Regierungsentwurf zum Verbandssanktionengesetz: Förderung von Compliance geplant und was Sie jetzt wissen sollten

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veröffentlicht am 11. August 2020

von Hans Fasen


Am 16.06.2020 veröffentlichte das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) seinen Regierungsentwurf zum „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft”. Wesentlicher Bestandteil dieses Gesetzes ist das „Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten” (Verbandssanktionengesetz). Die Umsetzung des Gesetzesentwurfs ist für Anfang des Jahres 2023 geplant. Das Gesetz soll zum einen eine angemessene Sanktionierung von Unternehmenskriminalität schaffen, zum anderen und insbesondere aber auch der Förderung von Compliance und unternehmensinternen Untersuchungen dienen.

 

Handlungsbedarf sah der Gesetzgeber offensichtlich deswegen, da die bisherige Rechtslage einige Regelungslücken aufwies. So war die Ahndung von Unternehmensstraftaten bisher nur durch ein Bußgeld nach dem Gesetz gegen Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, wobei die Höchstgrenze bei 10 Millionen Euro lag – unabhängig von der Größe des Unternehmens. Zugleich lag die Verfolgung und Ahndung dieser Straftaten bisher allein im Ermessen der Behörde. Dies hat sich nun geändert.

 

Anwendungsbereich des Gesetzes

Das Gesetz ist anwendbar auf Verbände, welche in § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) bis c) definiert sind. Demnach sind Verbände juristische Personen des öffentlichen (bspw. Körperschaften des öffentlichen Rechts, Anstalten des öffentlichen Rechts) und des privaten (bspw. GmbH, AG) Rechts, nicht rechtsfähige Vereine und rechtsfähige Personengesellschaften, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Damit fallen Stadtwerke, Gemeindewerke und andere Versorgungsunternehmen ebenso wie deren Beteiligungsunternehmen unabhängig von der konkreten Rechtsform (also auch Eigenbetriebe) in den Anwendungsbereich des Verbandssanktionengesetzes.

Straftaten werden dem Unternehmen zugerechnet, wenn diese durch eine Leitungsperson oder durch eine in Wahrnehmung von Angelegenheiten des Unternehmens tätige Person begangen werden, sofern eine Leitungsperson die Begehung der Tat hätte verhindern oder wesentlich erschweren können. Der Begriff der Leitungsperson ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis e) des Gesetzes (weit) definiert und umfasst Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person, Mitglieder des Vorstands von nicht rechtsfähigen Vereinen, vertretungsberechtigte Gesellschafter von rechtsfähigen Personengesellschaften, Generalbevollmächtigte, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte eines Verbandes in leitender Stellung sowie jede sonstige Person, die für die Leitung des Betriebs oder Unternehmens eines Verbandes verantwortlich handelt (bspw. Überwachung der Geschäftsführung und Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung).

Als Anknüpfungspunkt für eine Sanktion nach dem Verbandssanktionengesetz dient die sogenannte „Verbandstat”. Eine solche liegt vor, wenn eine Straftat begangen wurde, durch die Pflichten, die den Verband betreffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert wurde bzw. werden sollte. Verbandstaten sind dabei nicht beschränkt auf bestimmte Deliktsgruppen, wie Vermögens- oder Steuerdelikte, Menschenrechtsverletzungen, Korruptionsdelikte und Straftaten gegen den Wettbewerb. Interessant und wesentlich ist dabei, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes auch für im Ausland begangene Straftaten gilt, die nicht dem deutschen Strafgesetz unterfallen, sofern das Unternehmen einen Sitz im Inland hat.

 

Wesentliche Inhalte des Gesetzesentwurfs

Die bisher bestehende Rechtslage wurde durch den neuen Gesetzesentwurf in einigen Punkten ergänzt oder umgestaltet. Hervorzuheben ist insbesondere die Verfolgungs- und Sanktionspflicht durch die zuständige Staatsanwaltschaft, sobald der Verdacht einer Verbandstat vorliegt. Des Weiteren ist auch die Höchstgrenze von 10 Millionen Euro durch das Gesetz entfallen. Demnach sind nun Sanktionen bis zu 10 Prozent des Jahreskonzernumsatzes möglich. Zur Berechnung des Umsatzes wird dabei der weltweite Umsatz der letzten drei Geschäftsjahre zugrunde gelegt.

