Überzähligkeit als Kündigungsgrund

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Die sog. Überzähligkeit eines Arbeitnehmers steht als Kündigungsgrund seitens des Arbeitgebers langfristig an der Spitze der Statistiken. Eine Kündigung gemäß § 52 lit. c) des tschechischen Arbeitsgesetzbuches mag als übliche Routine erscheinen, sie stellt jedoch die häufigste Ursache arbeitsrechtlicher Streitigkeiten dar und das Oberste Gericht der Tschechischen Republik hat sich auch in diesem Jahr wiederholt mit diesem Thema auseinandergesetzt. Wir haben von dessen letzten Entscheidungen drei Urteile ausgewählt, die uns in der Praxis als Leitlinie dienen können. ​
​Die erste ausgewählte Entscheidung (Aktenzeichen 21 Cdo 1234/2014 vom 03.03.2015) betrifft den Inhalt der Kündigung und sie befasst sich damit, wie ausführlich die Tatsachen dargelegt werden sollten, die den Kündigungsgrund darstellen. Das Oberste Gericht ist zu dem Schluss gekommen, dass es wichtig ist, dass der konkrete Kündigungsgrund aus dem Wortlaut der Kündigung erschlossen werden kann (damit dieser später nicht durch einen anderen Grund ersetzt werden kann – z.B. gegen den Verlust der gesundheitlichen Eignung des Arbeitnehmers oder fehlende Anforderungen an die Qualifikation). Es ist jedoch nicht erforderlich, die Tatsachen, die den Grund für die Kündigung darstellen, bis in jedes Detail zu beschreiben.
 
Zur Veranschaulichung kann ein Beispiel eines Arbeitgebers angeführt werden, der beschließt, die Arbeitnehmerzahl in der Abteilung „Auftragsvorbereitung“ durch Schaffung von zwei Stellen zu erhöhen, wobei er gleichzeitig in der Abteilung „Bauumsetzung“ die Arbeitnehmeranzahl durch den Abbau einer Stelle reduziert. In der Kündigung führt der Arbeitgeber an, dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers der Abteilung „Arbeitsumsetzung“ im Sinne der Bestimmung von § 52 lit. c) Arbeitsgesetzbuch beendet wird, da der betroffene Arbeitnehmer auf Grundlage einer Entscheidung über betriebliche („organisatorische“) Änderungen ab einem bestimmten Tag überzählig wurde. Nähere Details und Erklärungen, warum die betreffende Position abgebaut wurde, muss der Arbeitgeber nicht angeben. Es genügt, dass die Gründe (eine höhere Arbeitseffizient u.ä.) zu dem gegebenen Zeitpunkt bestanden haben.
 
Das Oberste Gericht wies gleichzeitig darauf hin, dass durch eine Auslegung nicht der Wille des handelnden Arbeitgebers „ersetzt“ oder „ergänzt“ werden kann, der bei demselben nicht bestanden hat oder aber bestanden hat, jedoch durch denselben nicht geäußert wurde. (In der angeführten Entscheidung ging es darum, dass eine Arbeitnehmerin nicht die erforderlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße Arbeitsleistung erfüllte, wodurch der Arbeitgeber einen Grund hatte, ihr gemäß § 52 lit. f) Arbeitsgesetzbuch eine Kündigung auszusprechen. Da der Arbeitgeber in der Kündigung lediglich die Überzähligkeit als Kündigungsgrund anführte, wird die Gültigkeit der Kündigung nachfolgend nur in Bezug auf diesen Kündigungsgrund beurteilt.)  
 
