Neue Pflichten der Unternehmer gegenüber Verbrauchern

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Für Unternehmer, die Vertragsbeziehungen mit Nicht-Unternehmern, also Verbrauchern, eingehen, bringt die Novelle des tschechischen Verbraucherschutzgesetzes Nr. 634/1992 Sb. vom 09.12.2015 neue Pflichten. Wir haben für Sie die wichtigsten Informationen über diese Novelle sowie die neuen Pflichten der Unternehmer ab dem 1. Februar 2016 zusammengefasst.​
Zum 9. Dezember 2015 wurde die grundlegende tschechische Rechtsvorschrift zum Schutz der Verbraucher in Vertragsbeziehungen, das Verbraucherschutzgesetz Nr. 634/1992 Sb., wesentlich geändert. Die Aufgabe der in dem tschechischen Gesetzblatt (Sbírka zákonů) am 28.12.2015 unter der Nummer 378/2015 verkündeten Novelle ist, die europäischen Vorschriften – die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern, die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten sowie die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten – richtig und vollständig umzusetzen. Ferner hat die Novelle zum Ziel, die Kontrollbefugnisse der Tschechischen Handelsinspektion bei der Kontrolle sog. Kaffeefahrten im Interesse der Sicherstellung erforderlicher Nachweise im Kampf gegen Organisatoren dieser Verkaufsveranstaltungen zu stärken.

Die wesentlichsten Neuheiten der Novelle des Verbraucherschutzgesetzes aus Sicht der Unternehmer sind in § 14 und in § 20d–20za festgelegt. Es handelt sich um die Informationspflicht der Unternehmer betreffend die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Streitbeilegung, die zur Schlichtung außergerichtlicher Streite zwischen Unternehmern und Verbrauchern befugten Organe, den Ablauf einer außergerichtlichen Schlichtung zwischen Unternehmern und Verbrauchern sowie die Festlegung der Rechte und Pflichten der Streitparteien.


  • Informationspflicht eines Unternehmers

Bis auf marginale Ausnahmen (z.B. Dienstleistungen im Gesundheitswesen) ist nach der neuen Fassung des § 14 des Verbraucherschutzgesetzes jeder Unternehmer, der einen Kaufvertrag oder einen Dienstleistungsvertrag mit einem Verbraucher abschließt, verpflichtet, den Verbraucher in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Weise über die Möglichkeit einer außergerichtlichen Schlichtung eines Verbraucherstreits zu informieren. Der Unternehmer hat dem Verbraucher mitzuteilen, wer zur Streitschlichtung berechtigt ist, einschließlich der Internetadresse des betreffenden Subjektes.


Die Auslegung der Bestimmung über die Informationspflicht eines Unternehmers betreffend die Frage, wo der Unternehmer die Information über die Möglichkeit einer alternativen außergerichtlichen Schlichtung eines Verbraucherstreits anzuführen hat, ist bisher nicht völlig eindeutig. Der Vorsicht halber erachten wir jedoch als angebracht, die geforderten Informationen so häufig wie möglich anzuführen, wie z.B. auf Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen, Steuerbelegen (Quittungen) bzw. auf Informationstafeln in den Betriebstätten.


Falls ein Unternehmer über Internetseiten verfügt, ist er verpflichtet, diese Informationen auch auf seinen Internetseiten zu veröffentlichen. Falls ein mit einem Verbraucher geschlossener Vertrag auf Geschäftsbedingungen verweist, sind diese Informationen auch in den Geschäftsbedingungen anzugeben; hierbei wird den Unternehmern zur Anpassung der Geschäftsbedingungen im Sinne der neuen Informationspflicht eine Frist von drei Monaten ab dem Tag der Wirksamkeit des Gesetzes eingeräumt.


Der oben angeführten Informationspflicht hat ein Unternehmer nachzukommen, unabhängig davon, ob er mit einem Kunden einen Streit führt oder nicht. Falls es zu einem Streit kommt, also typischerweise wenn der Unternehmer eine Beanstandung des Verbrauchers ablehnt und der Verbraucher sich mit einer solchen Erledigung nicht zufrieden gibt, gilt nach der neuen Fassung des § 14 Abs. 2 des Verbraucherschutzgesetzes wiederum eine Informationspflicht des Unternehmers – er hat dem Verbraucher die betreffenden Informationen in Urkundenform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen (eine Informierung des Verbrauchers per E-Mail ist daher nicht ausreichend). Als problematisch erachten wir die Entstehung einer individuellen Informationspflicht zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher in Folge eines Streites zwischen ihnen, da die Feststellung der Existenz eines Streites in der Praxis sehr kompliziert sein kann. Falls der Verbraucher seine Nichtzustimmung zu der Lösung des Unternehmers nicht eindeutig zum Ausdruck bringt, muss sich der Unternehmer der Entstehung seiner individuellen Informationspflicht nach der neuen Fassung des § 14 Abs. 2 des Verbraucherschutzgesetzes gegenüber einem konkreten Verbraucher nicht einmal bewusst sein.


Eine Nichterfüllung der erwähnten Pflichten gilt als Verwaltungsdelikt und dem Unternehmer kann eine Strafe von bis zu Mio. 1 CZK auferlegt werden.


  • Berechtigung zur Schlichtung außergerichtlicher Streitigkeiten

Die Novelle des Verbraucherschutzgesetzes bietet eine neue Variante der Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern, die angeblich als eine schnellere und für den Verbraucher weniger kostspielige Alternative gedacht ist. Das Ziel der Novelle besteht darin, den Weg der Verbraucher zur Durchsetzung ihrer Rechte zu vereinfachen, da komplizierte und aufwendige Gerichtsverfahren mit unsicherem Ergebnis die Verbraucher abschrecken. Auch die anderen bestehenden Möglichkeiten der Lösung von Verbraucherstreiten wie Mediation oder Schiedsverfahren sind für die Verbraucher mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden.


