Illegale Steuervorteile: Fiat und Starbucks müssen nachzahlen. Die Verletzung des Grundsatzes des Fremdvergleichs lohnt sich nicht

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Die EU Kommission hat eine wichtige Entscheidung über Verrechnungspreise  getroffen. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass den Konzernen Fiat und Starbucks durch die Steuerbehörden in Luxemburg und den Niederlanden selektive Steuervorteile gewährt wurden. Dies sei ein Verstoß gegen das EU Wettbe­werbs­recht. ​
​Beide Staaten wurden aufgefordert, die Praxis der Steuerprivilegien für die Konzerne zu beenden und die Steuernachzahlungen zu erheben. Jede der Gesellschaften muss 20 – 30 Millionen EUR nachzahlen. Der Nachzahlungsbetrag wird noch durch die luxemburgische und niederländische Steuerverwaltung nach der Methode der EU Kommission präzisiert.

Tschechische Konzerngesellschaften sollten sich mit der Entscheidung der EU Kommission und deren Folgen bekannt machen.

  • Meritum des Spruchs

Die luxemburgischen und niederländischen Steuerbehörden haben verbindliche Auskünfte über die Ver­rechnungspreise erlassen. Die verbindlichen Auskünfte stehen mit dem EU Recht im Einklang und schreiben den Gesellschaften vor, wie die Einkommensteuer zu berechnen ist und welche Steuergesetze in Einzelfällen anzuwenden sind. Andererseits können selektive Steuervorteile entstehen, durch die der Wettbewerb auf dem Markt erschwert wird.

Die EU Kommission hat die Untersuchungen im Juni 2014 aufgenommen. Am 21. Oktober 2015 hat die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Entscheidung der Kommission bekannt gemacht. In beiden Fällen wurde entschieden, dass die künstlich gestalteten und komplizierten Methoden für die Ermittlung des Steuergewinns wirtschaftlich nicht realitätsnahe waren. Die konzerninterne Verrechnungspraxis war nicht marktgerecht. Die Fiat Finanzierungsgesellschaft hat die Steuergewinne geschmälert. Die Gewinne der Starbucks fließen ins Ausland ab, wo sie nicht versteuert wurden.

  • Fiat

Die Finanzierungsgesellschaft Fiat Finance and Trade („FFT") mit Sitz in Luxemburg gewährt Finanzleistungen, u.a. Darlehen an Konzerngesellschaften. Im Jahre 2012 hat das luxemburgische Finanzamt die verbindliche Auskunft erlassen, nach der sich die FFT Steuern in Höhe von Mio. 20 bis 30 EUR gesetzwidrig ersparte.

Da die FFT einem Kreditinstitut entspricht, kann der Steuergewinn nach dem Kapitalrückfluss ermittelt werden. Wegen der zahlreichen, wirtschaftlich unbegründeten Annahmen und vorteilbringenden Anpassungen geht die verbindliche Auskunft von einem viel niedrigeren Kapital aus, als der FFT tatsächlich zur Verfügung steht. Auch das geschätzte Entgelt, das nach diesem niedrigen Kapital der Besteuerung zu Grunde lag, liegt tief unter den marktüblichen Preisen. 

Würden das Kapital und die Entgelte der FFT dem Grundsatz des Fremdvergleichs entsprechen, hätte die FFT nach der EU Kommission rund zwanzig Mal so hohe Steuern zahlen müssen.
 
  • Starbucks

Die Gesellschaft Starbucks Manufacturing EMEA BV („Starbucks Manufacturing") mit Sitz in den Niederlanden ist die einzige europäische Kaffeerösterei der Starbucks Gruppe. Sie verkauft und vertreibt Kaffee und weitere Produkte (Tassen, verpackte Speisen, Gebäck) an Filialen in Europa, Mittelosten und Afrika.

Die EU Kommission ist zum Schluss gekommen, dass die niederländische Steuerverwaltung in ihrer verbindlichen Auskunft aus dem Jahre 2008 selektive Steuervorteile für diese Gesellschaft verschafft hat. Seit diesem Jahr hat die Starbucks Manufacturing Steuern in Höhe von Mio. 20 – 30 EUR erspart. Die Gesellschaft hat sich die Minderung des Steuergewinns durch hohe Röstlizenzgebühren und überhöhte Preise für grüne Kaffeebohnen staatlich absegnen lassen.

