Sind die unfertigen und fertigen Erzeugnisse im Jahre 2016 nach neuen Bewertungsgrundsätzen zu bewerten?

PrintMailRate-it
​​​​​​​​​​

Schnell gelesen:

Wie schon in unserer Dezemberausgabe betont, ist am 01. Januar 2016 die geänderte Durchführungsverordnung Nr. 500/2002 Gbl. in Kraft getreten. In unserem Artikel möchten wir erläutern, wie sich die Bewertungsmethoden für unfertige und fertige Erzeugnisse durch die novellierte Durchführungsverordnung ändern. ​

​Aktuelle Bewertungsvorschriften für Vorräte 

Nach § 25 Abs. 5 c) RlG gehören zu den „Herstellungskosten für unfertige und fertige Erzeugnisse die Fertigungseinzelkosten, die bei Fertigungsprozessen entstehen, und angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten; die Fertigungseinzelkosten setzen sich aus Materialkosten, Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung zusammen“.

Nach § 49 Abs. 5 DV Nr. 500/2002 Gbl. gilt: „Unfertige und fertige Erzeugnisse sind mit angefallenen oder den nach Ermessen der Gesellschaft kalkulierten Herstellungskosten zu bewerten. Zu den Herstellungskosten gehören die Fertigungseinzelkosten. Angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten, die bei Fertigungsprozessen entstehen und auf den Herstellungszeitraum entfallen, dürfen eingerechnet werden (Wahlrecht). Die Vertriebskosten dürfen in die Herstellungskosten nicht einbezogen werden. Über die einzurechnenden Fertigungsgemeinkosten entscheidet die Gesellschaft nach gesetzlichen Vorschriften, vor allem nach dem Wesentlichkeitsgrundsatz und  dem Grundsatz des True and Fair View.“


Einrechnung von Fertigungsgemeinkosten

In die Herstellungskosten dürfen auch angemessene, den Erzeugnissen nicht direkt zurechenbare Fertigungsgemeinkosten einbezogen werden, wenn sie auf den Herstellungszeitraum entfallen und bei Fertigungsprozessen notwendig anfallen. Die Einrechnung von Vertriebskosten ist unzulässig, da die Vertriebskosten nicht auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, sondern erst nach der Fertigstellung entstehen. 

Die Einrechnung der allgemeinen Verwaltungskosten ist umstritten. Bei den Verwaltungskosten muss zwischen den angemessenen, dem Vertrieb zuzurechnenden Verwaltungskosten (nicht aktivierungsfähige Kosten, die aufwandswirksam verbucht werden) und den der Herstellung zuzuordnenden, aktivierungsfähigen Verwaltungskosten unterschieden werden. 


Auslegungen

Einige Fachleute vertreten die Ansicht, dass es nach gesetzlichen Bewertungsvorschriften nicht erforderlich ist, die angemessenen Fertigungsgemeinkosten zu aktivieren. Die neu vorgeschrieben Herstellungskosten für unfertige und fertige Erzeugnisse wurden nicht viel geändert. Das Wahlrecht, nach dem in die Herstellungskosten über die aktivierungspflichtigen Fertigungseinzelkosten hinaus auch angemessene Fertigungsgemeinkosten eingerechnet werden dürfen, wurde beibehalten.
 
Einige Fachleute vertreten demgegenüber nach dem letzten zitierten Satz der Durchführungsverordnung eine völlig andere Ansicht. Sind die Fertigungsgemeinkosten wesentlich, sollten sie aktiviert werden. Die Herstellungskosten sollten aus diesem Grunde geprüft bzw. neu kalkuliert werden.
 
Da neu auf den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Grundsatz des True and Fair View hingewiesen wird, ist die Verantwortlichkeit von Gesellschaften für die angewandten Bewertungsmethoden höher. Durch das Rechnungslegungsänderungsgesetz und die novellierte Durchführungsverordnung wurden die Bewertungsbegriffe und -grundsätze neu definiert. Viele wichtige Begriffe wie z.B. „wie versteht man die Fertigungsgemeinkosten oder Verwaltungskosten und welche Aufwendungen zu diesen Kosten gehören“  wurden leider außer Acht gelassen.
 

Geänderte Bewertungsgrundsätze für unfertige und fertige Erzeugnisse

Wir möchten darauf hinweisen, dass die geänderte Durchführungsverordnung nicht nur die Bewertungsgrundsätze, sondern auch die Buchungs und Bilanzierungsmethoden für Vorräte neu regelt.

