Anwendungserlass zu § 153 AO

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Es besteht grundsätzlich eine Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs.1 Satz 1 AO, wenn ein Steuerpflichtiger nachträglich erkennt, dass die von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder zumindest kommen kann. Es handelt sich hierbei um eine steuerrechtliche Pflicht des Steuerpflichtigen.

 

Bezüglich der Abgrenzung einer Berichtigungserklärung im Sinne des § 153 AO von einer Selbstanzeige gemäß §§ 371, 378 Abs. 3 AO regelt das Bundesministerium der Finanzen (nachfolgend auch BMF genannt), dass in beiden Fällen der Anzeige die Steuererklärung im Zeitpunkt ihrer Abgabe objektiv unrichtig war. Der Unterschied zur Selbstanzeige liegt jedoch vor allem darin, dass im Falle einer Berichtigungserklärung (§ 153 AO) die unrichtigen Angaben in einer Erklärung weder durch vorsätzliches noch durch leichtfertiges Handeln begangen wurden. Objektiv unrichtig ist AEAO zu § 153 eine Steuererklärung, wenn entgegen des § 90 Abs. 1 Satz 2, § 150 Abs. 2 Satz 1 AO nicht alle steuerlich erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt werden.

 

Wenn der Steuerpflichtige erst nach Abgabe seiner Erklärung die Fehlerhaftigkeit erkennt und seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO unverzüglich nachkommt, handelt es sich weder um eine Steuerhinterziehung noch um eine leichtfertige Steuerverkürzung, sofern weder Vorsatz noch Leichtfertigkeit unterstellt werden kann. Der Steuerpflichtige muss nachträglich d.h. vor Ablauf der Festsetzungsfrist tatsächlich erkennen, dass die Erklärung unrichtig bzw. unvollständig war. Hierbei reicht das bloße Erkennen-Können bzw. Erkennen-Müssen nicht aus. Als „Erkennen” versteht man demnach das Wissen von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung sowie die Erkenntnis, dass es durch die Erklärung zu einer Verkürzung der Steuer kommen kann oder bereits gekommen ist.

 

Straf- und bußgeldrechtlich verfolgt werden nur fehlerhafte Angaben in Erklärungen, sofern diese vorsätzlich bzw. leichtfertig begangen wurden. Hierbei ist zwischen einem bloßen Fehler und einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit (§§370, 378 AO) zu unterscheiden. Das Vorliegen einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung ist sorgfältig durch die zuständige Finanzbehörde zu prüfen. Dabei kann das Vorliegen eines innerbetrieblichen Kontrollsystems als Indiz gesehen werden, welches gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit sprechen kann. Allerdings stellt dies keine Befreiung von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalles ab.

 

Dennoch kann die Nichtbeachtung der steuerrechtlichen Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen im Sinne des § 153 AO zu einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen führen (sogenannte Unterlassungstat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). In diesen Fällen verlängert sich die Festsetzungsfrist auf zehn Jahre (sofern eine Steuer hinterzogen ist) bzw. auf fünf Jahre (soweit eine Steuer leichtfertig verkürzt worden ist).

 

Die Berichtigungspflicht (§ 153 Abs. 1 Satz 1 AO) sowie die Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 2 AO gilt nicht nur für Steuererklärungen, sondern umfasst grundsätzlich alle Erklärungen eines Steuerpflichtigen, die die Höhe der festgesetzten Steuer oder gewährten Steuervergünstigungen beeinflussen. Hierunter fallen beispielsweise auch Änderungsanträge (§§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO, 173 Abs. 1 Nr. 2 AO) und Anträge auf Herabsetzung von Vorauszahlungen.

 

Die steuerrechtliche Anzeige- und Berichtigungspflicht von Erklärungen obliegt neben dem Steuerpflichtigen auch dem Gesamtrechtsnachfolger und den nach §§ 34 und 35 AO handelnden Personen (§ 153 Abs. 1 Satz 2 AO). Dazu zählt z.B. der Geschäftsführer einer GmbH als sogenannter gesetzlicher Vertreter. Sofern eine Erklärung durch einen Bevollmächtigten (z. B. Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer) vorbereitet oder sogar unterschrieben bzw. elektronisch übermittelt wurde, bleiben nur der Steuerpflichtige und die Person im Sinne des § 153 Abs. 1 Satz 2 AO zur Anzeige und Berichtigung verpflichtet. Eine Anzeige- bzw. Berichtigungspflicht entfällt daher für die bevollmächtigte Person.

 

Die Anzeige- und Berichtigungserklärung muss unverzüglich bei der sachlich und örtlich zuständigen Finanzbehörde erstattet werden. Anzeigen nach § 153 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AO und Berichtigungserklärungen nach § 153 Abs. 1 Satz 1 AO erfüllen das Kriterium „unverzüglich“, sofern der Pflicht ohne schuldhaftes Zögern nachgekommen wird. Dem ist hinzuzufügen, dass eine Berichtigung gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 AO später erfolgen kann, wenn hierfür eine gewisse Zeit zur Aufbereitung der Unterlagen erforderlich ist. Die hierfür notwendige Zeitdauer ist jedoch gegenüber dem Finanzamt zu begründen.

 

Der vorsätzliche Verstoß gegen die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Satz 1 AO oder die Anzeigepflicht nach § 153 Abs. 2 AO begründet ab dem Zeitpunkt des Erkennens der objektiv unrichtig abgegebenen Erklärung bzw. des ganz oder teilweisen Wegfalls einer Steuervergünstigung eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dadurch verlängert sich ebenfalls die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO.

Sofern Fehler von der Finanzbehörde begangen werden, hat der Steuerpflichtige keine Pflicht zur Anzeige. Die Anzeige- und Berichtigungspflicht endet grundsätzlich mit Ablauf der Festsetzungsfrist nach §§ 169 ff. AO.

 

Sofern die Gefahr oder bereits Anzeichen erkennbar sind, dass bisherige Steuererklärungen unzutreffend abgeben wurden, sollte dies unverzüglich überprüft werden und im Anschluss daran überlegt werden, wie dies gegenüber dem Finanzamt offengelegt wird um die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens zu verhindern. 

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