Die Lizenzgebühren der großbritannischen Starbucks Gesellschaft Alki entsprechen nicht den marktüblichen Preisen. Die Starbucks Manufacturing ist das einzige Unternehmen, das die Röstlizenzgebühren zahlt; die Lizenzgebühren werden ansonsten unter ähnlichen Umständen weder von anderen Konzerngesellschaften noch von unabhängigen Sublieferanten verlangt. Das bedeutet, dass der Gewinn an die Alki, die weder in den Niederlanden noch in Großbritannien körperschaftsteuerpflichtig ist, größtenteils unberechtigt abgeführt wird.

Der Steuergewinn wird des Weiteren durch die überhöhten Preise für grüne Kaffeebohnen von der schweizerischen Starbucks Coffee Trading SARL geschmälert. Darüber hinaus hat sich der Gewinnzuschlag für Kaffeebohnen seit 2011 mehr als verdreifacht. Wegen der hohen Kaufpreise des Grund­stoffes kann der Gewinn aus der Röstung die Lizenzgebühren nicht decken. Durch die Lizenzgebühren wird an die Alki der Gewinn aus dem Verkauf von anderen Produkten der Starbucks Filialen (Tee, Gebäck, Tassen) abgeführt, aus welchen der größte Umsatz der Starbucks erzielt wird.

  • Mögliche Auswirkungen dieses Falls auf die tschechischen Gesellschaften 

Die EU Kommission untersucht derzeit auch zwei andere Fälle – Apple in Irland und Amazon in Luxemburg. Da jeder Fall nach Einzelumständen ausgewertet wird, kann das Ergebnis der Untersuchung nicht vorweggenommen werden. Die EU Kommission plant, weitere verbindliche Auskünfte zu prüfen und Untersuchungen aufzunehmen, falls diese das EU Wettbewerbsrecht verletzen.

Auch die tschechischen Gesellschaften können sich durch die verbindliche Auskunft ihre Kalkulation der Verrechnungspreise prüfen lassen (d.h. zweiseitige oder mehrseitige Preisvereinbarungen – APA). In der Praxis können die Sachverhalte, die dem Erlass der verbindlichen Auskunft zugrunde liegen, kompliziert nachgewiesen werden. Die verbindliche Auskunft kann mit dem Verweis auf die Änderung der maßgeblichen Umstände angefochten werden. Aus der Stellungnahme der EU Kommission ergibt sich, dass sich die tschechischen Gesellschaften auf die verbindlichen Auskünfte nicht stützen können. 

  • Die verbindliche Auskunft muss nicht notwendig sein

Auch in der Vergangenheit haben wir unseren Mandanten nicht empfohlen, die verbindliche Auskunft zu beantragen. Unseren Mandanten empfehlen wir eher, die Verrechnungspreise korrekt zu kalkulieren und die Dokumentation der Verrechnungspreise zu erstellen und laufend anzupassen. Die Annahme, dass der ausländischen Muttergesellschaft alle Unterlagen für die Preiskalkulation vorliegen und diese bei einer Außenprüfung an die Tochtergesellschaft problemlos weitergeleitet werden, kann falsch sein. 

Aus den Außenprüfungen der Verrechnungspreise profitiert der Fiskus, da die Außenprüfungen nachträgliche Einnahmen mit sich bringen. Aus diesem Grunde werden die Verrechnungspreise immer öfter geprüft, wobei die Finanzbehörden versuchen, möglichst viele Auskünfte zu gewinnen. Im Jahre 2014 wurden Fragebogen versandt, deren Ausfüllung freiwillig war, die Körperschaftsteuererklärung für 2015 wird um eine Anlage erweitert, in der über die Verrechnungspreise zu berichten ist. Die Anzahl von Ländern, in denen die Dokumentation der Verrechnungspreise obligatorisch ist, wächst. Unter Berücksichtigung der Tendenzen in OECD und der EU ist die Verpflichtung zur Erstellung der Dokumentation der Verrechnungspreise auch in Tschechien zu erwarten. 
 
Für Ihre Rückfragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Steuerberater gerne zur Verfügung. ​

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Pavel Humplík

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