Gegenstand der zweiten Entscheidung (Aktenzeichen Cdo 346/2014 vom 05.03.2015) war die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Überzähligkeit des Arbeitnehmers eintreten soll. Das Oberste Gericht führte an: „Aus dem Umstand, dass ein Arbeitnehmer nicht bereits zum Zeitpunkt der Kündigung überzählig sein muss, kann nicht schlussfolgert werden, dass der Arbeitgeber zur Kündigung stets unmittelbar nach der Fassung des Beschlusses über eine betriebliche Änderung berechtigt ist. Liegt einem solchen Beschluss tatsächlich die Überzähligkeit eines Arbeitnehmers zugrunde, hat der Arbeitgeber die Kündigung so auszusprechen, damit das Arbeitsverhältnis auf Grundlage dieser Kündigung (nach Ablauf der Kündigungsfrist) frühestens an dem Arbeitstag vor dem Tag der Wirksamkeit der beschlossenen betrieblichen Änderungen endet.“
 
Nehmen wir das oben genannte Beispiel und stellen wir uns vor, dass der Arbeitgeber am 15. September im Rahmen einer betriebsbedingten Änderung die Abschaffung einer Arbeitsposition in der Abteilung „Bauumsetzung“ zum 1. Januar des nachfolgenden Jahres beschloss. Der Arbeitgeber sollte die Kündigung dem überzählig gewordenen Arbeitnehmer also während des Monats Oktober - d.h. so zustellen, damit die Kündigungsfrist zum Ende des Kalenderjahres ausläuft.
 
Sollte dem Arbeitnehmer die Kündigung durch den Arbeitgeber früher zugestellt werden und das Arbeitsverhältnis noch vor Umsetzung der betrieblichen Änderung enden, wäre die Kündigung wegen des fehlenden Kündigungsgrundes nicht gültig ausgesprochen worden.
 
Andererseits - falls das Arbeitsverhältnis auf Grundlage einer Kündigung gemäß § 52 lit. c) Arbeitsgesetzbuch erst nach dem Tag des Eintretens der betrieblichen Änderungen bei dem Arbeitgeber ausgesprochen wird, hat dies keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Kündigung.
 
In der dritten ausgewählten Entscheidung (21 Cdo 695/2014 vom 28.01.2015) wurde der Fall einer „vorgetäuschten“ betrieblichen Änderung behandelt. Bei dem betroffenen Arbeitgeber war eine fast identische Arbeitsposition frei, wie diese der zu entlassende Arbeitnehmer bisher bekleidete. Der Arbeitgeber hat durch die betriebliche Änderung eine besetzte Stelle abgeschafft, wobei er zugleich auf dem Arbeitsmarkt einen neuen Arbeitnehmer für eine freie Stelle suchte, die in Arbeitsinhalt und Anforderungen mit der Qualifikation des gekündigten Arbeitnehmers identisch war. Das Gericht wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es zu beurteilen gilt, was der Arbeitgeber mit seiner Maßnahme tatsächlich verfolgte. In der Begründung ist angeführt: „Falls […] der Arbeitgeber (das entsprechende Organ) den Beschluss einer betrieblichen Maßnahme (Änderung seiner Aufgaben, der technischen Ausstattung, die Herabsetzung der Arbeitnehmerzahl zwecks Erhöhung der Arbeitseffizienz oder eine andere betriebliche Änderung) in Wirklichkeit vortäuschte, um seine wirklichen Absichten zu verschleiern, ist daraus zu schließen, dass die Entscheidung über eine aus Sicht der Bestimmung des § 52 lit. c) des Arbeitsgesetzbuches bedeutende betriebliche Änderung nicht angenommen wurde.“
 
Die vorgenannten Entscheidungen sind nur einige von vielen Beispielen, welche Situationen bei der Entlassung eines überzähligen Arbeitnehmers eintreten können. Da das Leben nicht schwarz weiß verläuft, ist nicht ratsam, sich nur auf universelle „Ratgeber“ und Musterdokumente zu verlassen. Für etwaige geplante betriebliche (organisatorische) Änderungen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung – wir können den Sachverhalt beurteilen, eventuelle Risiken bewerten und die erforderlichen Dokumente erstellen.​

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JUDr. František Geršl

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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