Zur Schlichtung von außergerichtlichen Streitigkeiten ist die Tschechische Handelsinspektion berechtigt. Weitere Organe, an die sich ein Verbraucher bei der Schlichtung einer Auseinandersetzung mit einem Unternehmer in speziellen Bereichen wenden kann, sind z.B.:


  • ein Finanzschlichter – im Bereich finanzieller Dienstleistungen und im Umfang der Befugnisse nach dem Finanzschlichtergesetz Nr. 229/2002 Sb.,


  • die Tschechische Telekommunikationsbehörde – im Bereich der elektronischen Kommunikation und Postdienstleistungen und im Umfang der Befugnisse nach dem Gesetz Nr. 127/2005 Sb. über elektronische Kommunikation,


  • ​die Energieregulierungsbehörde – in den Bereichen Elektroenergie-, Gas- und Wärmewirtschaft und im Umfang der Befugnisse nach dem Gesetz Nr. 458/2000 Sb. über Bedingungen des Unternehmens und der Ausübung der Staatsverwaltung in den energetischen Branchen und über die Änderung einiger Gesetze (Energiewirtschaftsgesetz).

 

Gemäß der neuen Bestimmung des § 20f des Verbraucherschutzgesetzes kann das tschechische Ministerium für Industrie und Handel auch einer weiteren Person, die die festgelegten Kriterien erfüllt und eine Beauftragung beim Ministerium beantragt, eine Befugnis zur außergerichtlichen Schlichtung von Verbraucherstreitigkeiten erteilen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch weitere Personen auftauchen könnten, die versuchen, die neue Regelung zur Schaffung eines übermäßigen Druckes auf die Unternehmer zwecks Durchsetzung von Teilinteressen auszunutzen. Es ist daher empfehlenswert, auch dem Subjekt Aufmerksamkeit zu widmen, an das sich der Verbraucher im konkreten Fall wendet.

 

  • Ablauf einer außergerichtlichen Schlichtung vor der Tschechischen Handelsinspektion

Den Antrag auf Schlichtung eines außergerichtlichen Streites stellt gemäß § 20n des Verbraucherschutzgesetzes nur der Verbraucher, und zwar erst nachdem eine gütliche Beilegung des Streites mit einem Unternehmer gescheitert ist. Der Antrag auf außergerichtliche Schlichtung muss Identifikationsangaben der Streitparteien beinhalten, ferner eine vollständige und verständliche Darlegung der maßgeblichen Umstände, die Bezeichnung dessen, was der Antragsteller verlangt, den Tag, an dem der Antragsteller sein Recht, das Gegenstand des Streites ist, bei dem Verkäufer (Unternehmer) zum ersten Mal geltend machte, eine Erklärung, dass in der Sache kein Gericht entschied, kein Schiedsspruch erlassen wurde, keine Vereinbarung im Rahmen einer außergerichtlichen Beilegung des Verbraucherstreites abgeschlossen wurde und auch kein derartiges Verfahren eingeleitet wurde.

 

Der Verbraucher kann den Antrag spätestens innerhalb von 1 Jahr ab dem Tag stellen, an dem sich derselbe im Zusammenhang mit dem Streit an den Unternehmer gewendet hat, d.h. an dem der Verbraucher sein Recht, das Gegenstand des Streites ist, bei dem Verkäufer (Unternehmer) zum ersten Mal geltend machte. Wird der Antrag auf Einleitung der außergerichtlichen Schlichtung des Streites nicht zurückgewiesen, können seine Parteien, also der Verbraucher und der Verkäufer (Unternehmer), vor allem zu der Sache Stellung nehmen, in die diesbezügliche Dokumentation Einsicht nehmen, Kopien oder Abschriften der von der anderen Partei vorgelegten Behauptungen, Beweise und Dokumente bzw. behaupteten Tatsachen anfertigen und sich hierzu äußern. Falls die Parteien im Laufe des Verfahrens keine Vereinbarung im Sinne des § 20u des Verbraucherschutzgesetzes erzielen oder der Verbraucher nicht erklärt, dass er seine Teilnahme an dem „Verfahren" beendet, endet eine außergerichtliche Schlichtung gemäß der neuen Bestimmung des § 20t des Verbraucherschutzgesetzes mit Ablauf von 90 Tagen ab deren Beginn.

 

Das zur Schlichtung bestellte Organ entscheidet jedoch nicht autoritativ, eine außergerichtliche Schlichtung hat den Charakter einer besonderen Mediation. Es hängt somit von den Beteiligten ab, ob es ihnen gelingt, den Streit gütlich (durch Vereinbarung) beizulegen oder nicht. Das Verfahren ist gemäß § 20w des Verbraucherschutzgesetzes unentgeltlich, wodurch es sich von einem „standardmäßigen" Mediationsverfahren unterscheidet, aber jede Partei trägt selbst die ihr durch die Schlichtung des Streits entstandenen Kosten. Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Möglichkeit der außergerichtlichen Schlichtung in Anspruch zu nehmen und er kann sich direkt an ein Gericht wenden. Ebenso kann sich jede der Parteien trotz der eingeleiteten außergerichtlichen Schlichtung an ein Gericht wenden.

 

Bisweilen scheint es, dass die Fachöffentlichkeit diese Novelle eher zurückhaltend wahrnimmt. Erst die Praxis wird zeigen, ob und wie die Novelle die Unternehmer-Verbraucher-Beziehungen, neben einer gewissen Belastung der Unternehmer, beeinflussen wird.

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Hans-Ulrich Theobald

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