Weitere Neuerungen durch den Gesetzesentwurf ergeben sich mit Blick auf die Möglichkeiten und Pflichten, die das Unternehmen hat, um Verbandstaten vorzubeugen. So kann die Sanktion gemildert werden, wenn das Unternehmen einen Nachweis darüber vorlegt, dass ein Compliance-Management-System (CMS) implementiert wurde. Darüber hinaus kann eine Milderung auch dann angeordnet werden, sofern sich das Unternehmen zur Kooperation mit der Staatsanwaltschaft bereit erklärt. Zur Unterstützung der Staatsanwaltschaft sollen unter anderem sogenannte „Internal Investigations” (interne Untersuchungen) durchgeführt werden. Trägt das Unternehmen wesentlich dazu bei, die Verbandstat aufzuklären, es also dauerhaft und ohne Einschränkung mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeitet, eine interne Untersuchung durchführt und deren Ergebnisse einschließlich wesentlicher Dokumente zur Verfügung stellt, kann die Höchstgrenze der Sanktion auf die Hälfte gemindert werden.

 

Herausforderungen für Unternehmen

Die Reaktionen auf den Regierungsentwurf sind dabei unterschiedlich. Unter anderem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) haben in einer gemeinsamen Stellungnahme bemängelt, dass das Gesetz „falsche Anreize zur falschen Zeit” schaffe, „sämtliche Ziele verfehle” und „nicht weiterverfolgt werden” dürfe. Das Institut für Wirtschaftsprüfer (IDW) „begrüßt das Vorhaben” demgegenüber und hält es für „den richtigen und einen effektiven Weg”.

Aus unserer Sicht stellt sich der Gesetzesentwurf zunächst als guter Ansatz dar, der aber wichtige und entscheidende Fragen unbeantwortet lässt. Zu begrüßen ist, dass das Verständnis und die Auseinandersetzung mit Compliance-Fragen durch den Gesetzesentwurf sicherlich an Fahrt gewinnen wird. Sind die Prozesse in Unternehmen derzeit oftmals noch eher rudimentär, wird dieses Verständnis und die unternehmensinterne Umsetzung in Zukunft erweitert werden müssen, um die Anforderungen des Gesetzesenwturfs zu erfüllen.

Problematisch dürfte in diesem Zusammenhang jedoch sein, dass sowohl der Regierungsentwurf als auch der vom BMJV veröffentlichte Katalog mit häufig gestellten Fragen offen lässt, welche Anforderungen an Compliance-Maßnahmen gestellt werden, um in den Genuss einer etwaigen Sanktionsmilderung zu kommen. So heißt es in dem Q&A Katalog des BMJV zu dieser Frage auszugsweise:
 
„[…] Die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen eines Unternehmens hängen von vielen Faktoren ab, etwa der Branche, der Unternehmensgröße und dem jeweiligen Risiko, das die Unternehmen selbst am besten einschätzen können.”

Insofern sind hier die Unternehmen selbst in der Pflicht, für sie maßgeschneiderte Compliance-Richtlinien zu erarbeiten, die auf ihre Branche zugeschnitten und marktüblich sind. Ein entsprechender Benchmark wird sich jedoch erst mit der Zeit finden müssen, so dass sicherlich zu Anfang in Teilen auf die Unterstützung externer Berater gesetzt werden sollte.

 

Fazit

Durch das Verbandssanktionengesetz soll die betriebliche Compliance gefördert werden. Auch wenn bis zur Verabschiedung des Gesetzes sicher noch Änderungen vorgenommen werden, ist die grundsätzliche Marschrichtung jetzt schon klar. Unternehmen, die bislang nicht über ein formales Compliance Management System (CMS) verfügen, werden entsprechende Richtlinien erarbeiten müssen oder müssen sich mögliche Gesetzesverstöße für das Unternehmen tätiger Personen anrechnen lassen – dabei trifft der Strafrahmen von bis 10 Prozent des Umsatzes die Unternehmen empfindlich. Die Beratungspraxis zeigt, dass die Erarbeitung unternehmensspezifischer Compliance-Richtlinien einer Projektplanung bedarf und zeitlichen Vorlauf benötigt.

 

Deshalb raten wir unseren Mandanten, sich frühzeitig mit der Thematik auseinanderzusetzen. Sprechen Sie uns gerne an!

 

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