veröffentlichungs-, Informations- oder Abrechnungspflichten ergeben, die bisher nicht beachtet werden. Dabei ist auch zu beachten, dass die AVBFernwärmeV grundsätzlich auf alle Versorgungsverhältnisse mit vorformulierten Vertragsbedingungen Anwendung findet. Eine Ausnahme stellt die Versorgung eines Industrieunternehmens mit individuell ausgehandelten Verträgen dar. Bietet ein Contractor also einen standardisierten Contractingtarif für eine Vielzahl von Kunden an, sollte auch er darauf Wert legen, die Informations- und Transparenzpflichten sowie Abrechnungspflichten der AVBFernwärmeV einzuhalten.

Weitere Pflichten finden sich außerdem in der Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (FFVAV), dem Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G), dem Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (VSBG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie in den allgemeinen Verbraucherschutzvorgaben aus dem BGB.

Die wenigsten Versorger erfüllen aktuell sämtliche Informations- und Abrechnungspflichten.

Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen

Hält ein Fernwärmeversorgungsunternehmen seine gesetzlichen Informationspflichten nicht ein, kann dies gemäß § 3a UWG zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung führen.

Ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften ist dann wettbewerbswidrig, wenn es sich bei der verletzten Norm um eine sogenannte Marktverhaltensregel handelt. Als Marktverhalten gilt jede Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen-Kögler/Odörfer, UWG, 42. Aufl. 2024, § 3a Rn. 1.62).

Die in Rede stehenden Informationspflichten – insbesondere jene nach § 1a AVBFernwärmeV – stellen Marktverhaltensregeln im Sinne des UWG dar, da sie das Marktverhalten im Interesse der Verbraucher und Mitbewerber ordnen. Ziel des § 1a AVBFernwärmeV ist es insbesondere, die Transparenz und Verständlichkeit von Preisanpassungsregelungen für Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern (vgl. BR-Drs. 310/2/21).

Rechtsprechung und aktuelle Entwicklungen

In einem Urteil vom 28. März 2024 (Az. 12 O 299/23) hat das Landgericht Düsseldorf rechtskräftig festgestellt, dass die bloße Angabe der Netzverluste in Megawattstunden pro Jahr auf der Internetseite eines Fernwärmeversorgers nicht den Anforderungen des § 1a AVBFernwärmeV genügt. Das Gericht wertete dies als unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 i. V. m. § 3a UWG, da die Pflicht zur Veröffentlichung in „leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form“ nicht erfüllt war. Erforderlich sei zusätzlich zur absoluten Angabe der Netzverluste die Offenlegung der beiden zugrunde liegenden Werte – nämlich der eingespeisten Wärmemenge ins Netz und der beim Kunden tatsächlich ankommenden, nutzbaren Wärmeabgabe. Erst durch diese ergänzende Darstellung werde der tatsächliche Umfang der Verluste transparent und nachvollziehbar.

Auch das Oberlandesgericht Koblenz hat sich nach Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentrale gegen ein Fernwärmeversorgungsunternehmen mit der Reichweite der Informationspflichten befasst. Mit Urteil vom 29. Oktober 2024 (Az. 9 U 242/24) bestätigte es die Entscheidung des Landgerichts Mainz und bejahte einen Unterlassungsanspruch gegen ein Fernwärmeversorgungsunternehmen wegen des Verstoßes gegen § 1a Abs. 1 AVBFernwärmeV. So hatten das Fernwärmeversorgungsunternehmen eine Reihe von Indizes des Statistischen Bundesamts auf seiner Website veröffentlicht, jedoch waren nicht alle auf der Website veröffentlichten Verweise auf die Quellen der bei ihrer Preisgleitklausel verwendeten Indizes eindeutig.

Beanstandet wurde unter anderem, dass der mit der Kursbezeichnung erläuterte „EEX Future EUA MidDec“ ohne eindeutigen Verweis auf die Quelle des betreffenden Index auf der Internetseite veröffentlicht wurde. Problematisch war, dass der Index lediglich als „EEX EUA Futures“ bezeichnet wurde, wobei die Angabe „MidDec“ fehlte.

Nach Auffassung des Gerichts genügten diese Angaben nicht den gesetzlichen Transparenzanforderungen – der betreffende Index und seine Quelle können damit nicht hinreichend identifiziert werden.

Des Weiteren ist ein deutlicher Trend beim Bundeskartellamt und bei den Landesbehörden zu beobachten, Verstöße gegen Transparenzvorgaben verstärkt in den Blick zu nehmen. Gleichartige Pflichtverletzungen werden dabei nicht nur als verbraucherrechtliche Verstöße gewertet, sondern teilweise auch als Indikator für mögliche Untersuchungen wegen marktmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne des § 19 GWB gesehen. Grundlage ist die Annahme einiger Kartellbehörden, dass Verstöße gegen Informationspflichten und insbesondere die Nichtveröffentlichung der geltenden Allgemeinen Versorgungsbedingungen und Preise aus einer Verschleierungsabsicht des Versorgers resultieren können.

Fehlende Angaben und Veröffentlichungen können in der Praxis somit nicht nur Abmahnverfahren und Klagen von Verbraucherschutzverbänden nach sich ziehen, sondern auch den Fokus der Kartellbehörden auf das jeweilige Versorgungsunternehmen lenken und einen ersten Anlass für weitere Überprüfungen bieten.

Fazit

Wärmeversorgungsunternehmen stehen aufgrund der anstehenden Herausforderungen aus der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bereits unter hohem Druck. Dabei führen die zunehmenden Transparenz- und Informationspflichten zu zusätzlichem administrativem Aufwand, der oft gemieden wird. Versorgungsunternehmen sollten sich allerdings vor Augen führen, dass die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben zunehmend von Verbraucherschutzverbänden gerügt wird und dies auch tatsächlich Folgen für die Versorgungsunternehmen haben kann.

Eine systematische Überprüfung der eigenen Informationspraxis ist daher dringend anzuraten.

Gerne unterstützen wir Sie bei der rechtlichen Bewertung und Umsetzung der notwendigen Maßnahmen.


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