Die Erhöhung und Minderung des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und die aktivierten Eigenleistungen werden nicht mehr als Ertrag (auf dem Konto 61 - Erhöhung und des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und dem Konto 62 - aktivierte Eigenleistungen), sondern als Aufwand verbucht. Bei einer ertragswirksamen Verbuchung wurde der Umsatz verzerrt, da unter Eigenleistungen auch noch nicht ausgeführte Aufträge ausgewiesen waren. Die Bestandsänderung und die aktivierten Eigenleistungen sind neu auf dem Konto 58 (Bestandsänderung an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und aktivierte Eigenleistungen) zu verbuchen.
 
In der Gewinn und Verlustrechnung sind die Erhöhung und Minderung des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und die aktivierten Eigenleistungen als Aufwandsposten auszuweisen (vgl. die Anlage 2 der Durchführungsverordnung – Gliederung und Bezeichnung der GuV Posten). Für die Darstellungsstetigkeit werden in der Gewinn und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2016 die Erhöhung und Minderung des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen und die aktivierten Eigenleistungen aus dem Vorjahr in einem (neuen) Aufwandsposten mit einem Minuszeichnen ausgewiesen, wobei sich die Ertragslage nicht ändert. Der Ausweis von Vorjahreszahlen ist durch den Tschechischen Rechnungslegungsstandard Nr. 024 – Vergleichsjahr für das Jahr, das im Jahre 2016 beginnt (vgl. den Punkt 3 der vorübergebenden Bestimmungen der DV) geregelt.

Die Bilanz wurde nur unwesentlich geändert (vgl. die Anlage 1 der DV  - Gliederung und Bezeichnung der Bilanzposten).

Sollten die Herstellungskosten am 1. Januar 2016 neu kalkuliert werden (wobei angemessene Fertigungsgemeinkosten eingerechnet werden), wodurch sich der Wertansatz der unfertigen und fertigen Erzeugnisse wesentlich ändert, gilt diese Änderung als Methodenwechsel. Neue Bewertungs- und Bilanzierungsmethoden sollten zum 31. Dezember 2016 auch auf Vorräte des vorherigen Jahres angewandt werden. Nach dem Gutachten des Tschechischen Instituts für Buchhalter I – 29 Berichtigung von Buchungsfehlern, neue Schätzungen und Methodenwechsel sollte die Bewertungsdifferenz als periodenfremdes Ergebnis bilanziert werden (z.B. Verbuchung auf dem Konto 424). Aus Vergleichbarkeitsgründen sollten auch die Vorjahreszahlen berichtigt werden (vgl. das Gutachten des Tschechischen Instituts für Buchhalter I – 30 Darstellungsstetigkeit). Sollten die Herstellungskosten nach dem 1. Januar 2016 nur präziser kalkuliert werden (neue Schätzung der schon einbezogenen Gemeinkosten), sind die Effekte aus dieser neuen Schätzung zum 31. Dezember 2016 nicht als periodenfremde, sondern als laufende Aufwendungen / Erträge auszuweisen.


Zusammenfassung

Da die Auslegung der neuen Bewertungs und Bilanzierungsgrundsätze nicht eindeutig ist, erwarten wir, dass die Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften noch kommentiert werden – z.B. durch das Gutachten des Tschechischen Instituts für Buchhalter Nr. 024 – Vergleichsjahr für das Geschäftsjahr, das im Jahre 2016 beginnt, durch Erweiterung des Gutachtens des Tschechischen Instituts für Buchhalter Nr. 15 – Vorräte oder durch Schreiben des Tschechischen Instituts für Buchhalter oder durch Schreiben des Koordinierungsausschusses. Wir empfehlen Ihnen, die weitere Entwicklung zu verfolgen.

Wir empfehlen Ihnen, kalkulierte Herstellungskosten zu prüfen und zu ermitteln, inwieweit sich der Wertansatz der Vorräte durch die Einbeziehung der Fertigungsgemeinkosten ändert. Die Ausübung des Bewertungswahlrechtes ist eine wichtige interne Entscheidung. Sollte sich der Vorratswert durch die Einbeziehung der Fertigungsgemeinkosten wesentlich ändern, werden die Fertigungsgemeinkosten nicht nur bei Abschlussprüfungen, sondern auch bei Außenprüfungen sorgfältig geprüft.

Nach unseren Erfahrungen aus Abschlussprüfungen unserer prüfungspflichtigen Mandanten gehen wir davon aus,  dass sich der Vorratswert durch eine strikte Einbeziehung aller Fertigungsgemeinkosten nicht wesentlich ändert, da viele Fertigungsgemeinkosten schon in den Vorjahren aktiviert wurden. Wir empfehlen Ihnen des Weiteren, die Herstellungskosten vor Erstellung des Jahresabschlusses bei einer Inventur zu prüfen.​

Kontakt

Contact Person Picture

Radka Hašplová

Auditor (Tschechische Rep.)

Associate Partner

+420 236 1633 09

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu